Der Autor:

Dr. Günter Janska

Der gelernte Maschinenbauingenieur und Jurist lebt in Wien. Nach seinen Lehrjahren in der Architektenkammer war er die restliche Zeit seit 1989 bis 2016 im Immobilienbereich als Versicherungsmakler, Hausverwalter, Bauträger, Asset Manager und Mediator tätig. Er hat unter anderem selbständig und als Mitarbeiter für die ÖRAG, die RustlerGruppe und für Immobilienunternehmen von Karl Wlaschek gearbeitet.

Ing. Dr. Günter Janska

Mords Verwalter

Wien - Gschichtln, (Essen)Tipps und (Immobilien)Tricks

© 2016 Erstauflage
Dr. Günter Janska
ist Rechteinhaber, Autor und Herausgeber
Verlag: tredition GmbH, Hamburg

Paperback

(ISBN: 978-3-99049-344-1)

Hardcover

(ISBN: 978-3-99049-932-0)

e-Book

(ISBN: 978-3-99049-933-7)

Das Werk, einschließlich seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung ist ohne Zustimmung des Verlages und des Autors unzulässig. Dies gilt insbesondere für die elektronische oder sonstige Vervielfältigung, Übersetzung, Verbreitung und öffentliche Zugänglichmachung.

Inhaltsverzeichnis

Wieder ein neues Projekt:

Die DJ Immobilienbetreuungs GmbH und ihr Büro

Herr Josef und der andere Mieter

Naemi

Mittagstisch am Würstelstand

Objekt Morizgasse

Das Projekt Morizgasse

Hausbegehung Morizgasse

Haubenkoch und Mords Verwalter

Dirty work starts

13A

Amstetten/Linz

Nur dirty

Tagesgeschäft I

Naemi’s Abendlokation

Frau Andaschitz

Tagesgeschäft II

Omas Erbe

Tagesgeschäft III

Heute und morgen

Grüße aus Corumba

Vorwort:

Vieles in diesem Buch ist selbst erlebt, manchmal etwas gekürzt, manchmal schamlos phantasiert.

Sollte das, was in diesem Buch geschrieben wurde, nicht der Wahrheit entsprechen, dann kann man zumindest nicht sicher sein, ob es gut erfunden ist oder nicht vielleicht doch passieren könnte.

Wieder ein neues Projekt:

Mein Handy klingelt. Das Bild mit dem zugehörigen Namen „Dr. Martin I. Gruber“ erscheint auf dem Display des Smartphone.

Ich nehme den Anruf entgegen. „Hallo, Doc, was kann ich für Sie tun?“

„Hallo DJ [dii tsche i], es gibt wieder ein neues Projekt; haben Sie morgen Zeit?“

„Ist drei Uhr o.k?“

„Wie lange?“

„Stunde reicht aus“

„Wo?“

„Bei Ihnen“

„O.k., bis morgen dann, 15:00 Uhr im Fünften“

„Man sieht sich“.

Keine Förmlichkeiten, Tratsch oder Smalltalk am Telefon; einen Plausch gibt’s nur VOR einem vereinbarten Besprechungstermin. Die fachliche Besprechung selbst wird pünktlich beginnen und spätestens nach einer Stunde enden. Unstrukturierte Dauerplauderer sollten besser zu einem Psychiater, einem Friseur oder in eine Bar gehen, wenn sie jemand zum Reden brauchen und nicht zu einem Immobilienspezialisten.

Die DJ Immobilienbetreuungs GmbH und ihr Büro

Herr Doktor Gruber ist der beste Kunde der DJ Immobilienbetreuungs GmbH. Ich bin sein Key Account Manager.

Das Firmenbuch verzeichnet den Unternehmenssitz der DJ Immobilien in der Castelligasse, im 5. Wiener Gemeindebezirk, in Margareten. Laut der Werbeankündigung im WEB sind an dieser Adresse „der Dienstleistungsverbund“, „die kreativen Kräfte“, „der juristische Background“ und auch „die nichtoperativen Dienstleistungsbereiche“ gebündelt.

Ich, Dr. Julius Hollerbeck, 45 Jahre, Jurist, gelernter Asset Manager, Hausverwalter und Bauträger bin das alles in Personalunion.

