Fürstenkrone – 128 – Mit dir nur will ich glücklich sein

Fürstenkrone
– 128–

Mit dir nur will ich glücklich sein

Wird aus Christina und Fürst Maximilian eine Paar?

Caroline von Steineck

Impressum:

Epub-Version © 2016 KELTER MEDIA GmbH & Co. KG, Sonninstraße 24 - 28, 20097 Hamburg. Geschäftsführer: Patrick Melchert

Originalausgabe: © KELTER MEDIA GmbH & Co.KG, Hamburg.

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E-mail: info@kelter.de

Dargestellte Personen auf den Titelbildern stehen mit dem Roman in keinem Zusammenhang.

ISBN: 978-3-74093-280-0

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»Danke, Leander, dass du dich um alles so wunderbar kümmerst, gerade, was die finanzielle Seite unseres Erbes betrifft.« Christina Komtess von Reining schaute über das Gatter der Pferdekoppel hinweg, warf die dunklen Locken zurück und lehnte sich an die Schulter ihres Bruders. Zwei Jahre war es nun her, dass sie ihre Eltern durch einen Autounfall verloren hatten und Leander als Nachfolger seines Vaters die Leitung des Gutes übernommen hatte.

Christina liebte das Land ihrer Vorfahren. Die Koppeln, die wie grüne Perlen in dem wogenden goldenen Meer der Weizenfelder leuchteten, die Obstplantagen hinter dem Herrenhaus, ein aus hellem Sandstein erbautes Gebäude mit mächtigen Fenstern und einem von Säulen umrahmten Eingang.

»Der Ruf unseres Hauses stützt sich auf das Gestüt, und das ist inzwischen auch dein Verdienst«, gab Leander das Kompliment an seine Schwester zurück.

»Irgendetwas beunruhigt dich. Was ist es?« Christina hatte die Melancholie in Leanders dunklen Augen wahrgenommen. Schon seit einigen Monaten schien ihn etwas zu beschäftigen, worüber er aber offensichtlich nicht mit ihr reden wollte.

»Mach dir keine Sorgen, es ist alles in Ordnung, meine Kleine«, antwortete der hochgewachsene junge Mann, legte den Arm um seine Schwester und hauchte einen Kuss auf ihr seidiges Haar. »Du weißt doch, ich habe in Arne den allerbesten Berater«, fügte er mit einem zuversichtlichen Lächeln hinzu.

»Sicher, Arne kennt sich aus, was die Finanzen betrifft.«

»Höre ich da wieder einen leichten Zweifel, was seine anderen Fähigkeiten betrifft?«

»Bitte, Leander, gib dich nicht so überrascht. Du weißt genau, dass ich nicht so für Arne empfinde, wie er es sich noch immer erhofft.«

»Was gefällt dir nicht an ihm?«, fragte der Bruder. »Er sieht gut aus, er besitzt Umgangsformen, er ist reich und vor allen Dingen liebt er dich.«

»Aber ich liebe ihn nicht.« Christina jagte noch immer ein unangenehmer Schauder über den Rücken, sobald sie an diesen Augenblick vor drei Monaten zurückdachte, als Arne ihr einen Heiratsantrag machte.

Er hatte sie und Leander zu einem Segeltörn nach Südfrankreich eingeladen. Während eines Abendessens an Bord seiner Jacht bat er die überraschte Christina dann um ihre Hand. Ihr Blick hatte sich in der im Sonnenuntergang rot schimmernden Häuserflut von Marseille verloren, während sie nach den richtigen Worten suchte, um diesen Antrag abzulehnen. Worte, die Leanders besten Freund nicht allzu sehr verletzten.

