Eine Reflexion

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Es ist meinem Gemüt nicht selten sonderbar aufgefallen, wie verständige und würdige Menschen mit nie ermüdender Industrie und mit so großem Ernst das kleine Spiel in ewigem Kreislauf immer von neuem wiederholen können, welches doch offenbar weder Nutzen bringt noch sich einem Ziele nähert, obgleich es das früheste aller Spiele sein mag.

Dann fragte mein Geist, was wohl die Natur, die überall so viel denkt, die List im Großen treibt und statt witzig zu reden, gleich witzig handelt, bei jenen naiven Andeutungen denken mag, welche gebildete Redner nur durch ihre Namenlosigkeit benennen.

Und diese Namenlosigkeit selbst ist von zweideutiger Bedeutung. Je verschämter und je moderner man ist, je mehr wird es Mode sie aufs Schamlose zu deuten. Für die alten Götter hingegen hat alles Leben eine gewisse klassische Würde und so auch die unverschämte Heldenkunst lebendig zu machen. Die Menge solcher Werke und die Größe der Erfindungskraft in ihr bestimmt Rang und Adel im Reiche der Mythologie.

Diese Zahl und diese Kraft sind gut, aber sie sind nicht das Höchste. Wo schlummert also das ersehnte Ideal verborgen? Oder findet das strebende Herz in der höchsten aller darstellenden Künste ewig nur andre Manieren und nie einen vollendeten Styl?

Das Denken hat die Eigenheit, daß es nächst sich selbst am liebsten über das denkt, worüber es ohne Ende denken kann. Darum ist das Leben des gebildeten und sinnigen Menschen ein stetes Bilden und Sinnen über das schöne Rätsel seiner Bestimmung. Er bestimmt sie immer neu, denn eben das ist seine ganze Bestimmung, bestimmt zu werden und zu bestimmen. Nur in seinem Suchen selbst findet der Geist des Menschen das Geheimnis welches er sucht.

Was ist denn aber das Bestimmende oder das Bestimmte selbst? In der Männlichkeit ist es das Namenlose. Und was ist das Namenlose in der Weiblichkeit? – das Unbestimmte.

Das Unbestimmte ist geheimnisreicher, aber das Bestimmte hat mehr Zauberkraft. Die reizende Verwirrung des Unbestimmten ist romantischer, aber die erhabene Bildung des Bestimmten ist genialischer. Die Schönheit des Unbestimmten ist vergänglich wie das Leben der Blumen und wie die ewige Jugend sterblicher Gefühle; die Energie des Bestimmten ist vorübergehend wie das echte Ungewitter und die echte Begeisterung.

Wer kann messen und wer kann vergleichen was eines wie das andre unendlichen Wert hat, wenn beides verbunden ist in der wirklichen Bestimmung, die bestimmt ist, alle Lücken zu ergänzen und Mittlerin zu sein zwischen dem männlichen und weiblichen Einzelnen und der unendlichen Menschheit?

Das Bestimmte und das Unbestimmte und die ganze Fülle ihrer bestimmten und unbestimmten Beziehungen; das ist das Eine und Ganze, das ist das Wunderlichste und doch das Einfachste, das Einfachste und doch das Höchste. Das Universum selbst ist nur ein Spielwerk des Bestimmten und des Unbestimmten und das wirkliche Bestimmen des Bestimmbaren ist eine allegorische Miniatur auf das Leben und Weben der ewig strömenden Schöpfung.

Mit ewig unwandelbarer Symmetrie streben beide auf entgegengesetzten Wegen sich dem Unendlichen zu nähern und ihm zu entfliehen. Mit leisen aber sichern Fortschritten erweitert das Unbestimmte seinen angebornen Wunsch aus der schönen Mitte der Endlichkeit ins Grenzenlose. Das vollendete Bestimmte hingegen wirft sich durch einen kühnen Sprung aus dem seligen Traum des unendlichen Wollens in die Schranken der endlichen Tat und nimmt sich selbst verfeinernd immer zu an großmütiger Selbstbeschränkung und schöner Genügsamkeit.

