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  Timo Roller– DAS RÄTSEL DER ARCHE NOAH | Expedition zu den Bergen von Ararat– SCM R.Brockhaus

Und im siebten Monat, am siebzehnten Tag des Monats,

ließ sich die Arche auf den Bergen von Ararat nieder.

Bibel, 1. Mose 8,4

Der Berg Nisir erfasste das Schiff und ließ es nicht wanken.

Gilgamesch-Epos, Tafel XI

Das Wasser nahm ab und die Angelegenheit war entschieden.

Und das Schiff saß auf dem Berg Cudi auf.

Koran, Sure 11,44

SCM | Stiftung Christliche Medien

ISBN 978-3-417-22723-9 (E-Book)
ISBN 978-3-417-26588-0 (lieferbare Buchausgabe)

Datenkonvertierung E-Book:
CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

© 2014 SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG
Bodenborn 43 · 58452 Witten
Internet: www.scmedien.de | E-Mail: info@scm-brockhaus.de

Soweit nicht anders angegeben, sind die Bibelverse folgender Ausgabe entnommen:
Elberfelder Bibel 2006, © 2006 by SCM R.Brockhaus im SCM-Verlag GmbH & Co. KG, Witten

Umschlaggestaltung und Satz: Timo Roller | www.morija.de
Titelbild: Hans Thoma, 1983
Druck und Bindung: CPI – Ebner & Spiegel, Ulm

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Teil I: Eine einzigartige Expedition

1. Wendepunkt einer Forschungsreise

2. Noah und die Sintflut: Glaube im Grenzbereich

3. »Bible Earth« und der Beginn einer merkwürdigen Expedition

4. Auf Arche-Expedition in Deutschland

5. Auf der Suche nach Antworten

6. Arche Noah gefunden!

Teil II: Die Suche nach der Arche

7. Die Besteigung des Ararat und erste Sichtungen der Arche

8. Sensationen über Sensationen

9. Die große Enttäuschung

Teil III: Spuren in der Geschichte

10. Gab es eine weltweite Flut?

11. Hat Noah wirklich gelebt?

12. Ein ungewöhnliches Schiff

Teil IV: Wo strandete die Arche?

13. »Mancherley Meinungen« – eine vergessene Diskussion

14. Hat der Koran recht?

15. Jakob und die Heiligen

16. Die Bedeutung Sanheribs

17. Cudi Dagh – der Landeplatz der Arche

Teil V: Abenteurer am Berg Cudi

18. Die Forscher der Gegenwart

19. Johannes Lepsius: Schutzengel der Armenier

20. Die Erfinderin des Irak: Gertrude Bell

21. Der Geologe Friedrich Bender findet »Überreste« der Arche

22. Im VW-Bus von Landshut nach Anatolien

23. Einheimische Besteigungen des Gipfels

24. Forschung aus der Ferne

Teil VI: Rekonstruktion der Ereignisse

25. Aus Geschichte wurde Mythos

26. Wie Urartu zu Armenien wurde

27. Christentum und Islam

28. Das verlorene Fest zu Ehren Noahs

29. Die Geografie des Gipfels

Teil VII: Die Quellen der Tiefe

30. Verkünden Felsen die Wahrheit?

31. Friedrich Benders Rätsel

32. Die Rolle des Arche-Landeplatzes

33. Überreste der Arche und ein vorläufiges Fazit

Anhang

1. Die Suche nach Eden

2. Die Arche und die Saurier

3. Benders unveröffentlichter Artikel

4. Reisetagebuch Sirnak 2013

5. Die Noah-Geschichte im Koran

6. Die Noah-Geschichte im Gilgamesch-Epos

7. Die Noah-Geschichte bei Flavius Josephus

8. Die Noah-Geschichte im 1. Buch Mose

9. Noah im Neuen Testament

10. Literatur- und Bildnachweis, Stichwortverzeichnis

Vorwort

von Prof. Dr. John Baumgardner

Der biblische Bericht von Noah, der Arche und der Sintflut ist viel mehr als eine reizende Geschichte, die wir schon als Kinder hörten. Dieser Bericht steht im Mittelpunkt dessen, was die Bibel über die tatsächliche und reale Geschichte der Welt lehrt. Die Wirklichkeit der Sintflut ist auch ein entscheidender Punkt eines spirituellen Krieges, der heutzutage über diese Erde tobt. Es ist dies der Mittelpunkt der Auseinandersetzung zwischen einer weltlichen Philosophie, die darauf beharrt, dass Gott nur in der menschlichen Vorstellungskraft existiert, und einem in der Bibel begründeten Weltbild, das die historischen Beweise akzeptiert, dass Gott wirklich existiert.

Warum ist die Flut so entscheidend? Weil gerade die Flut dabei hilft, die Vergangenheit anhand der Gesteine der Erde korrekt zu entschlüsseln. Die Sintflut ist der Schlüssel zur Erkenntnis, dass die fossilhaltigen Sedimentschichten nicht das Ergebnis eines langsamen Prozesses sind, der sich über hunderte von Millionen Jahren abgespielt hat, sondern viel eher die Folge eines globalen Katastrophismus, der die Oberfläche der Erde während einer drastisch kürzeren Zeitspanne umgestaltet hat.1 Die Realität der Sintflut widerlegt die säkulare Sichtweise, dass die Fossilien eine langsame Entwicklung der Lebensformen dokumentieren. Sie wischt die Möglichkeit vom Tisch, Leben sei das Produkt eines evolutionären Prozesses. Und sie untergräbt tiefgreifend den Glauben der Säkularisten, sie könnten die Wirklichkeit ohne Gott erklären.

Obwohl eigentlich die Gesteine an sich überzeugend genug die historische Realität enormer Katastrophen belegen, wäre die Entdeckung tatsächlicher Überreste der Arche Noah für die meisten Menschen der eindeutigste Beweis, dass die biblische Sintflut wirklich stattgefunden hat. Weil sie diese Bedeutung erkannten, haben viele sich im letzten Jahrhundert aufgemacht, die letzte Ruhestätte der Arche zu entdecken. Das vorliegende Buch erzählt von der Geschichte dieser Expeditionen. Es erklärt, warum das als »Cudi Dagh« bekannte Gebirge im Südosten der Türkei in den vergangenen Jahrhunderten weitgehend von ernsthaften Erkundungen ausgenommen war und warum es nun in den Brennpunkt des Interesses gerückt ist.

