cover

Bertelsmann Stiftung (Hrsg.)

Verantwortungsvolles
Unternehmertum

Wie tragen Unternehmen zu gesellschaftlichem Mehrwert bei?

Reinhard Mohn Preis 2016

image

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der
Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten
sind im Internet unter http://dnb.dnb.de abrufbar.

© 2016 Verlag Bertelsmann Stiftung, Gütersloh
Verantwortlich: Birgit Riess, Julia Scheerer
Lektorat: Heike Herrberg
Herstellung: Christiane Raffel
Umschlaggestaltung: Elisabeth Menke
Umschlagabbildung: Katrin Biller, k.zwo, Bielefeld;
4zevar / Schutterstock; vgajic / iStockphoto.com;
Roberto Westbrook / Spaces Images RF / Strandperle
ISBN 978-3-86793-744-3 (Print)
ISBN 978-3-86793-752-8 (E-Book PDF)
ISBN 978-3-86793-753-5 (E-Book EPUB)

www.bertelsmann-stiftung.de/verlag

Inhalt

Vorwort

Liz Mohn

Verantwortungsvolles Unternehmertum im Spiegel der Zeit

Birgit Riess

»Lernen von der Welt«: Recherche nach internationalen Beispielen guter Praxis

Andreas Heimer, Claudia Münch, Lea Eggers

Teil 1: Unternehmen als gesellschaftspolitischer Akteur – Analyse verantwortungsvollen Unternehmertums

Public Value – der Gemeinwohlbeitrag von Organisationen und Unternehmen

Timo Meynhardt

Innovation neu denken – »Soziale Innovation« als Chance und Herausforderung für Unternehmen

Jürgen Howaldt

Märkte zum Wohle aller – wie Unternehmen und Soziales zusammenwachsen

Felix Oldenburg

Case Studies:

Interkulturelle Verständigung stärken – der Intercultural Innovation Award von BMW und United Nations Alliance of Civilizations

Die »Bank für Menschen ohne Bank« – gesellschaftliche Teilhabe durch die Zweite Sparkasse

Wie HP weltweit Kleinunternehmer befähigt

Vom Defizit-Gedanken zum Wettbewerbsvorteil – Specialisterne

Teil 2: Skalierung und Impact – Kollektives Handeln als Antwort auf komplexe Probleme

Skalierung sozialer Wirkung

Christiana Weber

Das Referenzmodell für wirksame Unternehmensverantwortung – Kriterien und Indikatoren

Julia Scheerer, Jakob Kunzlmann

Case Studies:

Gemeinsam die Jugendarbeitslosigkeit bekämpfen – die Youth Employment Initiative von Nestlé

Wie konkurrierende Chemieunternehmen für mehr Nachhaltigkeit eintreten – Together for Sustainability

Den Start von Sozialunternehmen unterstützen – Social Impact Start

»Business in the Community« – ein Unternehmenszusammenschluss für verantwortungsvolles Unternehmertum

Nachhaltige Textilproduktion branchenweit durchsetzen – die Sustainable Apparel Coalition

Teil 3: Politische Rahmenbedingungen – Wie kann die Politik unterstützen?

Social Compliance: Standards und Management

Josef Wieland, Isabel Jandeisek

Corporate Responsibility in unterschiedlichen Kapitalismusmodellen

Gregory Jackson, Julia Bartosch

Case Studies:

Wie kooperative Regionalentwicklung gelingen kann – die »Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar«

Diskriminierung entgegentreten, Vielfalt fördern – die Charte de la diversité

Die besten Unternehmen für die Welt – B Corp und Benefit Corporation

Verantwortungsvolles Unternehmertum – Handlungsempfehlungen für Unternehmen und Politik

Birgit Riess, Julia Scheerer, Jakob Kunzlmann

Die Autorinnen und Autoren

Interviewpartner

Vorwort

Wenn man Menschen heute fragt, wie sie sich die Welt von morgen vorstellen, dürften die meisten orientierungslos sein. Denn unsere Welt ist nicht nur durch die aktuellen Krisen in Bewegung geraten – sie ist durch die Geschwindigkeit und die Komplexität der technologischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Veränderungen auch enorm kurzlebig, flexibel und mobil geworden, sodass sehr viele Menschen das Gefühl haben, nicht mehr Schritt halten zu können.

Viele reagieren auf die Umbrüche mit Unsicherheit und Zukunftsängsten. Das sind jedoch Gefühle, die oftmals den Weg für innovative und kreative Lösungen sowie den Blick für Perspektiven verstellen. Wie kann es also gelingen, Zukunft so zu gestalten, dass sie Innovation und Teilhabe und damit Beschäftigung und Wohlstand in einer globalisierten Welt ermöglicht?

»Wir müssen mehr Köpfe ans Denken bringen« – diese Überzeugung meines Mannes Reinhard Mohn ist aktueller denn je. Dazu braucht es die Delegation von Verantwortung, um Motivation und Kreativität freizusetzen. Dazu braucht es vor allen Dingen auch den sachbezogenen Dialog und die Identifikation aller Beteiligten mit einem gemeinsamen Ziel.