Als geschäftsführender Gesellschafter bin ich nicht nur Grubers Gebäudeverwalter sondern sein persönlicher Betreuer in allen denkbaren Immobilienangelegenheiten, für deren Erledigung ich quasi eine Blanko-Ermächtigung habe.

Die DJ Immobilien ist eine Einmann-GmbH und das Büro besteht aus dem exklusiv genutzten Arbeitszimmer in meiner Altbau-Mietwohnung, direkt neben meinem Schlafzimmer.

Ja, und als Besprechungszimmer kann ich das Wohnzimmer mitbenutzen.

Der Weg von zu Hause ins Büro ist also kurz und bequem. Wer kann schon heutzutage barfuß ins Büro gehen oder zwischendurch zu Hause zu Mittag essen oder eine kurze Nachdenkpause im Schlafzimmer einlegen?

Meine Büro-Wohnung befindet sich in einem der letzten noch nicht abgerissenen Fuhrwerkerhäuser dieser Gegend. Dieses schon in die Jahre gekommene einstöckige L-förmige Gebäude duckt sich eingezwängt zwischen die in den letzten 50 Jahren neu errichteten mehr als doppelt so hohen Gemeindebauten und Mietwohnhäuser. An der Längsseite gibt es eine Reihe von kleinen Fenstern und ein Geschäftsportal mit einer nachträglich eingebauten breiten Schiebetür. An der Schmalseite ist ein großzügiges, zweiflügeliges, massives Holztor, welches früher als Einfahrtstüre für die Fiaker-Gespanne gedient hat.

Wenn Sie durch die Geh-Türe treten, die in den rechten Torflügel eingelassen ist, kommen Sie zuerst in die Einfahrt und anschließend in einen gepflasterten Innenhof, wo Sie linker Hand die ehemaligen Stallungen und die Garagen für die Fiaker sehen, dicht umwuchert vom Efeu, der großflächig die Feuermauer des Nachbarhauses bis zum vierten Stock begrünt. Für mich gibt es eine schöne Aussicht auf die darin wohnenden Vögel und im Sommer ein angenehmes Klima. Ob es für das Nachbarhaus und die Umwelt gut ist, da scheiden sich die Geister: „Fassaden zerfressend“ versus „Begrünte Fassaden kühlen die Städte“.

Natürlich gibt es heute keine Pferde und Kutschen mehr.

Der Eigentümer des Hauses, Herr Blaha, hat hier seine zwei letzten, für ihn unverkäuflichen Oldtimer eingestellt, an denen er den Sommer über regelmäßig herumschraubt. Auf den schwarzen 1951er Opel Kapitän mit 6 Zylindern und einer Leistung von 58PS (jetzt wahrscheinlich nicht mehr) ist er besonders stolz, da das Fahrzeug auch noch die Original Sonnenblende über der Frontscheibe und Schirme über den Scheinwerfergläsern hat. Wertvoller, aber von ihm nicht so innig geliebt ist der gelbe Opel Kapitän P 2,6 aus den 60er-Jahren, die zweitürige coupé-Variante, angeblich aus Darmstadt.

Die beiden Fahrzeuge werden von ihm mit Wechselkennzeichen ein paar Mal im Jahr, aber nur bei Schönwetter, „Gassi geführt“, wie er so sagt. Die restlichen Stallungen vermitteln einen morbiden Eindruck, könnten aber mit geringem Aufwand wieder als Garagen- und Abstellplätze genutzt werden. Herr Blaha hat nach dem Krieg das Haus samt der straßenseitigen Auto-Reparaturwerkstätte von seinem Onkel übernommen und später, nachdem der Betrieb so gut wie zahlungsunfähig war, im wahrsten Sinne des Wortes umgesattelt. Er hat sich darauf spezialisiert, als Autosattler auf Bestellung die exklusivsten Autositze in Wien anzufertigen. Daneben war er in der Oldtimer-Szene DER Geheimtipp für die liebevolle Aufbesserung alter Lackierungen. Jetzt ist er schon mehr als zehn Jahre in Pension und durch die mittlerweile blind gewordenen Fenster der Werkstätte sind die alten Maschinen kaum mehr zu erkennen.