Bei mir selbst wurde das Interesse an den Fragestellungen zur Sintflut im Jahr 1975 geweckt durch die Teilnahme an einem Wochenendseminar, das sich den geologischen und paläontologischen Hinweisen für eine globale Flut widmete. In der Folge davon wurde mir die zentrale Bedeutung der Flut in Bezug auf die Wahrhaftigkeit und Zuverlässigkeit der Bibel so sehr bewusst, dass ich in Geophysik promovierte, um in der Lage zu sein, die geophysikalischen Aspekte der Flut auf professionellem Niveau zu untersuchen. Mein Forschungsschwerpunkt im Anschluss an das Studium hat sich auf die großflächigen tektonischen Auswirkungen von Hochwasserkatastrophen konzentriert. Doch zusätzlich zu meinem Interesse für das Verständnis der physikalischen Prozesse, die im Inneren und an der Oberfläche der Erde in kurzer Zeit schwerwiegende Umwälzungen verursachen konnten, verspürte ich auch den Drang, mich mit der Suche nach den Überresten der Arche zu beschäftigen – vor allem aufgrund der Aussagen von Historikern wie Josephus, der im 1. Jahrhundert bezeugte, dass die Reste der Arche zu jener Zeit noch existierten.

Obwohl sich die meisten Bemühungen, im 20. Jahrhundert die Überreste der Arche zu finden, auf den Berg Ararat im Nordosten der Türkei konzentrierten, war ich bereits 1980 aus geologischen Erwägungen heraus davon überzeugt, dass dieser Berg nicht der richtige Landeort gewesen sein konnte. Meine Schlussfolgerung war: Wenn fossilhaltige Sedimente von der Sintflut zeugen, dann hätte die Eiszeit erst eine gewisse Zeit nach der Flut begonnen. Der Ararat als vulkanischer Berg, der aus geologischer Sicht nach dem Beginn der Eiszeit entstand, konnte so unmöglich der Landeplatz der Arche Noah sein.

Es war etwa um diese Zeit, als ich zum ersten Mal von der Durupinar-Fundstelle hörte: eine bootförmige Formation von 150 Metern Länge, die etwa 25 Kilometer südlich des Berges Ararat auf Militärluftaufnahmen aus den späten 1950er-Jahren identifiziert wurde. Geologisch war sie aus fossilhaltigem Sedimentgestein aufgebaut und nicht aus relativ jungem Vulkangestein. In den späten 1980er-Jahren hatte ich die Gelegenheit, zusammen mit einem türkischen Geologen die Stätte eingehend zu untersuchen. Mit geophysikalischen Methoden und Kernbohrungen konnten wir den Untergrund analysieren und Gesteinsproben gewinnen. Meine eindeutige Schlussfolgerung aus diesen Untersuchungen war, dass diese Formation lediglich eine natürliche geologische Besonderheit ist, entstanden durch eine Schlammlawine, die um ein erhöhtes Hindernis geflossen war und so diese mandelähnliche Form erzeugt hat. Obwohl ich zunächst die Hoffnung hatte, hier könnte die letzte Ruhestätte der Arche sein, haben wir nach den Ergebnissen der von uns durchgeführten Analysen diese Möglichkeit verworfen. Daher war die Untersuchung trotzdem wertvoll, denn nun kann Durupinar mit Sicherheit von weiteren Überlegungen ausgeschlossen werden.

Zu jener Zeit wurde ich durch meine Freundschaft mit Bill Crouse auf den Berg Cudi aufmerksam, der sich 300 Kilometer weiter südlich befindet und sich als ernsthafter Kandidat für den Landeplatz der Arche herausstellte. Bill, der in Texas lebt, wies mich auf die Berichte von Gertrude Bell und Friedrich Bender hin, die den Berg besucht hatten. Er zeigte mir auch die Schriften früher Kirchenväter, die offenbar auf diesen Berg deuten. Daher bin ich etwa seit 1990 persönlich überzeugt, dass der Berg Cudi die wahrscheinlichste Stelle ist. Leider hat der anhaltende Konflikt zwischen PKK und dem türkischen Militär den Zugang in diese Region bis vor Kurzem extrem schwierig gemacht.

Nun haben sich in jüngster Zeit verblüffende Entwicklungen ergeben. Im Jahr 2008 wurde in der Stadt Sirnak, nur etwa 15 Kilometer vom Berg Cudi entfernt, eine neue Universität gegründet. 2013 hat diese Universität zu einem internationalen Symposium über Noah und den Berg Cudi eingeladen, das dann im September stattfand. Ein historischer Waffenstillstand wurde im März 2013 zwischen dem inhaftierten PKK-Führer Abdullah Öcalan und der türkischen Regierung erreicht. Fast sofort hörte die Gewalt in den kurdischen Regionen im Osten der Türkei auf und zum ersten Mal seit fast 35 Jahren konnten Hirten ihre Herden wieder an den Hängen des Berges Cudi weiden. Während des Symposiums erklärte der Direktor der Universität Sirnak, man wolle sorgfältige Untersuchungen der archäologischen Stätten in naher Zukunft anstreben.

Auf dem internationalen Symposium in Sirnak traf ich Timo. Sein Buch dokumentiert die spannende Suche nach den Überresten der Arche und enthält Zeugnisse von Menschen, die Teil dieser Forschung waren. Seine Untersuchung der Koordinaten und Blickwinkel vieler alter Fotografien mithilfe von Google Earth stellt einen wichtigen Beitrag in diesem Stadium der sich nun entfaltenden Geschichte dar. Ich glaube, Sie werden die Lektüre dieses Buches informativ und inspirierend finden.