Denn es braucht die Kräfte aller gesellschaftlichen Gruppen, um den gegenwärtigen und zukünftigen Herausforderungen zu begegnen. Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft sind gefordert, gemeinsam Verantwortung zu übernehmen und den Menschen Orientierung zu geben. Denn es gilt, möglichst viele Menschen auf dem Weg der Veränderung mitzunehmen und ihnen dabei ihre Verantwortung bei der Gestaltung ihrer Lebensentwürfe bewusst zu machen.

Notwendig hierfür sind gemeinsam geteilte Wertvorstellungen: Freiheit, Solidarität und Menschlichkeit sind die Grundwerte einer offenen, demokratischen und fairen Gesellschaft. Ein verantwortungsvolles Unternehmertum kann und soll einen wirkungsvollen Beitrag leisten, um gesellschaftlichen Fortschritt mitzugestalten. Der Reinhard Mohn Preis 2016 soll hierzu wichtige Impulse geben. Denn bei aller globaler Wettbewerbsorientierung sollte auch für die Wirtschaft und das Unternehmen die Forderung Reinhard Mohns ein Leitmotiv bleiben: Menschlichkeit gewinnt!

Liz Mohn

Stellvertretende Vorsitzende des Vorstands der Bertelsmann Stiftung

Verantwortungsvolles Unternehmertum im Spiegel der Zeit

Birgit Riess

Unsere Gesellschaft sieht sich heute mehr denn je mit vielfältigen Herausforderungen konfrontiert. So hat die Globalisierung Wohlstand geschaffen, aber auch neue Probleme. Die Digitalisierung beeinflusst unsere Art zu wirtschaften, zu konsumieren, ja sogar zu leben bereits jetzt erheblich – wie weit diese Veränderungen im Positiven wie im Negativen gehen werden, ist schlicht nicht absehbar. Auch wie wir die Folgen des demographischen Wandels gestalten, die all unsere gesellschaftlichen Bereiche durchziehen, ist längst noch nicht abgemacht. Klar ist, dass der demographische Wandel den Arbeitsmarkt grundlegend verändern wird – der Umgang mit Migration und Integration jedoch wirft ein Schlaglicht auf die ungelösten Probleme.

Diese Herausforderungen entziehen sich einfachen Lösungen – sie sind höchst komplexer Natur und sind zudem interdependent. Darauf angemessen zu reagieren und Veränderungen zukunftsorientiert zu gestalten, verweigert sich vielfach nationalen Ansätzen und ist oft nur im internationalen Kontext erfolgreich. Und daneben setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Beiträge aller gesellschaftlichen Akteure benötigt werden, um die Trag- und Leistungsfähigkeit unserer ökonomischen, sozialen und ökologischen Systeme zu sichern – also die gemeinsamen Anstrengungen von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft. Politisches Handeln ist hier durch nichts zu ersetzen, kann aber wirkungsvoll ergänzt werden.

Der Reinhard Mohn Preis 2016 nimmt die Wirtschaft in den Fokus und geht der Frage nach, wie Unternehmen wirkungsvolle Beiträge zu einer nachhaltigen gesellschaftlichen Entwicklung leisten können – durch eine verantwortungsbewusste Unternehmensführung und die aktive Mitgestaltung ihres gesellschaftlichen Umfeldes. Damit greift der diesjährige Reinhard Mohn Preis die Überzeugung seines Namensstifters auf, dass »Unternehmen einen Leistungsbeitrag für die Gesellschaft zu erbringen haben« und dass der Unternehmer »in der Gesellschaft nicht abseits stehen darf« (Mohn 2003: 167).

Viele Unternehmen engagieren sich für die Gesellschaft. Das Institut der Deutschen Wirtschaft bezifferte das Volumen des Unternehmensengagements hierzulande auf einen finanziellen Gegenwert von jährlich mindestens elf Milliarden Euro (Hüther et al. 2012). Doch zwei Fragen werden in diesem Zusammenhang aufgeworfen: Welchen Anforderungen an verantwortungsvolles Handeln müssen sich Unternehmen unter den geänderten Rahmenbedingungen der globalen Megatrends stellen? Und wie wirksam ist das gesellschaftliche Engagement eigentlich in Bezug auf Umfang und Reichweite? Dahinter steht die Überzeugung, dass Verantwortung keine Wohltätigkeit ist. Unternehmen sind für die Vitalität und Innovationskraft einer Gesellschaft entscheidende Akteure. Sie beeinflussen mit ihren Produkten und Dienstleistungen sowie der Art, wie diese hergestellt und erbracht werden, auf vielfältige Weise das Leben der Menschen in unserer Gesellschaft und der Umwelt. Daher tragen sie Verantwortung für ihr Tun – nicht nur für die ökonomischen, sondern auch für die sozialen und ökologischen Auswirkungen ihres Handelns.

