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CONOR TROY

MODERNE
INSTANDHALTUNG

_____________________________

TPM

TOTAL PRODUCTIVE
MAINTENANCE

Korrigierter Nachdruck 2011

Umschlaggestaltung,

inhaltliche und textliche Überarbeitung,

Grafiken, Satz & Umbruch:

bag kommunikation gmbh, Mannheim

D4 7, 68159 Mannheim

www.bag-design.de

© Verlag Waldkirch Mannheim, 2011

Alle Rechte vorbehalten. Nachdruck, auch auszugsweise,

nur mit ausdrücklicher Erlaubnis des Verlags.

Verlag Waldkirch KG Schützenstraße 18, 68259 Mannheim

ISBN 9783927455887

Inhalt

Kapitel 1 – Hintergründe zu TPM

1.1

Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit

1.2

Die Ziele von TPM

1.3

Historische Entwicklung von TPM

1.4

Die Inhalte von TPM

1.5

Die Einführung von TPM

Kapitel 2 – Produktivitätsverluste verstehen

2.1

Verluste bei technischen Anlagen verstehen

2.2

Die Hauptverlustquellen

2.3

Produktivitätskennzahlen – OEE

2.3.1

Beispiele einer OEE-Berechnung

2.4

Umgang mit Kennzahlen

Kapitel 3 – Eine Verbesserung erzielen

3.1

Schwerpunkt-Probleme identifizieren

3.2

Probleme systematisch lösen

3.2.1

Das Problem verstehen:

3.2.2

Die Ursachen finden:

3.2.3

Die Lösung umsetzen

3.2.4

Die Ergebnisse überprüfen

3.3

Die Beseitigung chronischer Verluste

3.4

Die Verbesserung anderer Verlustarten

3.4.1

Rüstzeitoptimierung durch SMED

3.4.2

Qualitätsoptimierung durch SPC und 8er-Strategie

3.5

Weitere Methoden und Hilfsmittel für Problemlösungen

Kapitel 4 – Die tägliche Instandhaltung

4.1

Störungen verstehen

4.1.1

Phase 1 – Einfahren

4.1.2

Phase 2 – Normalbetrieb

4.1.3

Phase 3 – Altersschwächen

4.2

Störungen vermeiden

4.3

Selbstständige Instandhaltung – Stufe 1 bis 3

4.4

Selbstständige Instandhaltung – Stufe 4 bis 7

4.5

Umgang mit der täglichen Instandhaltung

Kapitel 5 – Die Rolle der Technik

5.1

Die Rolle der Technik

5.2

Anlagenverfügbarkeit maximieren

5.2.1

Kennzahlen und Ziele

5.2.2

Aufbau der täglichen Instandhaltung (Schritte 1-3)

5.2.3

Aufbau einer vorbeugenden Instandhaltung

5.2.4

Schwerpunkprobleme lösen

5.2.5

Schwachstellenanalyse

5.3

Instandhaltungseffektivität maximieren

5.3.1

Ersatzteile

5.3.2

Schmiermittel

5.3.3

Werkstatt/Werkzeuge

5.3.4

Dokumentation

5.3.5

Der Zeitfaktor

5.4

Weitere Aspekte

5.4.1

Integration Maschinenhersteller/Neue Anlagen

5.4.2

EDV-Systeme für die Instandhaltung

5.4.3

Der Techniker als Trainer

5.4.4

Reliability Centered Maintenance (RCM)