Wird das Rätsel der Arche Noah bald gelöst werden können? Angesichts der jüngsten Entwicklungen scheint dies nun tatsächlich in den Bereich des Möglichen zu rücken.

John Baumgardner

San Diego, Kalifornien

Dezember 2013

Teil I: Eine einzigartige Expedition

1. Wendepunkt einer Forschungsreise

Der Landeplatz der Arche Noah lag 17 Kilometer von mir entfernt, als ich am frühen Morgen des 29. September 2013 aus dem Fenster meines Hotelzimmers blickte. Die Gebirgskette der Cudi-Gipfel war in das warme Licht der aufgehenden Sonne getaucht und dieser Anblick ließ mir unwillkürlich Tränen in die Augen steigen. Ich war ergriffen: Heute sollte der große Tag sein.

Die Cudi-Berge am frühen Morgen des 29. September 2013

Die Cudi-Berge am frühen Morgen des 29. September 2013

Das »Noah- und Berg-Cudi-Symposium« war tags zuvor sehr hoffnungsvoll zu Ende gegangen: Von »großen Anstrengungen« war die Rede, die man unternehmen wolle, um archäologische Ausgrabungen dort oben zu ermöglichen.

Als einziger Deutscher war ich bei dieser wissenschaftlichen Konferenz der Universität Sirnak anwesend, zusammen mit einigen Amerikanern, mit denen ich teilweise schon längere Zeit in Verbindung stand. Das Symposium widmete sich unter anderem der Frage, ob der »Al Dschudi«, der traditionelle Arche-Berg der muslimischen Tradition, mehr sein konnte als nur die weithin unbekannte Alternative zum riesigen Vulkankegel »Ararat« ungefähr 300 Kilometer weiter nördlich.

Bill Crouse, einer der Amerikaner, und ich teilten schon seit Längerem unsere Forschungsergebnisse, da es auch aus biblischer Sicht gute Gründe dafür gibt, dass dieser Berg Cudi zu den »Bergen von Ararat« gehört, von denen im ersten Buch Mose in der Mehrzahl gesprochen wird.

Daher waren neben türkischen Wissenschaftlern, muslimischen Gelehrten und namhaften Altertumsforschern auch wir als Vertreter des Christentums dabei, um unsere Argumente und Forschungsergebnisse vorzutragen, und ernteten reichlich Anerkennung dafür. Bill Crouse, dessen Vortrag die Argumente gegen den als »Ararat« bekannten Agri Dagh und für den Cudi Dagh als Arche-Berg zum Thema hatte, durfte im Eröffnungsprogramm sprechen. Er wurde anschließend von Fernsehsendern interviewt und in den Medien zitiert. Wir genossen daher eine gewisse Aufmerksamkeit und waren guter Dinge, dass es uns wie geplant während unserer Reise gelingen würde, den Gipfel des Cudi-Berges zu erreichen und die dortigen Ruinen und Bau-Strukturen mit eigenen Augen unter die Lupe zu nehmen.

Schon im Vorfeld hatten wir verschiedene Kontakte aktiviert, um zu den historischen Stätten am Fuße des Berges und auf den Gipfel selber zu gelangen. Zusätzlich war als Abschluss des Symposiums ein offizielles Ausflugsprogramm der Universität geplant, in dessen Rahmen uns ein Hubschrauberflug zum Gipfel in Aussicht gestellt wurde. Noch am Samstagabend – der 29. September war ein Sonntag – hatte es geheißen: Wenn der Armeeverantwortliche seine finale Zustimmung gibt, fliegen wir – falls nicht, würden wir mit Autos und zu Fuß dem Gipfel entgegenstreben.

Alles war vorbereitet, Kamera, GPS-Empfänger und sogar eine kleine Schaufel gepackt, Wanderstiefel geschnürt und nach besagtem Blick aus dem Fenster ging es um 6.30 Uhr zum Frühstück.

Dort kam der Organisator und Dolmetscher Mehmet zu uns mit »bad news«: Es würde nichts werden mit dem Hubschrauber, auch die Tour mit den Autos sei nicht möglich, man könne keine Verantwortung für uns Ausländer übernehmen. Es sei uns aber freigestellt, auf eigene Faust unser Glück zu versuchen.

Wir versuchten umgehend, unsere einheimischen Freunde zu erreichen und parallel dazu, an Mietwagen oder freiwillige Fahrer heranzukommen.

Manche der Freunde waren nicht erreichbar, einer von ihnen sprach dann von Polizei, die heute unterwegs sei. Auch ich hatte heute Morgen gepanzerte Fahrzeuge auf der Straße unterhalb des Hotels gesehen, jedoch nicht zum ersten Mal. Sicherheitsleute in Zivil waren ins Hotel gekommen und schrieben unsere Namen auf. Ein amerikanischer Archäologe, der in der Türkei arbeitet und zu unserem Team gehörte, telefonierte herum. Schließlich kam er zu uns, die wir in einer Sitzgruppe in der Lobby warteten. Erneut »bad news«: Es sei nichts möglich heute – und morgen auch nicht.

Vergeblich wartete ich mit Bill Crouse (links), Rex Geissler und den anderen in der Lobby des Hotels in Sirnak.

Vergeblich wartete ich mit Bill Crouse (links), Rex Geissler und den anderen in der Lobby des Hotels in Sirnak.

Wir hatten weitere Ausflüge geplant, unter anderem in das historische Dorf Sah, von dem wir erst gestern während eines Vortrags sehr beeindruckende Bilder gesehen hatten. War nun alles in Frage gestellt?

Irgendetwas war vorgefallen, soviel war klar. Eine kurze Internetrecherche ergab, dass ein kurdisches Festival am Cudi-Berg stattfand. Als wir einen der Sicherheitsleute darauf ansprachen, gab er zu: »Ihr habt recht.« Klare Worte und transparente Auskünfte entsprechen in diesem Teil der Welt nicht gerade der üblichen Mentalität.