Darüber hinaus hat unternehmerisches Engagement ebenfalls ein enormes gesellschaftliches Potenzial: die Fähigkeit, mit unternehmerischen Mitteln gesellschaftliche Probleme zu lösen. Diese gründet auf den Grundprinzipien des Unternehmertums: Innovationsfähigkeit, Risikobereitschaft und Ressourcenallokation. Tradierte Lösungsmechanismen des Staates oder der Zivilgesellschaft können so wirkungsvoll ergänzt werden – idealerweise in gemeinsamen Initiativen. Dass dies auch im wohlverstandenen Eigeninteresse der Unternehmen ist, liegt auf der Hand. Denn Unternehmen und Gesellschaft stehen in vielfältiger Wechselbeziehung zueinander – und auch in gegenseitiger Abhängigkeit. Insoweit geht diese Publikation der Rolle von Unternehmen als sozialen Innovatoren nach, auch weil sich die Erwartungen an Unternehmen dramatisch verändert haben.

Veränderte Erwartungshaltungen ...

In den vergangenen Jahrzehnten hat die Debatte um die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen eine Dynamik angenommen, die viele nicht für möglich gehalten haben – bis hin zu jenen, die einen grundlegenden Paradigmenwechsel ausmachten in der Art und Weise, wie Unternehmen zukünftig wirtschaften werden, und sogar die »Neuerfindung des Kapitalismus« (Porter und Kramer 2011) postulieren.

Aber was hat sich tatsächlich verändert und warum? Ein kursorischer Blick auf die Entwicklung der Corporate-Responsibility-Bewegung macht deutlich, dass sich die Erwartungen an Unternehmenshandeln in einer globalisierten Welt grundlegend geändert haben, und unterstreicht, warum es wichtig ist, neue Ansätze zu entwickeln, um Unternehmensverantwortung wirksamer zu machen.

In den 1970er- und 1980er-Jahren dominierte der Shareholder-Value-Ansatz weitgehend die Managementliteratur und -praxis. Danach bestand der einzige Zweck des Unternehmens darin, die Gewinne für seine Anteilseigner zu maximieren. Diese Sichtweise verkennt, dass Unternehmen sich in einem dynamischen Beziehungsgeflecht bewegen und auch andere Anspruchsgruppen – Mitarbeiter, Kunden, Politik und Öffentlichkeit – maßgeblich sind.

Insbesondere mit der Globalisierung der Wertschöpfungsketten und dem zunehmenden Einfluss multinationaler Unternehmen wurde deren ökonomische, soziale und ökologische Verantwortung immer stärker hinterfragt. Hinzu kam, dass die rasante Verbreitung von Informations- und Kommunikationstechnologien eine größere Transparenz ermöglichte, sodass Skandale und Verfehlungen von Unternehmen in den Blick einer breiten Öffentlichkeit weltweit kamen. Damit einher ging die zunehmend effektive Kampagnenfähigkeit einer immer aufmerksamer werdenden Zivilgesellschaft. Die Wirtschaftsund Finanzkrise ab 2007 tat ein Übriges, um das Vertrauen in die Wirtschaft grundlegend zu erschüttern.

… befördern verantwortungsvolles Unternehmensverhalten

Diese Entwicklungen waren und sind die Treiber dafür, dass sich Unternehmen zunehmend mit ihrer gesellschaftlichen Verantwortung auseinandersetzen. Begrifflichkeiten wie Corporate Social Responsibility (CSR), Corporate Responsibility, Nachhaltigkeit und Shared Value sind heute von der Unternehmensagenda nicht mehr wegzudenken. Auch die Qualität der damit verfolgten Konzepte hat sich im Laufe der Jahre stark verändert. Waren früher noch Spenden- und Sponsoringaktivitäten Ausdruck der Unternehmensverantwortung, dominiert heute die Überzeugung, dass das Kerngeschäft einschließlich der Lieferkette nach ökonomischen, sozialen und ökologischen Gesichtspunkten ausgerichtet werden muss. Damit können Risiken vermieden und Chancen durch neue Geschäftsmodelle eröffnet werden.

Ein wichtiger Treiber war auch das zunehmende politische Bewusstsein, die gesellschaftliche Verantwortung der Wirtschaft zu fördern und zu fordern. Auf supranationaler Ebene hat sich mit den ILO-Kernarbeitsnormen, den OECD-Leitsätzen für multinationale Unternehmen, den Leitprinzipien der Vereinten Nationen für Wirtschaft und Menschenrechte sowie den universellen Prinzipien des UN Global Compact ein allgemein geteiltes Verständnis zu den Grundlagen der gesellschaftlichen Verantwortung von Unternehmen entwickelt. Diese internationalen Vereinbarungen bilden den Referenzrahmen für eine Vielzahl von Managementleitfäden, Rating- und Reportingsystemen.