»Die meisten Menschen haben eine falsche Vorstellung von der Liebe, Christina. Dieser angebliche Blitz aus heiterem Himmel, der uns für einen anderen entflammt, den gibt es nur in Romanen. Im wirklichen Leben spielt die Vernunft die erste Geige, wenn zwei Menschen sich einander nähern möchten.«

»Hör auf, Leander, so hätte vielleicht unser Urgroßvater gesprochen. Vernunftehe ist ein Relikt aus vergangenen Zeiten. Ich glaube an die Liebe.«

Der Bruder schüttelte den Kopf. »Du jagst einem Traum nach. Ich befürchte, du wirst eines Tages aufwachen müssen.«

»Sei unbesorgt, Leander, ich werde schon nicht als alte Jungfer deine zukünftige Familie drangsalieren«, erklärte Christina lachend und stieß ihn sanft in die Seite. »Ich bin im Übrigen sehr gespannt, aus welcher Überlegung heraus diese Familie entstehen wird. Ich meine, wer deine Frau sein wird, die dich aus Vernunftgründen erwählt.«

»Christina, lenke nicht ab. Ich bitte dich herzlich, gib Arne eine Chance. Er bemüht sich doch wirklich sehr um dich«, beschwor Leander die Schwester. »Wir erwarten ihn übrigens heute Nachmittag zum Tee.«

»Wir?«, wiederholte Christina ein wenig verärgert darüber, dass Leander einfach über ihren Kopf hinweg ihre Zeit verplante.

»Du wirst ihn doch nicht derart brüskieren und der Teestunde fernbleiben?«, fragte er entsetzt.

»Sei beruhigt, Leander, ich werde ihm keinen Anlass zur Verärgerung geben. Aber vielleicht solltest du in Erwägung ziehen, dass seine Hartnäckigkeit, was seine geplante Ehe mit mir betrifft, nicht allein auf Zuneigung zu mir beruht.«

»Sondern?«

»Die Komtess an seiner Seite würde ihm so manche Tür öffnen, die bisher für ihn verschlossen war. Geschäfte werden oft im privaten Rahmen abgewickelt, das muss ich dir sicher nicht erklären.«

»Ich weiß, dass er ein Faible für den Adel hat.«

»Deshalb willst du mich an ihn verschachern, damit er seinen Willen bekommt?«

»Christina! Niemand soll hier verschachert werden. Ich möchte nur verhindern, dass du ein zweites Mal die Chance ausschlägst, glücklich zu werden. Arne und du, ihr wärt wirklich ein schönes Paar.«

»Ja, vielleicht äußerlich, aber er hat so gar keinen Sinn für Romantik. Kühl und logisch bis ins Herz hinein …«

»Gibt es da etwa jemand anderen?«, fragte Leander, und in seiner Stimme lag ein banges Zittern.

»Du bist der Erste, der davon erfährt, wenn es ihn geben sollte, und jetzt muss ich nach den Pferden sehen«, erklärte Christina spitzbübisch, küsste ihren Bruder auf die Wange und löste sich von ihm.

Mit einem eleganten Satz sprang sie von dem Gatter herunter, schlug die Ärmel der weißen Bluse hoch, die sie zu der dunkelbraunen Reit­hose und den schwarzen Stiefeln trug, und lief über die Weide.

Leander schaute der zierlichen jungen Frau mit dem zarten Gesicht noch einen Augenblick zu, wie sie jedes einzelne Tier beim Namen rief und mit einem liebevollen Klaps begrüßte. »Das Gestüt ist ihr ganzes Glück«, sagte er leise, strich das schwarze dichte Haar aus der Stirn und machte sich nachdenklich auf den Weg zum Herrenhaus.

»Guten Morgen, Herr Graf. Alles in Ordnung?«

»Bitte?« Leander sah geradewegs in die hellen blauen Augen der Frau, die ihm in Reithose und rotem Jackett entgegenkam.

»Ich wollte wissen, ob alles in Ordnung ist?«, wiederholte Marlene Sander, die Tochter des Verwalters von Gut Rheining und Christinas beste Freundin, ihre Frage.