Auch in dieser Symmetrie offenbart sich der unglaubliche Humor, mit dem die konsequente Natur ihre allgemeinste und einfachste Antithese durchführt. Selbst in der zierlichsten und künstlichsten Organisation zeigen sich diese komischen Spitzen des großen Ganzen mit schalkhafter Bedeutsamkeit wie ein verkleinertes Portrait und geben aller Individualität, die allein durch sie und den Ernst ihrer Spiele entstehet und bestehet, die letzte Rundung und Vollendung.

Durch diese Individualität und jene Allegorie blüht das bunte Ideal witziger Sinnlichkeit aus dem Streben nach dem Unbedingten.

Nun ist alles klar! Daher die Allgegenwart der namenlosen unbekannten Gottheit. Die Natur selbst will den ewigen Kreislauf immer neuer Versuche; und sie will auch, daß jeder einzelne in sich vollendet einzig und neu sei, ein treues Abbild der höchsten unteilbaren Individualität.

Sich vertiefend in diese Individualität nahm die Reflexion eine so individuelle Richtung, daß sie bald anfing aufzuhören und sich selbst zu vergessen.

»Was sollen mir diese Anspielungen, die mit unverständlichem Verstand nicht an der Grenze sondern bis in die Mitte der Sinnlichkeit nicht spielen sondern widersinnig streiten?«

So wirst Du und würde Juliane zwar nicht sagen aber doch gewiß fragen.

Liebe Geliebte! darf der volle Blumenstrauß nur sittsame Rosen, stille Vergißmeinnicht und bescheidne Veilchen zeigen, und was sonst mädchenhaft und kindlich blüht, oder auch alles andre was in bunter Glorie sonderbar strahlt?

Die männliche Ungeschicklichkeit ist ein mannigfaltiges Wesen und reich an Blüten und Früchten jeder Art. Gönne selbst der wunderlichen Pflanze, die ich nicht nennen will, ihre Stelle. Sie dient wenigstens zur Folie für die hellbrennende Granate und die lichten Orangen. Oder soll es etwa statt dieser bunten Fülle nur eine vollkommne Blume geben, welche alle Schönheiten der übrigen vereint und ihr Dasein überflüssig macht?

Ich entschuldige nicht, was ich lieber sogleich noch einmal tun will, mit vollem Zutrauen auf Deinen objektiven Sinn für die Kunstwerke der Ungeschicklichkeit, welche den Stoff zu dem was sie bilden will, oft nicht ungern von der männlichen Begeisterung entlehnt.

Es ist ein zärtliches Furioso und ein kluges Adagio der Freundschaft: Du wirst Verschiednes daraus lernen können: daß Männer mit ungemeiner Delikatesse zu hassen verstehn, wie ihr zu lieben; daß sie dann einen Zank, wenn er vollendet ist, in eine Distinktion umbilden, und daß Du so viele Anmerkungen darüber machen darfst als Dir gefällig ist.

Tändeleien der Fantasie

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Durch die schweren lauten Anstalten zum Leben wird das zarte Götterkind Leben selbst verdrängt und jämmerlich erstickt in der Umarmung der nach Affenart liebenden Sorge.

Absichten haben, nach Absichten handeln, und Absichten mit Absichten zu neuer Absicht künstlich verweben; diese Unart ist so tief in die närrische Natur des gottähnlichen Menschen eingewurzelt, daß er sich's nun ordentlich vorsetzen und zur Absicht machen muß, wenn er sich einmal ohne alle Absicht, auf dem innern Strom ewig fließender Bilder und Gefühle frei bewegen will.

Es ist der Gipfel des Verstandes, aus eigner Wahl zu schweigen, die Seele der Fantasie wiederzugeben und die süßen Tändeleien der jungen Mutter mit ihrem Schoßkinde nicht zu stören.

Aber so verständig ist der Verstand nach dem goldnen Zeitalter seiner Unschuld nur sehr selten. Er will die Seele allein besitzen; auch wenn sie wähnt allein zu sein mit ihrer angebornen Liebe, lauscht er im Verborgnen und schiebt an die Stelle der heiligen Kinderspiele nur Erinnerung an ehemalige Zwecke oder Aussichten auf künftige. Ja er weiß den hohlen kalten Täuschungen einen Anstrich von Farbe und eine flüchtige Hitze zu geben und will durch seine nachahmende Kunst der arglosen Fantasie ihr eigenstes Wesen rauben.