Kapitel 6 – Aus- und Weiterbildung als Motor

6.1

Die lernende Organisation

6.2

Technische/prozessorientierte Kompetenzen

6.2.1

Anlagenorientiertes Wissen

6.2.2

Ablauforientiertes Wissen

6.3

Wissenstransfer von technischen/ prozessorientierten Kompetenzen

6.3.1

Arbeitsplatzorientierter Wissenstransfer

6.3.2

Individuelle interne Ausbildung

6.3.3

Externe Ausbildung

6.3.4

Spezialisten-Schulungen

6.4

Methodische und soziale Kompetenzen

6.4.1

TPM-Team-Ebene

6.4.2

Leitungs- und Koordinationsebene

Kapitel 7 – Veränderungsprozesse managen

7.1

Veränderungen verstehen

7.2

Die Vorbereitung – vor dem Start

7.2.1

Die rationale Ebene

7.2.2

Die emotionale Ebene

7.3

Die Umsetzung – jetzt geht’s los

7.3.1

Ergebnisorientierung

7.3.2

Prozessorientierung

7.3.3

Mitarbeiterorientierung

7.4

Die Absicherung

7.5

Schlusswort

Literaturverzeichnis

Der Autor

KAPITEL 1 – HINTERGRÜNDE ZU TPM

„Die längste Reise fängt mit einem einzigen Schritt an“

(chinesisches Sprichwort)

1.1 VERBESSERUNG DER WETTBEWERBSFÄHIGKEIT

Firmen des produzierenden Gewerbes in Deutschland befinden sich in einer angespannten Lage und das bereits seit einigen Jahren. Die Globalisierung der Industrie, die Fortschritte der Informationstechnologie, das Zusammenwachsen der Europäischen Union und die gemeinsame Euro-Währung sind nur einige Faktoren, die zu einer kontinuierlichen Verschärfung des Wettbewerbs in den letzten Jahren geführt haben. Um konkurrenzfähig zu bleiben, sind sowohl Firmen der Großindustrie als auch mittelständische Produktionsunternehmen gezwungen, stets nach Verbesserungsmöglichkeiten zu suchen und sich den ständig wechselnden Bedingungen anzupassen. Einige Firmen können sich in diesem Umfeld behaupten, andere dagegen tun sich schwer.

Die Wettbewerbsfähigkeit einer Firma misst sich an ihrem Leistungspotenzial im Vergleich zu ihren Mitbewerbern. Was macht aber den Unterschied aus zwischen den Besten einer Sparte und denen, die nur „mithalten“ können? Warum gelingt es einigen Firmen, sich von den Konkurrenten abzusetzen, während andere stets um ihre Existenz kämpfen? Liegt es allein am Produkt und dessen Vertrieb oder an den Maschinen und Anlagen? Natürlich gibt es keine einfachen Antworten auf diese Fragen, ein Patentrezept existiert nicht, so verlockend dies auch wäre. Führende Industrieunternehmen bauen ihre Erfolge auf unterschiedliche Fundamente. Einige Gemeinsamkeiten gibt es trotzdem: erfolgreiche Firmen haben es verstanden, die Interessen der drei am Wertschöpfungsprozess beteiligten Gruppen besser aufeinander abzustimmen als ihre Konkurrenten. Diese drei Gruppen, nämlich die Kunden, die Inhaber/Besitzer und die Mitarbeiter des Unternehmens haben unterschiedliche Wünsche und Erwartungen, die aber alle zufrieden gestellt werden müssen, um langfristig Erfolg zu haben.

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Fig. 1.1 – Die Interessengruppen eines Unternehmens

Die Kunden

„Der Kunde ist König!“ – diese Aussage hat nach wie vor Gültigkeit. Besonders in den gesättigten Märkten, die wir in den meisten Sparten und Industriezweigen vorfinden, sind Kunden für eine Firma überlebensnotwendig. Ein Unternehmen muss sich also stets fragen, worauf der Kunde Wert legt, wie es neue Kunden gewinnen und langjährige halten kann. Da es heutzutage immer aufwändiger und teurer wird, neue Kunden zu finden, müssen bestehende Beziehungen mit allen Mitteln gepflegt werden. Doch was will der Kunde?

Er ist zunächst daran interessiert, das Produkt oder die Dienstleistung zu einem möglichst niedrigen Preis zu erwerben. Die Qualitätsanforderungen sollen gemäß seinen Erwartungen erfüllt werden und last, not least fordert der Kunde ein hohes Maß an Flexibilität beim Erwerb des Produkts, d. h. kurze Vorlaufzeiten, flexible Mengengestaltung, hohe Variantenvielfalt usw. Die Kunden werden immer wählerischer und Untersuchungen zeigen, dass auf Kundenbindung in unserer kurzlebigen Zeit immer weniger Verlass ist.