»Selbstverständlich ist alles in Ordnung. Wieso fragen Sie?«

»Ganz ehrlich?« Marlene sah den jungen Grafen offen an. Sie kannte ihn schon seit Kindertagen. Er machte sie nicht verlegen, auch nicht, seitdem er nun das Oberhaupt der Familie Rheining war und ihm die anderen Angestellten mit mehr Ehrfurcht begegneten.

»Von Ihnen erwarte ich immer, dass Sie ehrlich sind«, antwortete Leander, der die Offenheit der jungen Frau schätzte. Bei ihr wusste er stets, woran er war.

»Sie sehen aus, als hätten Sie Sorgen, Graf. Große Sorgen sogar«, erklärte Marlene, während sie eine Locke ihres blonden Haares wieder unter die schwarze Samtkappe schob, deren Schirm einen Schatten an ihr hübsches Gesicht warf.

»Haben Sie sich mit Christina abgesprochen? Sie hat mir gerade die gleiche Frage gestellt. Wie ich ihr bereits versicherte, gibt es nichts, worüber sich jemand Gedanken machen müsste.«

»Das freut mich zu hören, Herr Graf«, entgegnete Marlene, nickte ihm höflich zu und setzte ihren Weg fort. Offensichtlich begnügte sie sich mit seiner Antwort.

Leander atmete einmal tief durch, nachdem Marlene gegangen war. Er hatte bei ihr immer das Gefühl, dass sie ihn durchschaute, und er fragte sich, ob sie bereits von seinen Verfehlungen wusste. Ja, er hatte Sorgen, große Sorgen, aber davon sollte niemand etwas erfahren. Wenn herauskam, dass er gerade auf dem besten Weg war, das Vermögen seiner Familie zu verspielen, dann war er finanziell und gesellschaftlich erledigt. Und Christina würde es mit in den Sumpf reißen. Arne Markwart, der Erbe eines Bankimperiums, war der einzige, der diesen Absturz ins Bodenlose verhindern konnte …

*

»Christina?« Marlene ließ ihren Blick durch den sauber gefegten Stall gleiten. Die Pferde schienen alle auf der Weide. In den Boxen regte sich nichts. Wo steckte die Freundin nur wieder? Sie waren doch zu einem Ausritt verabredet.

»Ist dir klar, dass wir wieder ein Fohlen haben, das irgendwann einmal ein Derby gewinnen kann? Sieh nur, ist er nicht ein prächtiger Kerl?«

»Amadeus wird uns viel Freude machen, da bin ich ebenso sicher wie du«, stimmte Marlene der Komtess zu, die gerade einer schwarzen Stute und deren Fohlen von der Weide herankam.

»Aber noch ist er ein verspieltes Kind. Mutter und Sohn brauchen jetzt ein bisschen Ruhe«, sagte sie und öffnete die Box der Stute, in die das Tier samt Nachwuchs auch gleich hineindrängte.

»Vielleicht werden deine Kinder dann schon zuschauen, wenn der Kleine das erste Mal an den Start geht. Vorausgesetzt, es hat sich bis dahin jemand deiner würdig erwiesen«, neckte Marlene die Freundin mit deren Desinteressen an der Männerwelt.

»Arne wird das aber gewiss nicht sein«, erwiderte Christina kratzbürstig.

»Leander hat seine Pläne mit dir und Arne noch immer nicht aufgegeben?«

»Nein, leider nicht, aber egal. Es gibt Neuigkeiten, von denen ich dir erzählen will.«

»Welche Neuigkeiten?«, fragte Marlene gespannt, als die Freundin sie mit einem verträumten Lächeln anschaute.

»Reiten wir erst ein Stück«, verschob Christina die Antwort. Es sollte ein besonderer Augenblick sein, wenn sie der Freundin erzählte, was sie gehört hatte.

»Hier haben wir den schönsten Blick auf Schloss Nahrstein«, erklärte Christina, nachdem sie und Marlene eine Weile über Wiesen und Felder geritten waren und schließlich an einem kristallklaren See Halt machten, um die Pferde ein wenig ausruhen zu lassen.