Aber die jugendliche Seele läßt sich durch die Arglist des Altklugen nicht betören, und immer sieht sie den Liebling spielen mit den schönen Bildern der schönen Welt. Willig läßt sie ihre Stirn umflechten von den Kränzen, die das Kind aus den Blüten des Lebens flicht, und willig läßt sie sich in wachen Schlummer sinken, Musik der Liebe träumend, und geheimnisvoll freundliche Götterstimmen vernehmend, wie die einzelnen Laute einer fernen Romanze.

Alte wohlbekannte Gefühle tönen aus der Tiefe der Vergangenheit und Zukunft. Leise nur berühren sie den lauschenden Geist und schnell verlieren sie sich wieder in den Hintergrund verstummter Musik und dunkler Liebe. Alles liebt und lebt, klaget und freut sich in schöner Verwirrung. Hier öffnen sich am rauschenden Fest die Lippen aller Fröhlichen zu allgemeinem Gesange; und hier verstummt das einsame Mädchen vor dem Freunde, dem sie sich vertrauen möchte und versagt den Kuß mit lächelndem Munde. Gedankenvoll streue ich Blumen auf das Grab des zu früh entschlafnen Sohnes, die ich bald voll Freude und voll Hoffnung der Braut des geliebten Bruders darreiche, während die hohe Priesterin mir winkt und mir die Hand reicht zu ernstem Bunde, bei dem ewig reinen Feuer ewige Reinheit und ewige Begeisterung zu geloben. Ich enteile dem Altar und der Priesterin um das Schwert zu ergreifen und mit der Schar der Helden in den Kampf zu stürzen, den ich bald vergesse, wo ich in tiefster Einsamkeit nur den Himmel und mich beschaue.

Welche Seele solche Träume schlummert, die träumt sie ewig fort, auch wenn sie erwacht ist. Sie fühlt sich umschlungen von den Blüten der Liebe, sie hütet sich wohl die losen Kränze zu zerreißen, sie gibt sich gern gefangen und weiht sich selbst der Fantasie und läßt sich gern beherrschen von dem Kinde, das alle Muttersorgen durch seine süßen Tändeleien lohnt.

Dann zieht sich ein frischer Hauch von Jugendblüte über das ganze Dasein und ein Heiligenschein von kindlicher Wonne. Der Mann vergöttert die Geliebte, die Mutter das Kind und alle den ewigen Menschen.

Nun versteht die Seele die Klage der Nachtigall und das Lächeln des Neugebornen, und was auf Blumen wie an Sternen sich in geheimer Bilderschrift bedeutsam offenbart, versteht sie; den heiligen Sinn des Lebens wie die schöne Sprache der Natur. Alle Dinge reden zu ihr und überall sieht sie den lieblichen Geist durch die zarte Hülle.

Auf diesem festlich geschmückten Boden wandelt sie den leichten Tanz des Lebens, schuldlos und nur besorgt dem Rhythmus der Geselligkeit und Freundschaft zu folgen und keine Harmonie der Liebe zu stören.

Dazwischen ew'ger Gesang, von dem sie nur dann und wann einzelne Worte vernimmt, welche noch höhere Wunder verraten lassen.

Immer schöner umgibt sie dieser Zauberkreis. Sie kann ihn nie verlassen und was sie bildet oder spricht, lautet wie eine wunderbare Romanze von den schönen Geheimnissen der kindlichen Götterwelt, begleitet von einer bezaubernden Musik der Gefühle und geschmückt mit den bedeutendsten Blüten des lieblichen Lebens.

Durch die schweren lauten Anstalten zum Leben wird das zarte Götterkind Leben selbst verdrängt und jämmerlich erstickt in der Umarmung der nach Affenart liebenden Sorge.

Absichten haben, nach Absichten handeln, und Absichten mit Absichten zu neuer Absicht künstlich verweben; diese Unart ist so tief in die närrische Natur des gottähnlichen Menschen eingewurzelt, daß er sich's nun ordentlich vorsetzen und zur Absicht machen muß, wenn er sich einmal ohne alle Absicht, auf dem innern Strom ewig fließender Bilder und Gefühle frei bewegen will.

Es ist der Gipfel des Verstandes, aus eigner Wahl zu schweigen, die Seele der Fantasie wiederzugeben und die süßen Tändeleien der jungen Mutter mit ihrem Schoßkinde nicht zu stören.