Sie würden bei einem Besuch erstaunt sein; der Zugang zu meiner Wohnung und damit auch zu meinem Büro im ersten Stock führt über eine schmiedeeiserne, überdachte, hofseitige Außenstiege mit Laubengang. Damit sich kein Neukunde verirrt, habe ich sicherheitshalber auf dem Firmenschild am Pfeiler neben dem Straßen-Eingang die Wegbeschreibung angegeben: „Durchgang zum Hof, Stiege rechts im 1.Stock, Top 5“. Das ist aber nur zur Sicherheit, denn eigentlich kann man mein Büro kaum verfehlen; es gibt nur mehr zwei Hausparteien. Die restlichen drei Wohnungen - und die Werkstätte sowieso - stehen leer, vorbereitet für den Abbruch und den Neubau von frei finanzierten Eigentumswohnungen. Eine Schande eigentlich, so ein nostalgisches Objekt abreißen zu wollen. Ich verstehe es ja, Herr Blaha muss aktuell Monat für Monat unsere dürftigen Mieten nehmen und etwas von seiner Pension zuschießen, um die Leerstandskosten bezahlen zu können. Wenn er das leere Objekt verkaufen könnte, würde er zuerst einen Haufen Geld bekommen und außerdem würde ihm der Bauträger von dem anschließend hingestellten frei finanzierten, hässlichen Bauklotz, der die gesamte mögliche Kubatur mit ein paar zusätzlichen Ausnahmen ausnutzt, auch noch eine Wohnung zukommen lassen. Diese eine Neubauwohnung könnte er dann wirklich mit Gewinn vermieten.

Mich fragt ja niemand, aber ich verstehe nicht, warum Herr Blaha die drei an sich brauchbaren Wohnungen nicht bis zum Leerwerden der letzten beiden Wohnungen prekaristisch an ein gemeinnütziges Unternehmen zur Nutzung überläßt oder die Wohnungen auf drei Jahre befristet vermietet oder sich nach Einführung des „Parkpickerls“ mit der Vermietung von Stellplätzen die Pension aufbessert.

Das Prekarium gemäß § 974 ABGB stellt eine Sonderform der Leihe dar, bei dem der Verleiher dem Gebrauchsberechtigten ein unentgeltliches Recht zur Nutzung der Wohnung einräumt, das keinen Rechtsanspruch begründet und daher jederzeit frei widerrufen werden kann.

Es darf jedenfalls keine Mietzins, dafür aber der Ersatz der für das überlassene Objekt anfallenden Betriebskosten vereinbart werden.

Schließlich gibt es für den geplanten Abbruch noch zwei nicht zu vernachlässigende Hindernisse.

Herr Josef und der andere Mieter

Das erste der beiden Hindernisse, der erste der beiden Mieter im Haus, wohnt auf Top 4. Das ist mein Nachbar, Herr Josef, „Joschi“ Flechl. Er hat kürzlich gesagt, man müsse ihn schon umbringen. Freiwillig, auch nicht um viel Geld ziehe er hier nicht mehr aus. Aber bei Herrn Flechl, ich sage lieber „Herr Josef“, schließlich war er bis vor zwanzig Jahren Zahlkellner in einem Innenstadt-Kaffeehaus, ist das Freiwerden der Wohnung nur eine Frage der Zeit. Er ist ja bereits 87 und hat niemanden, der nach seinem Tod in die Mietrechte der Wohnung eintreten könnte.

Der Jackpot für Herrn Blaha und seine Erben scheint sohin absehbar. Jackpot heißt: Freiwerden des Objekts ohne Zahlung von Ausmietkosten.

Mich fragt ja niemand, aber der Jackpot könnte sich rasch auf eine wunzigliche Hauptmietzinserhöhung reduzieren. Herr Josef könnte nämlich im Sinne des Paragraph 13 Mietrechtsgesetz irgendwo in Wien eine vierköpfige Familie in einer kleinen Wohnung suchen und aus wichtigen, besonders sozialen, gesundheitlichen oder beruflichen Gründen - und natürlich aus finanziellen Gründen - die Wohnung mit dieser Familie tauschen. Die Familie erhielte eine traumhaft schöne, große, leistbare Wohnung mit einem Kategorie-Mietzins und Herr Josef müsste nur mehr eine kleinere Wohnung reinigen, vielleicht mit einem Lift - und hätte ein zusätzliches Taschengeld übrig.