Eine wichtige Rolle spielte auch die Europäische Kommission, die von sozial verantwortlichem Unternehmensverhalten einen wesentlichen Beitrag für ein nachhaltiges und integratives Wirtschaften in Europa erwartet. Mit dem 2001 erschienenen Grünbuch »Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen« (Europäische Kommission 2001) definierte die Kommission erstmals, was unter dieser sozialen Verantwortung zu verstehen sei – »ein Konzept, das den Unternehmen als Grundlage dient, auf freiwilliger Basis soziale Belange und Umweltbelange in ihre Unternehmenstätigkeit […] zu integrieren« (ebd.: 8) – und wie förderliche Rahmenbedingungen ausgestaltet werden könnten.

Sichtlich unzufrieden mit dem bis dahin Erreichten, veränderte die Kommission ihre politische Strategie vom Fördern hin zum Fordern. In der 2011 vorgelegten neuen Strategie werden Unternehmen generell für ihre Auswirkungen auf die Gesellschaft verantwortlich gemacht – für die negativen wie auch für die positiven (Europäische Kommission 2011). Um der Forderung nach verantwortungsbewusstem Handeln Nachdruck zu verleihen, verpflichtete die EU-Kommission 2013 große Unternehmen zu größerer Transparenz in Sozial- und Umweltbelangen. Inwieweit eine verbindliche Berichtspflicht, die in Deutschland ab 2017 gelten soll, geeignet ist, nicht nur unerwünschtes Verhalten zu sanktionieren, sondern auch die Potenziale von CSR zu erschließen, bleibt abzuwarten.

Der Leistungsbeitrag des Unternehmens für die Gesellschaft

Dass aktive Beiträge der Wirtschaft dringend benötigt und eingefordert werden, um die großen Herausforderungen unserer Zeit anzugehen, zeigen zwei bedeutende Ereignisse des vergangenen Jahres: die Verabschiedung des Klimaabkommens in Paris und der Ziele nachhaltiger Entwicklung (Sustainable Development Goals) durch die Vollversammlung der Vereinten Nationen in Paris. Beide Abkommen sehen eine aktive Rolle der Unternehmen und der Wirtschaft bei der Umsetzung der Zielkataloge vor. Das weltweit größte und wichtigste Netzwerk für verantwortungsvolle Unternehmensführung – der UN Global Compact – setzt sich nachdrücklich dafür ein, das Potenzial der Unternehmen für die Erreichung der 17 Nachhaltigkeitsziele zu mobilisieren. Und auch das Abschlussdokument der UN-Konferenz zur Entwicklungsfinanzierung in Addis Abeba 2015 hebt insbesondere die Kreativität und Innovationsfähigkeit der Wirtschaft hervor, um Lösungen für die Umsetzung der Nachhaltigkeitsund Entwicklungsziele zu finden.

Die Anerkennung von Unternehmen als wichtigen Akteuren oder sogar als Partner in dem Bestreben, die drängenden gesellschaftlichen Probleme mitzugestalten, steigt. Auch das Selbstverständnis von Unternehmen, als »corporate citizens« im Rahmen ihrer Möglichkeiten zu agieren, knüpft wieder an ein Selbstverständnis verantwortungsvollen Unternehmertums an, das der Gesellschaft verpflichtet ist und nicht losgelöst davon handeln kann. Das Engagement von Unternehmen für gesellschaftliche Belange kann denn auch als Investition in die Rahmenbedingungen des eigenen unternehmerischen Erfolges verstanden werden. Unternehmen können und wollen nicht abseitsstehen angesichts hoher Jugendarbeitslosigkeit in Europa oder mangelnder sozialer Chancengerechtigkeit. Viele Initiativen von Unternehmen haben dabei das Potenzial, soziale Innovationen zu bewirken und nachhaltig zu gesellschaftlichem Fortschritt beizutragen. Die internationale Recherche zum Reinhard Mohn Preis 2016 hat nach Belegen dafür gesucht.

Über dieses Buch

Dieser Band stellt die Ergebnisse der weltweiten Recherche nach unternehmerischen Lösungen für gesellschaftliche Probleme vor. Die Methodik, mit deren Systematik die vorbildlichen Initiativen identifiziert wurden, skizzieren Andreas Heimer, Claudia Münch und Lea Eggers. Eingebettet in Beiträge renommierter Wissenschaftler, illustrieren diese Beispiele ein neues Paradigma für wirkungsvolles Unternehmensengagement: die gesellschaftliche Wirkung von Beginn an »groß« denken, Partner ins Boot holen, um eine hohe Verbreitung zu erreichen und schließlich so zu verankern, dass ein nachhaltiger Erfolg gewährleistet ist.

Im ersten Teil des Buches wird der Fokus auf die Rolle von Unternehmen als gesellschaftspolitischen Akteuren gelegt. Timo Meynhardt beleuchtet dabei den Gemeinwohlbeitrag von Organisationen und Unternehmen. Der Frage, welche Rolle Unternehmen bei sozialen Innovationen spielen, geht Jürgen Howaldt nach. Felix Oldenburg schließlich zeigt, wie Unternehmen und Soziales zusammenwachsen können.