Hoch oben auf einem felsigen Hügel erhoben sich die weißen Mauern des Nachbarn, dessen mit roten Ziegeln gedeckte Türme sich in den tiefblauen Himmel reckten.

»Wir sind doch nicht hierhergekommen, um Nahrstein zu bewundern. Sag schon, was gibt es so Wichtiges, dass du solch ein Geheimnis daraus machst?«, zeigte sich Marlene allmählich ungeduldig, während sie die beiden dunkelbraunen Pferde beobachtete, die friedlich nebeneinander in der Sonne standen und sich über das saftige Gras am Seeufer hermachten.

»Morgen findet der Sommerball dort statt«, begann Christina gedehnt.

»Ja, auch das ist mir bekannt. Wir haben das Kleid für diesen Anlass bereits ausgewählt«, antwortete Marlene, die zu gern auch einmal an diesem Ball teilgenommen hätte. Aber ohne den richtigen Begleiter würde sie niemals eine Einladung erhalten.

»Ich könnte Leander bitten, dass er dich als seine Begleitung ankündigt«, erklärte Christina, die genau wusste, was gerade in der Freundin vor sich ging.

»Das wirst du nicht tun«, protestierte Marlene, nahm ihren Hut ab und setzte sich auf seinen Felsen am Ufer des Sees.

»Irgendwann muss er es doch erfahren«, seufzte Christina und nahm neben der Freundin Platz.

»Was muss er erfahren?«

»Dass du seit ewigen Zeiten in ihn verliebt bist.«

»Wage es nicht«, entgegnete Marlene, und ihre Mundwinkel zuckten zornig.

»Mein Bruder sollte vor Glück jubeln, dass eine Frau wie du sich für ihn interessiert.«

»Verzeihung, Komtess, aber ich bin nur die Tochter eures Verwalters, mir fehlt der passende Titel.«

»Marlene, bitte, das will ich nicht hören. Du bist eine schöne und gebildete Frau. Papa hat sich immer gewünscht, dass du nach deinem Studium für uns arbeitest. Ich bin sicher, er hätte viel lieber dich als Arne an Leanders Seite gehabt.«

»Ja, vielleicht, rein geschäftlich gesehen, als Betriebswirtin eben.«

»Nein, da täuschst du dich. Meine Eltern hätten bestimmt nichts gegen eine Verbindung von Leander und dir gehabt. Oder meinst du, du wärest ohne Grund so eng zusammen mit Leander und mir aufgewachsen?«, erklärte Christina verschmitzt, um die Freundin wieder aufzuheitern.

»Du bist unmöglich, Komtess Rheining«, erwiderte Marlene und musste laut auflachen, als Christina eine vornehme Miene aufsetzte.

»Ja, ich bin ganz und gar unmöglich«, seufzte Christina und schaute auf einmal ganz sehnsüchtig auf die Mauern von Schloss Nahrstein.

»Die Neuigkeit«, erinnerte Marlene die Freundin auch sofort wieder daran, was sie wissen wollte. Sie spürte, dass diese Neuigkeit mit dem Schloss zu tun hatte.

»Maximilian wird in diesem Jahr den Ball eröffnen«, flüsterte Christina, und es klang beinahe ehrfürchtig.

»Prinz Maximilian?«, fragte Marlene überrascht.

»Welchen Maximilian sollte ich denn sonst meinen?«

»Ich dachte nur, weil es doch hieß, dass er noch eine Weile in der Toskana auf den Gütern der Familie bleiben wird.«

»Fürst Nahrstein hat beschlossen, dass er seinem Sohn noch in diesem Monat die Geschichte des Stammschlosses übergibt. Er meint, dass zehn Jahre Auslandsaufenthalt genug sind. Ich stimme dem Fürsten unbedingt zu.«

»Verstehe, du sehnst die Rückkehr deiner Jugendliebe herbei.«