Die Inhaber

Die Unternehmer, Aktionäre oder Besitzer einer Firma wollen natürlich ihre Kunden zufrieden stellen, nur dadurch ist ihr Überleben gesichert. Ihre Wünsche und Erwartungen sind aber anders gelagert als die ihrer Kunden. Der Inhaber ist an der Wirtschaftlichkeit seines Betriebs interessiert und will einen attraktiven Ertrag erzielen. Dieses Ziel erreicht ein Unternehmer, indem er versucht, die Spanne zwischen den Produktions- und Vertriebskosten einerseits und dem Marktpreis andererseits möglichst groß zu halten. Eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit kann folglich nur durch eine Preiserhöhung oder eine Kostensenkung erreicht werden. In der derzeit verschärften Wettbewerbssituation ist eine Preiserhöhung nur sehr schwer auf dem Markt durchzusetzen, was zu einer stärkeren Kostenorientierung in den letzten Jahren geführt hat. Begriffe wie Re-Engineering und Umorganisation sind in fast allen Unternehmen zu hören. Kostenreduzierung wird in allen Varianten und mit unterschiedlichen Erfolgen betrieben. Solange eine Firma sich wirtschaftlich attraktiv halten kann, wird sie immer in der Lage sein, Mittel zu bekommen, um ihr Überleben zu sichern.

Die Mitarbeiter

Die Mitarbeiter sind natürlich an sicheren Arbeitsplätzen und einer angemessenen Bezahlung interessiert. Darüber hinaus ist ein interessanter und verantwortungsvoller Aufgabenbereich, in den eigene Fähigkeiten eingebracht werden können, gefragt. Die meisten Mitarbeiter wollen mehr Spielraum in ihrem Arbeitsbereich und mehr Mitspracherecht bei Firmenentscheidungen, besonders wenn sie selbst betroffen sind. Am Ende dieses Wegs identifizieren sich die Mitarbeiter mit ihrer Firma. Die Erfolge eines Unternehmens, sowohl was die Kundenzufriedenheit als auch die Wirtschaftlichkeit betrifft, ist direkt abhängig von der Qualität ihrer Mitarbeiter. In einer Zeit, in der Technologien und Produkte einem stetigen Wandel unterliegen, ist die Reaktionsschnelligkeit und die Anpassungsfähigkeit der Mitarbeiter zu einem entscheidenden Faktor geworden. Nur Unternehmen, in denen die besten Mitarbeiter optimal zusammenarbeiten, werden das Spiel gewinnen.

Die Industrieunternehmen klagen darüber, dass es trotz anhaltend hoher Arbeitslosigkeit schwer sei, qualifizierte und motivierte Mitarbeiter zu finden. Erfolgreiche Firmen haben es verstanden, den Faktor Mensch in ihr Handeln einzuschließen. Je at traktiver sich eine Firma auf dem Arbeitsmarkt präsentiert, desto größer sind ihre Chancen, passende Arbeitskräfte zu finden.

Wie bereits erwähnt gibt es für den Erfolg kein Patentrezept, aber die Unternehmen, die es verstehen, die Erwartungen und Interessen der drei oben genannten Gruppen optimal oder zumindest besser als ihre Mitbewerber zu erfüllen, werden die Spitzenreiter ihrer Branchen werden. Welche Rolle TPM bei der Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit einer Firma spielen kann und welche Elemente dazu gehören, wird in diesem Buch untersucht.