Christiana Weber beschreibt im zweiten Teil die Bedingungen für die Skalierung von unternehmerischen Initiativen. Daran anschließend stellen Julia Scheerer und Jakob Kunzlmann, abgeleitet aus den recherchierten Initiativen, ein Referenzmodell vor, das als Blaupause für wirkungsvolles Unternehmensengagement gelten kann.

Teil 3 nimmt die Rahmenbedingungen für ein solches Unternehmensengagement in den Blick. Josef Wieland und Isabel Jandeisek widmen sich den normativen Ansprüchen, die heute an Unternehmen gestellt werden. Und Gregory Jackson untersucht, welche Formen des Kapitalismus verantwortliches Unternehmenshandeln eher begünstigen oder eher behindern.

Abschließend leiten Birgit Riess, Julia Scheerer und Jakob Kunzlmann Empfehlungen für Politik und Unternehmen ab, wie verantwortungsvolles Unternehmertum befördert und gelebt werden kann.

Literatur

Europäische Kommission. Europäische Rahmenbedingungen für die soziale Verantwortung der Unternehmen. Grünbuch. Brüssel 2001.

Europäische Kommission. Eine neue Strategie für die soziale Verantwortung der Unternehmen (CSR). Brüssel 2011.

Grayson, David, und Jane Nelson. Corporate Responsibility Coalitions. Stanford 2013.

Hüther, Michael, Sebastian Braun, Dominik Enste, Michael Neumann und Liliane Schwalb. Erster Engagementbericht – Für eine Kultur der Mitverantwortung. Berlin 2012.

Mohn, Reinhard. Die gesellschaftliche Verantwortung des Unternehmers. München 2003.

Porter, Michael E., und Mark R. Kramer. »Die Neuerfindung des Kapitalismus«. Harvard Business Manager 2 2011. 58–75.

Riess, Birgit. »Quo Vadis CSR? – Zukünftige Herausforderungen für die Integration von CSR in wirtschaftliches Handeln«. Corporate Social Responsibility. Hrsg. Andreas Schneider und René Schmidpeter. Berlin und Heidelberg 2012. 779–787.

»Lernen von der Welt«: Recherche nach internationalen Beispielen guter Praxis

Andreas Heimer, Claudia Münch, Lea Eggers

»Innovation finden, lernen und etwas bewegen kann man am besten dann, wenn man den Blick über unsere Grenzen tut.« Dieser Maxime des Namensgebers folgend, wird der Reinhard Mohn Preis 2016 durch eine Recherche nach Initiativen begleitet, die in vorbildlicher Weise verantwortungsvolles Unternehmertum umsetzen. Im Fokus stehen Lösungsansätze für gesellschaftliche Herausforderungen: Eine immer vielfältiger werdende Gesellschaft, zunehmend global vernetzte Lieferketten und ein ungleicher Zugang zu Bildungschancen sind nur einige Beispiele für Veränderungsdynamiken, die unser wirtschaftliches, soziales, politisches und kulturelles Zusammenleben prägen.

Die Initiativen, die im Rahmen der Recherche identifiziert wurden, betten das Thema »Verantwortungsvolles Unternehmertum – Soziale Innovationen durch unternehmerisches Handeln« praktisch ein. Sie greifen einzelne gesellschaftliche Herausforderungen auf und bieten eine Vielfalt von Antworten auf die Frage: Wie kann verantwortungsvolles Unternehmertum gesellschaftliche Herausforderungen angehen und soziale Innovationen fördern?

Die recherchierten Initiativen werden in dieser Publikation jeweils zum Abschluss der Kapitel vorgestellt. Im Folgenden werden der Recherchefilter und das methodische Vorgehen beschrieben.

Unternehmerische Lösungsansätze für gesellschaftliche Herausforderungen

Inhaltlich ist die Recherche durch drei Megatrends bestimmt, die unser gesellschaftliches Zusammenleben und den sozialen Zusammenhalt besonders beeinflussen:

Weniger, älter, bunter – der demographische Wandel verändert das gesellschaftliche Gefüge und birgt Herausforderungen und Chancen mit Blick auf eine zunehmende Vielfalt der Gesellschaft.

Globalisierung führt zu einer zunehmenden politischen, wirtschaftlichen, kulturellen und sozialen Vernetzung von Menschen und Staaten. Damit steigen die Anforderungen an ein zukunftsorientiertes Wirtschaften, das zugleich den sozialen Zusammenhalt nicht gefährdet.

Die soziale Ungleichheit manifestiert sich in einer zunehmenden Spaltung der Gesellschaft. Die gesellschaftliche Teilhabe aller Menschen zu fördern, wird zu einer immer wichtigeren Aufgabe.

Die Komplexität dieser gesellschaftlichen Herausforderungen erfordert neue Lösungen, die effektiver, effizienter, nachhaltiger oder gerechter sind als bislang existierende Ansätze, also soziale Innovationen (Phills, Deiglmeier und Miller 2008: 36). Diese können in der Politik, Zivilgesellschaft und Wirtschaft entstehen. Die internationale Recherche zum Reinhard Mohn Preis 2016 konzentriert sich auf unternehmerische Initiativen. Abbildung 1 stellt eine Auswahl von Ausprägungen der Megatrends sowie sich daraus ergebender Handlungsfelder für Unternehmen dar.