So begannen unsere Überlegungen, was wir jetzt machen sollten. Immerhin waren wir noch für weitere drei Tage hier, der internationale Heimflug ließ sich nicht vorverlegen. Uns wurde vorgeschlagen, nach Istanbul zu reisen oder nach Diyarbakir, wo der Rückflug der Amerikaner am kommenden Mittwoch starten würde. Da die Gegend um Sirnak außer den Cudi-Bergen keine besonderen Sehenswürdigkeiten zu bieten hat und auch Istanbul und die Kurdenstadt Diyarbakir uns nicht besonders reizten, war mein Vorschlag, am nächsten Tag mit dem Bus nach Urfa zu fahren. Dort könnten wir die verbleibenden Tage auf den Spuren Abrahams und der frühen Menschheitsgeschichte verbringen und unter anderem die berühmte archäologische Fundstätte Göbekli Tepe besuchen. Den Sonntag wollten wir noch dazu nutzen, den eindrucksvollen Kasrik-Canyon zu untersuchen, der die Cudi-Kette von den Nachbarbergen trennt. Diese Idee unterbreiteten wir unserem Organisator Mehmet und er buchte unsere Inlandflüge am Abreisetag um für die Strecke von Urfa nach Istanbul.

Dann schlug man uns plötzlich – nachdrücklich! – vor, dass man uns ein Auto bestellen würde, das uns nach Urfa brächte: In einer Stunde sollte es losgehen! Wir packten eilig die Koffer, verabschiedeten uns von den Verantwortlichen der Universität und beluden das Fahrzeug. Es war recht eng mit dem ganzen Gepäck und fünf Personen.

Bill Crouse, Gordon Franz, John Baumgardner und ich wurden dann fast nonstop nach Urfa gefahren – eine sehr trostlose Strecke von 370 Kilometern. Der Fahrer, der kein Englisch sprach, telefonierte des Öfteren mit seinen beiden Handys – vermutlich, um irgendwen über unsere Abreise auf dem Laufenden zu halten. Immerhin konnten wir ihn noch dazu veranlassen, unterwegs in Nusaybin zu halten, dem antiken Nisibis. Dort besuchten wir die Kirche des heiligen Jakob aus dem vierten Jahrhundert, eines Geistlichen, der im Zusammenhang mit der Arche eine entscheidende Rolle spielt.1

Innerhalb von wenigen Stunden war also aus einer Reise mit vielversprechendem Symposium und der berechtigten Hoffnung auf den Besuch der wichtigen Stätten ein Unternehmen geworden, das den offenbar wieder aufkeimenden politischen Problemen zwischen dem türkischen Militär und der kurdischen PKK zum Opfer gefallen war.

Wie sich herausstellte, war das kurdische »Festival«, das am Berg stattfand, eine Art Demonstration. Zunächst war die Versammlung türkischen Medien zufolge als Umweltschutzaktion gegen ein neues Kraftwerk und einen Staudamm ausgegeben worden – es gab dann aber auch recht deutliche Proklamationen für die Befreiung des seit 1999 inhaftierten PKK-Führers Abdullah Öcalan und für die Unabhängigkeit der Kurden. Trotz Sperrung aller Zufahrtswege durch das Militär trafen sich mehr als tausend Demonstranten. Für uns Forscher aus dem Ausland hatte dies zur Folge, dass unsere Anwesenheit in Sirnak nicht länger erwünscht war, da man »keine Verantwortung für unsere Sicherheit« gewährleisten konnte.

Immerhin waren die Tage in Urfa, Harran und Göbekli Tepe im Hinblick auf die Geschichte der Bibel sehr ergiebig, wenn es auch nur noch eine Studienreise war und keine Entdeckungsreise auf der Suche nach der Arche Noah.

Unterwegs in Richtung Urfa

Unterwegs in Richtung Urfa

2. Noah und die Sintflut:
Glaube im Grenzbereich

»Und der Herr sprach zu Noah: Geh in die Arche, du und dein ganzes Haus; denn dich habe ich gerecht vor mir erfunden in dieser Generation. Von allem reinen Vieh sollst du je sieben zu dir nehmen, ein Männchen und sein Weibchen; und von dem Vieh, das nicht rein ist, je zwei, ein Männchen und sein Weibchen; auch von den Vögeln des Himmels je sieben, ein Männliches und ein Weibliches: um Nachwuchs am Leben zu erhalten auf der Fläche der ganzen Erde! Denn noch sieben Tage, dann lasse ich auf die Erde regnen vierzig Tage und vierzig Nächte lang und lösche von der Fläche des Erdbodens alles Bestehende aus, das ich gemacht habe. – Und Noah tat nach allem, was der Herr ihm geboten hatte. Und Noah war 600 Jahre alt, als die Flut kam, Wasser über die Erde. Und Noah und seine Söhne und seine Frau und die Frauen seiner Söhne gingen mit ihm vor dem Wasser der Flut in die Arche. Von dem reinen Vieh und von dem Vieh, das nicht rein ist, und von den Vögeln und von allem, was auf dem Erdboden kriecht, kamen je zwei zu Noah in die Arche, ein Männliches und ein Weibliches, wie Gott dem Noah geboten hatte. Und es geschah nach sieben Tagen, da kam das Wasser der Flut über die Erde. Im 600. Lebensjahr Noahs, im zweiten Monat, am siebzehnten Tag des Monats, an diesem Tag brachen alle Quellen der großen Tiefe auf, und die Fenster des Himmels öffneten sich. Und der Regen fiel auf die Erde vierzig Tage und vierzig Nächte lang. An ebendiesem Tag gingen Noah und Sem und Ham und Jafet, die Söhne Noahs, und die Frau Noahs und die drei Frauen seiner Söhne mit ihnen in die Arche, sie und alle Tiere nach ihrer Art und alles Vieh nach seiner Art und alle kriechenden Tiere, die auf der Erde kriechen, nach ihrer Art und alle Vögel nach ihrer Art, jeder Vogel jeglichen Gefieders. Und sie gingen zu Noah in die Arche, je zwei und zwei von allem Fleisch, in dem Lebensodem war. Und die, die hineingingen, waren je ein Männliches und ein Weibliches von allem Fleisch, wie Gott ihm geboten hatte. Und der HERR schloss hinter ihm zu. Und die Flut kam vierzig Tage lang über die Erde. Und das Wasser wuchs und hob die Arche empor, sodass sie sich über die Erde erhob. Und das Wasser schwoll an und wuchs gewaltig auf der Erde; und die Arche fuhr auf der Fläche des Wassers. Und das Wasser schwoll sehr, sehr an auf der Erde, sodass alle hohen Berge, die unter dem ganzen Himmel sind, bedeckt wurden.« (1. Mose 7,1-19)2