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Fig. 1.2 – Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit

1.2 DIE ZIELE VON TPM

Total Productive Maintenance (TPM) passt genau in diese Landschaft hinein. TPM ist ein ganzheitliches Konzept, das bei einer effektiven Anwendung jeder der drei oben beschriebenen Interessengruppen Vorteile verschaffen wird. Zunächst werden wir die Ziele von TPM etwas genauer betrachten. Welche inhaltlichen Elemente dazugehören und wie sie im Einzelnen umgesetzt werden können, wird in den restlichen Kapiteln beschrieben und mit Beispielen unterlegt. Das Ziel von TPM ist eine nachhaltige Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit von Firmen der produzierenden Industrie durch:

a) Eine Verbesserung der Qualität

Die Herstellung von perfekten Produkten ohne aufwändige oder zusätzliche Prüfungen und Kontrollen wird angestrebt. Das „Null-Fehler-Prinzip“ für Mitarbeiter, Materialien und Maschinen wird unter TPM systematisch aufgebaut, um Qualitätsprobleme bereits vor deren Entstehung entgegenzuwirken.

Wir haben oben beschrieben, wie wichtig es ist, die bestehenden Kundenerwartungen stets zu erfüllen, und wie schwierig es ist, neue Kunden in den gesättigten Märkten zu gewinnen. Untersuchungen haben gezeigt, dass der Aufwand für die Gewinnung neuer Kunden sechs mal höher liegt als der Aufwand, bestehende Kunden zufrieden zu stellen.

Die Qualität des Produkts spielt hier eine zentrale Rolle. Auch die Kosten von Qualitätsabweichungen (Cost of non Quality) dürfen nicht vernachlässigt werden. Der Aufwand für die Bearbeitung von Reklamationen, die Durchführung von Qualitätsprüfungen, die Vernichtung oder Nachbesserung von mangelhaften Produkten tragen alle zu diesen Kosten bei. In internationalen Erhebungen sind diese Kosten mit bis zu zehn Prozent der gesamten Fertigungskosten beziffert worden.

Für die Mitarbeiter bedeutet abweichende Produktqualität immer Stress. Schließlich müssen Produkte gesperrt oder Produktionspläne geändert werden. Außerdem werden in den meisten Fällen Untersuchungen eingeleitet, um „Schuldige“ zu finden. Daher haben alle ein Interesse daran, fehlerfrei zu arbeiten.

b) Eine Verbesserung der Flexibilität

Es geht darum, schnell und flexibel auf die Wünsche der Kunden zu reagieren und Bestellungen genau und pünktlich auszuliefern. Die Vision von einer individuellen Bearbeitung jedes Kundenwunsches, egal ob es sich dabei um die Produktion von Kleinstmengen oder Großserien handelt, die es in kürzester Zeit zuverlässig zu erzeugen gilt, soll verwirklicht werden.“ Losgröße Eins“ ist bei TPM das Zauberwort, und zwar just in time!

Je flexibler wir auf die Wünsche des Kunden eingehen, desto besser kann er sein Geschäft organisieren. Die eigene Reaktionsfähigkeit wird deshalb auch ihm einen Wettbewerbsvorteil sichern.

Im eigenen Haus wird diese Flexibilität dazu führen, die Bestände und damit gebundenes Kapital zu reduzieren, was eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit zur Folge hat.

c) Eine Verbesserung der Wirtschaftlichkeit

Eine optimale Ausnutzung der zur Verfügung stehenden Ressourcen ist das Ziel. Dies soll erreicht werden, indem jegliche Verschwendung von Ressourcen vermieden wird. Unter Verschwendung verstehen wir alle Aktivitäten die nicht direkt zur Wertschöpfung beitragen. Insbesondere sind Verluste durch Anlagenstillstände und Materialverschwendung gemeint. Unter TPM sollen die Maschinen sowohl von den Stillstandszeiten als auch vom Ausschuss her möglichst verlustfrei betrieben werden.

Eine optimale Beherrschung der Maschinen und Technik wird als Voraussetzung für die zwei oben erwähnten Ziele gesehen. Wenn wir die Fertigungsprozesse absolut unter Kontrolle haben, dann werden wir Produkte ohne Qualitätsmängel sehr flexibel und ohne große Verschwendung erzeugen können. In Märkten, in denen die Preissensibilität des Produkts hoch ist, wird durch einen effizienteren Produktionsprozess ein Wettbewerbsvorteil erlangt.