Abbildung 1: Ausprägung der Megatrends und Handlungsfelder für Unternehmen

image

Quelle: Prognos AG

Mit ihrer Innovationskapazität, ihrem unternehmerischen Know-how und ihren finanziellen Mitteln bringen Unternehmen wichtige Voraussetzungen mit, um neue Ideen nicht nur zu generieren, sondern diese auch erfolgreich umzusetzen und zu skalieren. Für die Recherche sollte die Rolle von Unternehmen im Innovationsprozess klar abgrenzbar und beschreibbar sein. Die Initiativen können auch in nicht erwerbswirtschaftlichen Organisationen entstehen, solange diese in einer Verbindung zu Unternehmen stehen.

Es werden unternehmerische Initiativen gesucht, die neue Lösungsansätze für gesellschaftliche Herausforderungen bieten, die mit den Megatrends demographischer Wandel, Globalisierung und soziale Ungleichheit einhergehen. In den Initiativen haben Unternehmen eine klar abgrenzbare und beschreibbare Rolle.

Eine Besonderheit sozialer Innovationen und damit Anforderung an die recherchierten Initiativen ist, dass sie sowohl gesellschaftlichen als auch wirtschaftlichen Mehrwert schaffen (Crets und Celer 2013: 77 f.; Guenther und Guenther 2013: 167 f.; Porter und Kramer 2011). Dieser beidseitige Mehrwert entsteht insbesondere dann, wenn sich Unternehmen mit sogenannten natürlichen Themen befassen, die in direktem Zusammenhang mit ihrer Geschäftstätigkeit und deren nicht intendierten Folgen stehen (Porter und Kramer 2011). Natürliche Themen können entweder branchenübergreifend, also in jedem Unternehmen relevant, oder branchen- bzw. unternehmensspezifisch sein (Riess 2010: 36).

Durch die Initiativen entsteht ein Mehrwert für Gesellschaft und Unternehmen. Sie befassen sich mit den natürlichen Themen der Unternehmen.

Um als besonders vorbildlich eingeordnet zu werden, sollten die recherchierten Initiativen bereits eine gewisse Wirkung entfalten (Kesselring und Leitner 2008; Carnegie et al. 2014). Die Wirkung von sozialen Innovationen wird gemeinhin drei Ebenen zugeordnet. Auf der Projektebene betrifft sie nur die unmittelbar an der Initiative beteiligten Akteure. Auf der Strukturebene entstehen darüber hinaus neue Institutionen oder Organisationen oder die Initiative wird von anderen Unternehmen übernommen. Auf der Systemebene kommt es hingegen zu großen gesamtgesellschaftlichen Veränderungen. Die recherchierten Initiativen zeichnen sich dadurch aus, dass sie über die unternehmensinterne Projektebene hinaus wirken und sich mit Blick auf ihre Dauer, Reichweite und Verstetigung bereits auf einer strukturellen oder (potenziell) systemischen Ebene befinden.

Die Wirkung der Initiativen entfaltet sich auf einer strukturellen oder (potenziell) systemischen Ebene.

Letztlich ist für die Recherche von Bedeutung, dass nicht jede gesellschaftliche Herausforderung überall relevant ist. Wie verantwortungsvolles Unternehmertum aussieht, ist oft vom länderspezifischen Kontext abhängig. Faktoren wie Wettbewerb und Regulierung, Korruption, politisches Spektrum, Gewerkschaftsdichte und die Verfügbarkeit qualifizierter Arbeitskräfte können das Ausmaß beeinflussen, in dem Unternehmen ihre gesellschaftliche Verantwortung ausüben (Ioannou und Serafeim 2010: 23 ff.). Um dem Motto »Lernen von der Welt« des Reinhard Mohn Preises gerecht zu werden, sind daher vorrangig Initiativen recherchiert worden, die mögliche Lösungsansätze für gesellschaftliche Herausforderungen in Deutschland bieten und somit als Vorbild für verantwortungsvolles Unternehmertum und soziale Innovationen im deutschen Kontext dienen.

Die Initiativen können auf den deutschen Kontext angewendet werden.

360-Grad-Perspektive auf Initiativen

Erste Initiativen wurden in einer komparativen Desk Research sowie über Telefoninterviews mit Experten für die Themen »verantwortungsvolles Unternehmertum« und »soziale Innovationen« identifiziert. Von den etwa 250 gesichteten Initiativen wurden nach Anwendung des oben beschriebenen Recherchefilters rund 50 näher untersucht: Telefoninterviews sowie persönliche Gespräche vor Ort mit Initiativen-Verantwortlichen und Akteuren aus dem wissenschaftlichen, zivilgesellschaftlichen und politischen Umfeld erlaubten – im Sinne einer 360-Grad-Perspektive – einen umfassenden Einblick in die Wirkungsweise der Initiativen.