In kurzen, klaren Sätzen beschreibt die Bibel die Sintflut und die Rettung Noahs, seiner Familie und der Tiere durch Gottes Gnade. Die meisten Menschen des 21. Jahrhunderts können damit nur noch wenig anfangen und halten die Geschichte für ein nettes Märchen. Auch viele Christen halten den Sintflutbericht und die ersten Kapitel der Genesis insgesamt für Mythen aus grauer Vorzeit.

Haben die biblischen Hauptpersonen wirklich gelebt? Selbst an der wirklichen Existenz von König David zweifeln heute bibelkritische Archäologen. Doch ein glaubwürdiger geschichtlicher Hintergrund der biblischen Berichte ist mindestens zurück bis Mose rekonstruierbar. Auch das biblisch überlieferte kulturelle und sprachliche Umfeld der Abraham-Geschichten stimmt mit der Wirklichkeit überein. So wurden Hinweise auf Abrahams Vater Terach gefunden und auch die Städte Harran, Sichem, Sodom und Gomorra haben in jener Zeit existiert. Die Anwesenheit Josefs in Ägypten kann im Rahmen einer »revidierten Chronologie« nachgewiesen werden.3

Ruinen auf dem Ausgrabungshügel: Harran war in der Zeit Abrahams eine bedeutende Stadt.

Ruinen auf dem Ausgrabungshügel: Harran war in der Zeit Abrahams eine bedeutende Stadt.

Und Noah? Der Erbauer der Arche und Überlebende der Sintflut steht offenbar an einem Wendepunkt der Glaubwürdigkeit biblischer Überlieferung. Ist die Erzählung von Noahs Flut ein Fantasy-Märchen, eine uralte Sage, ein Mythos? Oder war Noah ein Mensch aus Fleisch und Blut, der tatsächlich mithilfe eines riesigen Schiffes eine weltweite Flut überlebte? Kann die Wahrheit irgendwo dazwischenliegen? Ein 2014 anlaufender Kinofilm zeigt die Hauptfigur »Noah« als Actionheld und Umweltaktivist. Eine Sagengestalt, auf die heutige Ideen projiziert werden. Ein Held, der sich um die Bewahrung der Schöpfung kümmert. Die Schuld der Menschen gegenüber dem Schöpfer bleibt dabei im Hintergrund. Der Film zeigt aber auch die Sintflut in ihrer fatalen und zerstörerischen Wucht.4

Alte und neue Medien

Meine zunächst virtuelle Expedition auf der Suche nach Noah und seiner Arche führte zu den digitalen Archiven uralter Keilschrifttexte und zu unentdeckten Plätzen auf dem virtuellen Globus von Google Earth. Facebook, E-Mail und diverse Suchmaschinen förderten Faszinierendes zutage. Das Internet hat Recherchemöglichkeiten eröffnet, die es in dieser Art vor wenigen Jahren noch nicht gab. Doch auch in der heutigen Zeit blieb der Weg in Büchereien und zu Menschen, die mir handgeschriebene Notizen gezeigt haben, natürlich unverzichtbar. Eine Reise in die Südosttürkei und den Besuch des potenziellen Landeplatzes der Arche Noah hielt ich noch bis vor wenigen Monaten für undurchführbar, doch vom 25. September bis 2. Oktober 2013 konnte ich dort sein und mir einen Eindruck von der Gegend verschaffen. Die Landschaft, die mir von ungezählten Fotos und Satellitenaufnahmen bereits so vertraut war, sah ich nun mit eigenen Augen.

Und doch bleibt die Suche nach der Arche Noah vorerst offen und weiterhin spannend. Während am berühmten Ararat noch verbissen immer tiefer ins Gletschereis gebohrt wird, sind archäologische Grabungen am von mir vertretenen alternativen Landeplatz – nämlich auf dem Gipfel des Cudi Dagh – noch für absehbare Zeit Zukunftsmusik. Außerdem ist aufgrund der historischen Überlieferung und der geografischen Gegebenheiten mit einem unzweifelhaften Fund wohl überhaupt nicht mehr zu rechnen. Ich gehe davon aus, dass höchstens noch undefinierbare Reste im Boden zu finden sind. Auch wenn deren Überzeugungskraft gegenüber Skeptikern vermutlich nicht ausreichen wird, könnten sie für gläubige Christen durchaus handfeste Hinweise dafür liefern, dass sich dort vor vielen Jahrtausenden eine Geschichte abgespielt hat, die bis heute als Wirken Gottes in der Bibel festgehalten ist.

Mein Buch möchte den aktuellen Forschungsstand zu einem Thema zeigen, das die sogenannten ernsthaften Gelehrten kaum noch im Licht der Bibel betrachten. Dieses Thema hat dennoch immer wieder Abenteurer zu merkwürdig unwissenschaftlichen Expeditionen in die kühlen Höhen des Ararat-Berges geführt und interessiert eine große Zahl junger und alter Christen, Juden, Muslime und Atheisten, weil es von einer Aura der Faszination umgeben ist. Einer Faszination, die dem Schicksal der frühen Menschheit im Schnittpunkt von Mythos und Geschichte seit jeher in Forschung, Predigt, Kunst und neuerdings auch im Kino Aufmerksamkeit verschafft.

Folgen Sie mir auf eine spannende Forschungsreise mit überraschenden Erkenntnissen und aufregenden Schlussfolgerungen!