d) Eine Steigerung der Eigenverantwortung

Die Mitarbeiter stehen bei TPM im Mittelpunkt. Das Ziel ist, die Verantwortung für die Prozesse so weit wie möglich dorthin zu verlagern, wo die Wertschöpfung stattfindet. Ein Großteil des Potenzials, über das die Mitarbeiter in den Fabriken verfügen, liegt in der Regel brach. Dieses Potenzial soll unter TPM aktiviert werden. Die Mitarbeiter werden durch eine bessere Ausbildung, effektivere Organisationsstrukturen und eine systematische Vorgehensweise in die Lage versetzt, mehr Verantwortung für ihre Anlagen und die Abläufe zu übernehmen. So identifizieren sich die Mitarbeiter immer mehr mit ihrer Arbeit und beteiligen sich stärker an den Entscheidungsprozessen ihres Bereichs.

Das Ziel ist, den Mitarbeitern eine ganzheitliche Verantwortung für einen Bereich oder Abschnitt des Unternehmens zu geben. Die Fertigungsabschnitte werden als Miniunternehmen verstanden, in denen das Team sowohl für die Ziele als auch für die Arbeitsgestaltung die volle Verantwortung übernimmt. Diese Ziele werden als „weiche Ziele“ definiert, weil sie am schwierigsten zu messen sind, werden aber als Motor des ganzen TPM-Prozesses verstanden.

1.3 HISTORISCHE ENTWICKLUNG VON TPM

Bevor wir uns den Inhalten von TPM zuwenden, um herauszufinden wie die oben erwähnten Ziele erreicht werden können, sollten wir uns das Umfeld, in dem diese Vorgehensweise entwickelt wurde, etwas genauer anschauen. Dies wird uns helfen, das Konzept besser zu verstehen.

Wie mit so vielen Methoden der Produktionsoptimierung ist TPM sowohl von den Japanern als auch von der Automobilindustrie geprägt. Die Unternehmen der Toyota-Gruppe in Japan haben sich seit den 60er-Jahren mit Anlagenzuverlässigkeit auseinandergesetzt. Die Toyota Corporation beschritt bei der Produktion ihrer Fahrzeuge damals neue Wege, indem sie eine größere Vielfalt (Flexibilität) und bessere Qualität bei einer gleichzeitigen Kosteneinsparung anstrebte. Im Grunde sind das genau die bestimmenden Faktoren der Wettbewerbsfähigkeit, die wir bereits oben kennen gelernt haben. Dieses Ziel wurde durch das Just-in-Time-Konzept und das Zero-Defekt-Konzept (Null-Fehler-Konzept) zu einem Wettbewerbsvorteil in der Automobilbranche ausgebaut.

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Fig. 1.3 – Das Toyota Produktionssystem

Das Konzept sah die (fast) vollständige Eliminierung von Beständen in der Fertigung durch die Einführung einer „ziehenden Fertigung“ vor. Das bedeutet, dass Teile oder Produkte nur dann produziert werden, wenn sie benötigt werden. Die Voraussetzung für die Erreichung dieses Ziels war erstens eine Flexibilisierung der Fertigungssysteme beispielsweise durch kleinere Losgrößen, kürzere Durchlaufzeiten und übersichtlichere Produktionsabläufe. Zweitens waren fehlerfreie Fertigungsprozesse unerlässlich. Dabei wurde Prozessen, in denen Fehler erst gar nicht entstehen, der Vorzug vor der klassischen Endkontrolle und Qualitätsprüfung gegeben. Drittens musste die Produktionseinrichtung zuverlässig und ständig verfügbar sein. Eine Investition in zusätzliche Maschinen und Anlagen galt dagegen als unwirtschaftlich. Schließlich ging es darum, vorhandene Ressourcen besser zu nutzen und Verschwendungen zu vermeiden.

Insbesondere die Aktivitäten im Bereich der Anlagenzuverlässigkeit und Anlagenverfügbarkeit haben zur Entwicklung von TPM, wie wir es heute kennen, erheblich beigetragen. Diese Aktivitäten, die als Toyota Produktionssystems (TPS) bekannt wurden, sind in Japan inzwischen zur Legende geworden und traten ihren Siegeszug in den 70er-Jahren mit Unterstützung des Japan Institute of Plant Engineers (JIPE) an. Noch heute werden Unternehmen, die sich mit der Umsetzung und Weiterentwicklung solcher Vorgehensweisen beschäftigen, jährlich ausgezeichnet.