Insgesamt wurden mehr als 120 Gespräche geführt mit Akteuren aus Australien, Belgien, Brasilien, Dänemark, Deutschland, Frankreich, Indien, Israel, Japan, Kanada, den Niederlanden, Norwegen, Österreich, der Schweiz, Singapur, Südafrika, den USA und dem Vereinigten Königreich.

Über den gesamten Zeitraum begleitete ein von der Bertelsmann Stiftung einberufenes Expertenpanel die Recherche. In zwei ganztägigen Treffen mit elf hochrangigen Fachleuten aus Wissenschaft, Wirtschaft und Zivilgesellschaft wurden der Rechercheansatz geschärft und die Rechercheergebnisse diskutiert. So konnte sichergestellt werden, dass das Vorgehen transparent, das Recherchefeld nicht zu komplex, die Strukturierungs- und Bewertungsvorschläge konsistent, die Ergebnisdarstellung vollständig sowie die Rechercheergebnisse von Expertenseite validiert und akzeptiert sind. Abbildung 2 veranschaulicht das methodische Vorgehen.

Vielfalt sozialer Innovationen: Vorbilder in Europa und den USA

Im Ergebnis der internationalen Recherche wurden zwölf Initiativen ausgewählt, die als Vorbilder für verantwortungsvolles Unternehmertum und soziale Innovationen durch unternehmerisches Handeln dienen. Entsprechend dem Kriterium der Übertragbarkeit auf den deutschen Kontext haben die recherchierten Initiativen ihren Ursprung in europäischen Ländern sowie Nordamerika, die eine kulturelle Nähe zu Deutschland aufweisen sowie ähnliche gesellschaftliche Herausforderungen.

Die Initiativen veranschaulichen, wie vielfältig die Möglichkeiten von Unternehmen sind, ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen.

Abbildung 2: Methodisches Vorgehen

image

Quelle: Prognos AG

Unternehmen können als gesellschaftspolitische Akteure agieren. Beispiele hierfür sind der Intercultural Innovation Award, eine Förderung von Initiativen für interkulturelle Verständigung durch die BMW Group und die United Nations Alliance of Civilization (Deutschland/ USA), sowie Social Impact Start, ein Stipendienprogramm für Sozialunternehmen von SAP und Social Impact (Deutschland), wo die Unternehmen bewusst die Rolle der »Ermöglicher« von sozialen Innovationen einnehmen. Eine besondere Bedeutung kommt hier dem gezielten Einsatz von Ressourcen der Unternehmen zu. Das IT-Beratungsunternehmen Specialisterne für die Arbeitsmarktintegration von Menschen im Autismus-Spektrum (Dänemark), die Zweite Sparkasse für Menschen ohne Konto (Österreich) und HP mit seinem Bildungsprogramm HP LIFE für junge Unternehmer (USA) nutzen ihre spezifischen Ressourcen, um zielgruppengerecht ihre gesellschaftliche Verantwortung wahrzunehmen.

Darüber hinaus kann Unternehmen eine besondere Rolle in der Skalierung von innovativen Lösungsansätzen zukommen. Die von Nestlé gestartete Youth Employment Initiative zur Bekämpfung von Jugendarbeitslosigkeit (Schweiz), die unternehmensgeführte gemeinnützige Organisation Business in the Community für verantwortungsvolles Unternehmertum (Vereinigtes Königreich) sowie die Branchenkoalitionen Together for Sustainability (Deutschland/Belgien) und Sustainable Apparel Coalition (USA) sind besondere Beispiele für Collective Action. Hier bündeln Unternehmen ihre Ressourcen und koordinieren ihre Aktivitäten, um gemeinsam eine noch größere Wirkung zu erzielen.

Nicht zuletzt können Unternehmen im Rahmen ihrer gesellschaftlichen Verantwortung Einfluss auf die politischen Rahmenbedingungen ausüben. Die von BASF initiierte Regionalentwicklungsinitiative Zukunft Metropolregion Rhein-Neckar (Deutschland) und die Bewegung B Corp für verantwortungsvolles Unternehmertum (USA) gestalten politische Rahmenbedingungen neu, indem sie auf eine gesetzliche Verankerung ihrer Idee abzielen. Die Selbstverpflichtung Charte de la diversité für Antidiskriminierung und Vielfalt im Unternehmen (Frankreich) ist ein gelungenes Beispiel für europaweites Agenda-Setting.

Die Initiativen werden jeweils zum Abschluss der folgenden Kapitel porträtiert und in der Vorstellung des Referenzmodells den jeweiligen Entwicklungsstufen zugeordnet.

Literatur

Carnegie, Tania, Tim Draimin, Amy Birchall, John Elkington und Charmian Love. Breaking Through – How Corporate Social Innovation Creates Business Opportunity. Hrsg. KPMG, SiG und Volans. Toronto 2014.