3. »Bible Earth« und der Beginn einer merkwürdigen Expedition

Wie von selbst bin ich inzwischen zum Experten in Sachen Arche Noah geworden – dies ist nicht sonderlich schwierig auf einem Gebiet, das kaum noch jemand ernst nimmt. RTL erwähnte mich auf einer Internetseite als »berühmtesten deutschen Arche-Forscher«5. SAT 1 rief an, um für eine Sendung um Rat zu fragen. Und doch bewegen die Sintflut und die Arche Noah insgesamt nur noch wenige Gemüter. Vielleicht ändert sich das nun im Frühjahr 2014, wenn der Spielfilm »Noah« in die Kinos kommt. Russell Crowe spielt die Hauptrolle, Emma Watson und Anthony Hopkins sind mit dabei und Regie führt Darren Aronofsky. Die zu erwartende Aufmerksamkeit der Medien könnte Fragen aufwerfen, weit über die christliche Gemeinschaft hinaus: Gab es die Sintflut wirklich? War Noah nur ein Mythos? Auf welchem Berg landete die Arche?

In den letzten Jahren habe ich einige Erkenntnisse gewonnen, die über alles hinausgehen, was bisher im Einzelnen über die Arche Noah veröffentlicht wurde. Es ist daher an der Zeit, diese Informationen als Bestandsaufnahme zur Verfügung zu stellen und einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Denn auf manche brennenden Fragen gibt es sehr wohl Antworten – oder manchmal zumindest Deutungsvorschläge. Und manche dieser Vorschläge werfen neue Fragen auf, deren Lösungen imstande wären, Selbstverständlichkeiten unseres Welt- und Geschichtsbilds über den Haufen zu werfen.

Wie schon angedeutet, folge ich nicht der Mehrheitsmeinung, der Ararat in Ostanatolien sei der Noah-Berg. Vielmehr gehe ich von einem alternativen Noah-Berg aus – 300 Kilometer vom Ararat entfernt im Südosten der Türkei. Die Erforschung dieses Berges hat aufgrund der über Jahrzehnte äußerst angespannten politischen Lage vor Ort gerade erst begonnen. Ich bin überzeugt davon, dass sich die Suche lohnen würde – und vielleicht werde ich sogar selber an künftigen Grabungen beteiligt sein. Zumindest gehöre ich zu den Pionieren der Berg-Cudi-Forschung, und das wissenschaftliche Symposium an der Universität Sirnak könnte wichtige Impulse gegeben haben, damit in naher Zukunft weitere Schritte eingeleitet werden.

Wenn die Arche (entgegen meiner Erwartung) nach vielen vergeblichen Versuchen doch noch auf dem berühmten Großen Ararat im Gletschereis entdeckt wird, dann sind einige – aber nicht alle – Kapitel dieses Buches hinfällig. Aber wenn sie tatsächlich unzweifelhaft gefunden wird und damit der Beweis erbracht würde, dass diese alten Geschichten tatsächlich passiert sind, dann ist mehr erreicht, als ich momentan zu träumen wage. Es gibt viele Puzzlestücke, die für die Glaubwürdigkeit der Bibel sprechen. Den meisten Menschen gelingt es problemlos, diese Puzzlestücke gegen die Bibel zu interpretieren oder sie zu ignorieren. Bei einem wahrhaftigen Schiffsrumpf im Gletschereis dürften die Trümpfe aber eindeutig bei den Anhängern der Bibel liegen. Der Bibelforscher Randall Price hat kürzlich von seinen jüngsten Anstrengungen berichtet, auf die ich in Kapitel 8 zurückkomme. Ich glaube kaum, dass er etwas finden wird. Die Argumente, die gegen den sogenannten »Ararat« sprechen, sind – wie ich in diesem Buch darlegen werde – einfach zu schwerwiegend. Man kann nichts finden, wenn man am falschen Ort sucht.

Sollte ich recht behalten mit der These, dass die Arche auf einem ganz anderen Berg – ohne Eiskuppe – gelandet ist, dann wird nach all den Jahrtausenden dort nicht mehr viel zu finden sein.

Virtuelle Faszination

Angefangen hat alles mit der unglaublichen Faszination, die das Programm »Google Earth« auf mich ausübte, als ich es zum ersten Mal zu sehen bekam. Sofort suchte ich nach Orten, die ich kannte. Dann besuchte ich die vorgegebenen Sehenswürdigkeiten wie den Grand Canyon, den Vatikan und – Bagdad. Die Amerikaner hatten offensichtlich sehr hochauflösende Aufnahmen dieses Kriegsschauplatzes zur Verfügung und Google stellt sie für jedermann bereit.

Als bibelinteressierter Mensch begann ich, im Irak Orte wie Babylon, Ur und Ninive zu suchen. Es war beeindruckend, was ich entdeckte: Fundamente des biblischen Turms von Babel, Ruinen des Palastes von Nebukadnezar, daneben Kampfhubschrauber und Kriegsflugzeuge. Schnell reifte die Idee, zu diesen Orten entsprechende Erläuterungen zu sammeln und auf einer Internetseite interessierten Bibellesern zur Verfügung zu stellen. Viele waren schon in Israel oder auf den Spuren von Paulus in der Türkei oder in Griechenland. Doch für die meisten Christen sind die Stätten Mesopotamiens weiße Flecken auf der Landkarte.

Ich begann, die Internetseite www.bible-earth.net zu konzipieren, erstellte Karten und versah diese mit geschichtlichen und archäologischen Erklärungen.

Dem Verlag SCM Hänssler unterbreitete ich die Idee, diese biblischen Orte aus der Vogelperspektive in Buchform zu präsentieren, und als Satellitenbilder vom heiligen Land Israel in höherer Auflösung zur Verfügung standen, war das Buchprojekt »Bible Earth« geboren.