Anfang der 80er-Jahre ging das Japan Institut of Plant Maintenance (JIPM) aus dem JIPE hervor. Dem JIPM ist es zu verdanken, dass die neue Methode über die Grenzen Japans hinaus bekannt wurde. Vor allem die Automobilindustrie richtete ihr Augenmerk damals auf Toyota, das durch internationale Erfolge auf sich aufmerksam machte. In der Folge gewinnt das so genannte Benchmarking immer mehr an Bedeutung. In den 90er-Jahren fuhren zahlreiche Studiengruppen aus den USA und Europa nach Japan, um die Inhalte und Vorgehensweisen von TPM zu studieren. Anfang der 90er-Jahre wurden die ersten nicht-japanischen Unternehmen mit dem begehrten „PM Excellent Plant Award“ ausgezeichnet.

Total Productive Maintenance ist mittlerweile weltweit anerkannt als „best practice“ in Bezug auf die Verbesserung von Anlagenzuverlässigkeit und Anlagenverfügbarkeit und wird in der Zwischenzeit auch von zahlreichen deutschen Unternehmen mit bemerkenswerten Erfolgen praktiziert. In diesem Buch werden wir die Elemente dieser ganzheitlichen Strategie durchleuchten, um die Umsetzung in Ihrem Betrieb zu unterstützen.

1.4 DIE INHALTE VON TPM

Welche Aktivitäten und Inhalte zeichnen TPM aus und warum ist diese Vorgehensweise so erfolgreich bei der Verbesserung von Anlagenleistungen? Betrachtet man nur die Bezeichnung Total Productive Maintenance – in der deutschen Übersetzung „ganzheitliche produktive Instandhaltung“ – könnte man annehmen, dass es sich um ein Programm für die Techniker handelt, die Instandhaltungsaufgaben in der Fabrik wahrnehmen. Instandhaltung ist ja nichts Neues, im Grunde genommen ist die Industrie in Deutschland traditionell in diesem Bereich besonders stark. Was ist dann neu an TPM? Jede Fabrik, die sich mit TPM über längere Zeit beschäftigt, wird eine andere Antwort auf diese Frage geben. Es gibt aber einige Merkmale, die TPM besonders prägen und dieses Konzept von anderen unterscheidet. Fünf davon sollen an dieser Stelle hervorgehoben werden.

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Fig. 1.4 – Die Merkmale von TPM

a) Leistungstransparenz durch Kennzahlen

Die Leistungen der technischen Einrichtungen einer Fabrik werden unter TPM immer genauer durchleuchtet und penibel nach Verlusten und Verschwendungen durchforstet. Die Qualität und Genauigkeit dieser Daten sind in TPM-Fabriken um einiges besser als in anderen Unternehmen, die nicht nach dieser Methode vorgehen. Zahlen, Daten und Fakten können in TPM-Fabriken fast überall gesehen und gelesen werden. Die Devise lautet: Was gemessen werden kann, kann auch verbessert werden. Die Leistungen aller Bereiche der Fabrik sind transparent dargestellt wie beispielsweise die Ist-Situation, die gesetzten Ziele oder die Aufteilung der Verluste. Jeder Mitarbeiter soll schnell in der Lage sein, die Effektivität an allen Arbeitsplätzen eines Bereichs zu erkennen.

Besucher, die führende TPM-Fabriken zum ersten Mal besichtigen, betrachten diesen Aufwand der Datenerfassung und Darstellung immer mit Skepsis. Es wird nicht für möglich gehalten, dass die Mitarbeiter in der Lage sind, solche Analysen selbst zu erstellen. Die Qualität dieser Information sagt allerdings viel über die Leistungsfähigkeit einer Fabrik aus.

b) Absolute Ziele als Vorgabe