Crets, Stefan, und James Celer. »The Interdependence of CSR and Social Innovation«. Social Innovation – Solutions for a Sustainable Future. Hrsg. Thomas Osburg und René Schmidpeter. Berlin und Heidelberg 2013. 77–88.

Guenther, Edeltraud, und Thomas Guenther. »Accounting for Social Innovations: Measuring the Impact of an Emerging Intangible Category«. Social Innovation – Solutions for a Sustainable Future. Hrsg. Thomas Osburg und René Schmidpeter. Berlin und Heidelberg 2013. 155–170.

Ioannou, Ioannis, und George Serafeim. What Drives Corporate Social Performance? International Evidence from Social, Environmental and Governance Scores. Working Paper. Boston 2010.

Kesselring, Alexander, und Michaela Leitner. Soziale Innovation in Unternehmen. Wien 2008.

Phills, James A. Jr., Kriss Deiglmeier und Dale T. Miller. »Rediscovering Social Innovation«. Stanford Social Innovation Review Fall 2008. 34–43.

Porter, Michael, und Mark Kramer. »Creating Shared Value«. Harvard Business Review 01 2011.

Riess, Birgit (Hrsg.). Verantwortung für die Gesellschaft – verantwortlich für das Geschäft. Ein Management-Handbuch. E-Book. Gütersloh 2010.

Teil 1: Unternehmen als gesellschaftspolitischer Akteur – Analyse verantwortungsvollen Unternehmertums

 

Public Value – der Gemeinwohlbeitrag von Organisationen und Unternehmen

Timo Meynhardt

Was haben Google, Airbnb und Whatsapp gemeinsam? Alle drei stehen plakativ für innovative Geschäftsmodelle, die auf neue Weise in soziale Beziehungsgefüge eingreifen, Lebensverhältnisse verändern und damit auf gesellschaftliche Werte einwirken. Google treibt mit seinen Produkten und Dienstleistungen im Internet unsere kollektive Haltung zum Umgang mit Informationen und Datenschutz voran. Airbnb vermittelt weltweit private Unterkünfte und forciert eine Akzentverschiebung im Verhältnis von Privatheit und Kommerz. Der Messaging-Dienst Whatsapp ermöglicht bis dahin nicht gekannte Möglichkeiten des Austauschs in sozialen Gruppen. Auf den ersten Blick machen alle drei Unternehmen Angebote, die einen Vorteil im Alltag versprechen. Ihr Einfluss auf die Sozialverhältnisse ist dagegen nicht unmittelbar ersichtlich.

Worin jeweils die gesellschaftliche Dimension solcher und anderer Innovationen besteht, ist letztlich auch eine Frage nach dem Gemeinwohlbeitrag – dem Public Value. So verspricht Google, die Information der Welt für alle zugänglich zu machen, während Airbnb damit wirbt, weltweit ein Zuhause finden zu können. Auch Whatsapp ist mehr als ein cooler und günstiger Messaging-Dienst.

Ein Wertbeitrag und Nutzen für die Gesellschaft kann zwar vom Unternehmen intendiert, aber nur von der Gesellschaft selbst realisiert werden. Denn: Überall dort, wo das Gemeinwohl berührt wird, werden die Antworten in der Gesellschaft selbst entwickelt und können nicht von Unternehmensseite einseitig festgelegt werden. Führungskräfte in Wirtschaft, Politik und Zivilgesellschaft spüren oft schmerzhaft eine eigentlich alte Wahrheit, wonach der Empfänger einer Nachricht selbst entscheidet, wie er diese einordnet und bewertet – oder anders ausgedrückt: »perception is reality«. Public Value ist das Ergebnis individueller und kollektiver Bewertungsprozesse, durch die der Wert gemeinsam im Sinne einer Ko-Kreation geschaffen wird.

Eines ist sicher: Heute zählt in der Öffentlichkeit mit ihrer medialen Eigendynamik mehr denn je die Wahrnehmung und Interpretation der Tatsachen und Fakten. Erfolg und Misserfolg unternehmerischen Handelns hängen dann von nur vage kalkulierbaren gesellschaftlichen Prozessen der Meinungsbildung ab. Oft ist dabei schwer zu entscheiden, ob es sich in der Debatte um vermeintliche Objektivität oder trügerische Subjektivität handelt.

Neu ist gegenwärtig die Anfälligkeit für den Verlust von Ansehen und Vertrauen, der jede unternehmerische Tätigkeit beeinträchtigen kann. Dies ist sicher ein tieferer Grund für das gestiegene Bewusstsein für Legitimations- und Verantwortungsfragen in der Wirtschaft. Allein deshalb ist der Nachweis eines Gemeinwohlbeitrags (Public Value) für die Unternehmen von großem Interesse, denn der so legitimierte Unternehmenszweck begründet die gesellschaftliche Akzeptanz. Ohne diesen Rückhalt in der Bevölkerung wird ein Unternehmen nicht dauerhaft erfolgreich sein und nachhaltig wachsen können.