Viele Orte wurden für diesen »virtuellen Reiseführer« von mir genauer untersucht: In Mesopotamien, in Israel, der Türkei, Griechenland usw. Ein eindrucksvoller Ort war natürlich der Berg Ararat, der vor allem in seitlicher 3-D-Ansicht, die Google Earth problemlos ermöglicht, schön zu sehen ist. Im Buch schrieb ich damals: »Falls Google Earth eines Tages hochauflösende Bilder des Berges Ararat ins Netz stellen sollte, kann man vielleicht selbst die Arche entdecken!«6

Bei den Vorbereitungen für das Buch setzte ich mich am 3. April 2006 mit dem Altertumsforscher Dr. Peter van der Veen zusammen, der auf Biblische Archäologie spezialisiert ist und bereit war, mit mir interessante archäologische Orte am Bildschirm zu besuchen und mir entsprechende Informationen und Hinweise zu geben.

Als wir zum Ararat kamen, erzählte er mir von einem alternativen Landeplatz, den ein ehemaliger Kollege von ihm erforscht hatte: David Rohl.7 Wir brauchten eine Weile, bis wir den Berg gefunden hatten. Da er nur in schlechter Auflösung zu sehen war und ich der Sache auch nicht weiter nachgehen wollte, schrieb ich nur zwei Sätze über diesen Berg »Cudi« in mein Buch: »Cudi Dagi8: Der Koran nennt als Landeplatz der Arche den Berg Cudi. David Rohl hat diese Möglichkeit ins Visier genommen und bevorzugt sie aufgrund seiner Untersuchung alter Handschriften.«9

»Bible Earth« erschien schließlich im April 2007 und verkaufte sich ganz ordentlich. Die Medien wurden darauf aufmerksam: In der Rheinischen Post und auf der Internetseite www.bild.de wurde darüber berichtet. Der SWR lud mich zu einem Interview nach Baden-Baden ein. Auch in der christlichen Medienlandschaft gab es eine gute Resonanz. Das Projekt war erfolgreich abgeschlossen.

Am Morgen des 12. November 2007 verbrachte ich wieder einmal einige Zeit in Google Earth. Ich besuchte einige der Bible-Earth-Orte, um nachzusehen, ob sich im Datenbestand von Google Earth Änderungen ergeben hatten. Im Buch hatte ich angekündigt, auf solche Änderungen auf meiner Internetseite hinzuweisen. Beim Besuch des Berges Cudi traf ich nun plötzlich auf Bildmaterial in hervorragender Auflösung! Das war nun die Gelegenheit, tatsächlich am Computer die Arche zu suchen …

Mein erstes Buch »Bible Earth«.

Mein erstes Buch »Bible Earth«.

Ich weiß nicht mehr so genau, was ich erwartete, doch war mir bewusst, dass ich hier als Pionier unterwegs war. Erst seit Kurzem waren diese hochauflösenden Bilder vorhanden und es gab wohl kaum einen Google-Earth-Nutzer, der hier Überbleibsel der Arche Noah vermuten würde.

Was ich fand, war unspektakulär und spannend zugleich: Es war keine Spur von einer Arche zu sehen, ja, es war nicht einmal klar, wo sich der eigentliche Gipfel dieses Berges befand. Der Berg Cudi ist ein großes Bergmassiv mit mehreren Erhebungen, und Google Earth gab an mehreren Stellen Höhen von über 2000 Metern an. Wie sich herausstellte, sind die Höhenangaben in Google Earth in ihrer Genauigkeit bei besonders steilen Felswänden nicht sehr zuverlässig, sodass die Stelle, die ich später als Hauptgipfel identifizierte, in Google Earth von anderen Plätzen überragt wird.

Ein sehr wichtiges Puzzlestück fand ich über Google – diesmal die Suchmaschine – auf der Internetseite der HPG. Die HPG ist der militärische Arm der kurdischen Befreiungsorganisation PKK und ich stieß auf die Abbildung einer Ruine auf dem Gipfel des Cudi Dagh. Weitere interessante Dokumente, die ich entdeckte, waren Abhandlungen aus älterer und neuerer Zeit: Ein amerikanischer Forscher namens Bill Crouse hatte schon sehr viel über diesen Berg geschrieben und eine Dame namens Gertrude Bell hatte – im Jahr 1909 – Bilder auf dem Gipfel fotografiert. Das alles war im Netz zu finden und bildete die Grundlage meines ersten Artikels über den Berg Cudi, den ich am 27. März 2008 auf der Internetseite von »Bible Earth« veröffentlichte.

Ich ging auf die Diskussion um den Berg Cudi ein, berichtete von den Arbeiten von Bill Crouse, den Entdeckungen eines Friedrich Bender, der irgendwelche Holzreste ausgegraben hatte, und von den Fotos der Gertrude Bell. Schließlich zeigte ich anhand von Bildvergleichen, dass der von mir entdeckte Gipfel auf Google Earth mit den Aussichten auf den Fotos übereinstimmte, und zeichnete ein, wo die Ruinen gestanden haben könnten. Der Originalartikel von 2008 ist auf der Internetseite zum Buch archiviert.10

Da mir bewusst war, dass sich die Forschungsarbeit der Arche-Sucher im englischen Sprachraum abspielte, beschloss ich, meinen Artikel auch auf Englisch zu übersetzen. Die Auswirkungen dieses Aufwands waren erstaunlich und führten zu den nächsten Schritten in Richtung Berg Cudi.

4. Auf Arche-Expedition in Deutschland

Die erste E-Mail von Bill Crouse ist bis heute mit Tesafilm an meine Schrankwand geklebt. Immer wieder einmal lese ich sie durch, denn sie gab mir den entscheidenden Impuls auf dem Weg zum Arche-Spezialisten. Es stellte sich nämlich heraus, dass ich gegenüber den Amerikanern einen entscheidenden Standortvorteil hatte: Einige der maßgeblichen Menschen, die auf dem Cudi waren, kamen aus Deutschland.

»Ich bin Bill Crouse, der Typ, den Du in Deinem Internet-Artikel über den Cudi Dagh zitiert hast.« – Er bat mich, Kontakt mit Friedrich Bender aufzunehmen, der auf dem Berg Cudi eine Probe genommen hatte, deren Alter er anhand der C-14-Datierung auf etwa 6500 Jahre bestimmt hatte. Die Ergebnisse des Geologen schienen zuverlässig und vielversprechend.