Aber so verständig ist der Verstand nach dem goldnen Zeitalter seiner Unschuld nur sehr selten. Er will die Seele allein besitzen; auch wenn sie wähnt allein zu sein mit ihrer angebornen Liebe, lauscht er im Verborgnen und schiebt an die Stelle der heiligen Kinderspiele nur Erinnerung an ehemalige Zwecke oder Aussichten auf künftige. Ja er weiß den hohlen kalten Täuschungen einen Anstrich von Farbe und eine flüchtige Hitze zu geben und will durch seine nachahmende Kunst der arglosen Fantasie ihr eigenstes Wesen rauben.

Aber die jugendliche Seele läßt sich durch die Arglist des Altklugen nicht betören, und immer sieht sie den Liebling spielen mit den schönen Bildern der schönen Welt. Willig läßt sie ihre Stirn umflechten von den Kränzen, die das Kind aus den Blüten des Lebens flicht, und willig läßt sie sich in wachen Schlummer sinken, Musik der Liebe träumend, und geheimnisvoll freundliche Götterstimmen vernehmend, wie die einzelnen Laute einer fernen Romanze.

Alte wohlbekannte Gefühle tönen aus der Tiefe der Vergangenheit und Zukunft. Leise nur berühren sie den lauschenden Geist und schnell verlieren sie sich wieder in den Hintergrund verstummter Musik und dunkler Liebe. Alles liebt und lebt, klaget und freut sich in schöner Verwirrung. Hier öffnen sich am rauschenden Fest die Lippen aller Fröhlichen zu allgemeinem Gesange; und hier verstummt das einsame Mädchen vor dem Freunde, dem sie sich vertrauen möchte und versagt den Kuß mit lächelndem Munde. Gedankenvoll streue ich Blumen auf das Grab des zu früh entschlafnen Sohnes, die ich bald voll Freude und voll Hoffnung der Braut des geliebten Bruders darreiche, während die hohe Priesterin mir winkt und mir die Hand reicht zu ernstem Bunde, bei dem ewig reinen Feuer ewige Reinheit und ewige Begeisterung zu geloben. Ich enteile dem Altar und der Priesterin um das Schwert zu ergreifen und mit der Schar der Helden in den Kampf zu stürzen, den ich bald vergesse, wo ich in tiefster Einsamkeit nur den Himmel und mich beschaue.

Welche Seele solche Träume schlummert, die träumt sie ewig fort, auch wenn sie erwacht ist. Sie fühlt sich umschlungen von den Blüten der Liebe, sie hütet sich wohl die losen Kränze zu zerreißen, sie gibt sich gern gefangen und weiht sich selbst der Fantasie und läßt sich gern beherrschen von dem Kinde, das alle Muttersorgen durch seine süßen Tändeleien lohnt.

Dann zieht sich ein frischer Hauch von Jugendblüte über das ganze Dasein und ein Heiligenschein von kindlicher Wonne. Der Mann vergöttert die Geliebte, die Mutter das Kind und alle den ewigen Menschen.

Nun versteht die Seele die Klage der Nachtigall und das Lächeln des Neugebornen, und was auf Blumen wie an Sternen sich in geheimer Bilderschrift bedeutsam offenbart, versteht sie; den heiligen Sinn des Lebens wie die schöne Sprache der Natur. Alle Dinge reden zu ihr und überall sieht sie den lieblichen Geist durch die zarte Hülle.

Auf diesem festlich geschmückten Boden wandelt sie den leichten Tanz des Lebens, schuldlos und nur besorgt dem Rhythmus der Geselligkeit und Freundschaft zu folgen und keine Harmonie der Liebe zu stören.

Dazwischen ew'ger Gesang, von dem sie nur dann und wann einzelne Worte vernimmt, welche noch höhere Wunder verraten lassen.

Immer schöner umgibt sie dieser Zauberkreis. Sie kann ihn nie verlassen und was sie bildet oder spricht, lautet wie eine wunderbare Romanze von den schönen Geheimnissen der kindlichen Götterwelt, begleitet von einer bezaubernden Musik der Gefühle und geschmückt mit den bedeutendsten Blüten des lieblichen Lebens.

Prolog

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Mit lächelnder Rührung überschaut und eröffnet Petrarca die Sammlung seiner ewigen Romanzen. Höflich und schmeichelnd redet der kluge Boccaz am Eingang und am Schluß seines reichen Buchs zu allen Damen. Und selbst der hohe Cervantes, auch als Greis und in der Agonie noch freundlich und voll von zartem Witz, bekleidet das bunte Schauspiel der lebensvollen Werke mit dem kostbaren Teppich einer Vorrede, die selbst schon ein schönes romantisches Gemälde ist.

Hebt eine herrliche Pflanze aus dem fruchtbaren mütterlichen Boden, und es wird sich manches liebevoll daran hängen, was nur einem Kargen überflüssig scheinen kann.

Aber was soll mein Geist seinem Sohne geben, der gleich ihm so arm an Poesie ist als reich an Liebe?

Nur ein Wort, ein Bild zum Abschiede: Nicht der königliche Adler allein darf das Gekrächz der Raben verachten; auch der Schwan ist stolz, und nimmt es nicht wahr. Ihn kümmert nichts, als daß der Glanz seiner weißen Fittiche rein bleibe. Er sinnt nur darauf, sich an den Schoß der Leda zu schmiegen, ohne ihn zu verletzen; und alles was sterblich ist an ihm, in Gesänge auszuhauchen.

Julius an Lucinde

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Die Menschen und was sie wollen und tun, erschienen mir, wenn ich mich daran erinnerte, wie aschgraue Figuren ohne Bewegung: aber in der heiligen Einsamkeit um mich her war alles Licht und Farbe und ein frischer warmer Hauch von Leben und Liebe wehte mich an und rauschte und regte sich in allen Zweigen des üppigen Hains. Ich schaute und ich genoß alles zugleich, das kräftige Grün, die weiße Blüte und die goldne Frucht. Und so sah ich auch mit dem Auge meines Geistes die Eine ewig und einzig Geliebte in vielen Gestalten, bald als kindliches Mädchen, bald als Frau in der vollen Blüte und Energie der Liebe und der Weiblichkeit, und dann als würdige Mutter mit dem ernsten Knaben im Arm. Ich atmete Frühling, klar sah ich die ewige Jugend um mich und lächelnd sagte ich: Wenn die Welt auch eben nicht die beste oder die nützlichste sein mag, so weiß ich doch, sie ist die schönste. In diesem Gefühle oder Gedanken hätte mich auch nichts stören können, weder allgemeine Zweifel noch eigne Furcht. Denn ich glaubte einen tiefen Blick in das Verborgene der Natur zu tun; ich fühlte, daß alles ewig lebe und daß der Tod auch freundlich sei und nur eine Täuschung. Doch dachte ich daran eigentlich nicht sehr, wenigstens zum Gliedern und Zergliedern der Begriffe war ich nicht sonderlich gestimmt. Aber gern und tief verlor ich mich in alle die Vermischungen und Verschlingungen von Freude und Schmerz, aus denen die Würze des Lebens und die Blüte der Empfindung hervorgeht, die geistige Wollust wie die sinnliche Seligkeit. Ein feines Feuer strömte durch meine Adern; was ich träumte, war nicht etwa bloß ein Kuß, die Umschließung deiner Arme, es war nicht bloß der Wunsch, den quälenden Stachel der Sehnsucht zu brechen und die süße Glut in Hingebung zu kühlen; nicht nach deinen Lippen allein sehnte ich mich, oder nach deinen Augen, oder nach deinem Leibe: sondern es war eine romantische Verwirrung von allen diesen Dingen, ein wundersames Gemisch von den verschiedensten Erinnerungen und Sehnsuchten. Alle Mysterien des weiblichen und des männlichen Mutwillens schienen mich zu umschweben, als mich Einsamen plötzlich deine wahre Gegenwart und der Schimmer der blühenden Freude auf deinem Gesichte vollends entzündete. Witz und Entzücken begannen nun ihren Wechsel und waren der gemeinsame Puls unsers vereinten Lebens; wir umarmten uns mit eben so viel Ausgelassenheit als Religion. Ich bat sehr, du möchtest dich doch einmal der Wut ganz hingeben, und ich flehte dich an, du möchtest unersättlich sein. Dennoch lauschte ich mit kühler Besonnenheit auf jeden leisen Zug der Freude, damit mir auch nicht einer entschlüpfe und eine Lücke in der Harmonie bleibe. Ich genoß nicht bloß, sondern ich fühlte und genoß auch den Genuß.