Ich wurde vom Theoretiker im stillen Kämmerlein zum Netzwerker in Sachen Arche Noah. Bill und ich tauschten unsere Erkenntnisse aus und ich nahm Kontakt auf zu Friedrich Benders Witwe und später auch zu Hans Thoma aus Landshut, der in den 1980er-Jahren mit einer kleinen Gruppe auf dem Cudi-Gipfel war.

Wie ich erfuhr, war Friedrich Bender nach langer Krankheit verstorben, und ich erklärte seiner Frau Sigrid, dass ich mich für den Berg Cudi interessieren würde. Einen Besuch hielt sie anfangs für unnötig, versprach mir aber, Unterlagen und Fotos ihres Mannes zusammenzustellen.

Diese Fotos sollten neben jenen Gertrude Bells und der HPG zunächst die einzigen vom Gipfel sein und zeigten ebenfalls Ruinen. Bei allen Bildern – auch den später dazu gekommenen Bildern der Gruppe Thoma – fiel es jedoch schwer, sie miteinander und mit den Google-Earth-Bildern in Einklang zu bringen. Dies gelang mir erst im Laufe der Zeit und ich werde meine Ergebnisse in Kapitel 29 vorstellen.

Nach weiterer Korrespondenz konnte ich Sigrid Bender für einen Besuch bei ihr zu Hause im hessischen Spangenberg gewinnen. Anfang Juni 2009 fuhr ich los und traf mich unterwegs noch mit einem Mitarbeiter der Uni Frankfurt. Dieser hatte im Rahmen einer Semesterarbeit mein Buch »Bible Earth« verwendet. Inzwischen ist aus dieser Begegnung ein Buch entstanden, das 2011 erschienen ist.11 Auch darin habe ich ein paar Zeilen über den Berg Cudi geschrieben.

Zunächst sah ich mir das Städtchen Spangenberg genauer an und klingelte schließlich zum verabredeten Zeitpunkt bei Frau Bender. Sie empfing mich sehr freundlich und erzählte ausführlich von den Abenteuern ihres Mannes und von ihren gemeinsamen Erlebnissen in allen möglichen Ländern.

Spangenberg in Hessen, die Heimatstadt von Friedrich Bender und seiner Frau Sigrid

Spangenberg in Hessen, die Heimatstadt von Friedrich Bender und seiner Frau Sigrid

Sie hatte mir einen großen Stapel mit Skripten, Notizen und Fotos bereitgestellt, dazu jede Menge geologische Unterlagen. Das Buch »Wanderungen« von Friedrich Bender und einen Artikel von ihm in der Zeitschrift »Kosmos« hatte ich mir schon zuvor besorgt, doch was mich hier erwartete, war einmalig: Friedrich Benders Manuskripte, aus denen populärwissenschaftliche Artikel entstanden waren, boten gegenüber den gedruckten Versionen noch zahlreiche wissenschaftliche Details über die geologischen Gegebenheiten vor Ort. Der Verlag hatte wohl vor allem auf gute Verständlichkeit Wert gelegt und viele Informationen gekürzt, die für meine weitere Forschungsarbeit wichtig werden sollten.12

Der zweite wichtige Besuch, den ich im Rahmen der Cudi-Forschungen machen sollte, führte mich am 7. September 2009 nach Landshut in Bayern. Dort lebt Hans Thoma, der mit seinem Sohn Christoph und Otmar Reiter sowie weiteren Gefährten als letzter verfügbarer Ansprechpartner von außerhalb der Türkei auf dem Berg Cudi gewesen ist. Wir trafen uns zu viert in Hans Thomas Wohnzimmer, ich hatte Unterlagen von Bender und von meinen eigenen Google-Earth-Forschungen mitgebracht. Natürlich waren wieder etliche Briefe und E-Mails dem persönlichen Treffen vorausgegangen, nachdem ich über eine Google-Suche im Archiv der »Zeit« einen Artikel von Christoph Thoma aufgestöbert hatte.

Zum Abschluss des Besuchs gab es eine Überraschung: Hans Thoma hatte mir zwei verkohlte »Steinchen« gezeigt, wie sie Christoph Thoma in seinem Artikel erwähnt hatte. Waren dies tatsächlich Stückchen der Arche? Jedenfalls verkündete Hans Thoma zum Ende meines Besuchs, mir eines der beiden Stücke schenken zu wollen. Nach kurzer Rückfrage, ob er dies wirklich ernst meine, nahm ich dankend an. Ich hatte ein Stück der Arche! – Oder zumindest irgendein verkohltes Stück Stein vom Berg Cudi …

5. Auf der Suche nach Antworten

Den Diplom-Geologen Dr. Martin Ernst kannte ich schon länger. Ich war einmal mit ihm und einigen anderen Fachleuten der »Studiengemeinschaft Wort und Wissen« in der Wutachschlucht im Schwarzwald und lernte die Herausforderungen kennen, die eine alternative Erdgeschichte im chronologischen Rahmen einer wörtlichen Bibelauslegung mit sich bringt. Allerdings verstand ich damals – 2003 – recht wenig von Geologie, und das Einzige, was mir in Erinnerung blieb, ist, dass es keine befriedigende Antwort gab, in welche erdgeschichtliche Epoche die Sintflut einzuordnen wäre.

Im Rahmen meiner Nachforschungen hatte ich im Februar 2009 wieder einmal Kontakt zu ihm: Er machte mich darauf aufmerksam, dass der Landeplatz der Arche eine wichtige Rolle in der erdgeschichtlichen Einordnung der Flut spielen könnte. Der frühere »Wort und Wissen«-Mitarbeiter Manfred Stephan hatte unter der Überschrift »Das Ararat-Problem« geschrieben:

»Der Ararat selbst ist ein geologisch junger Vulkanbau, die Eruptionen erfolgten z.T. noch nach der Eiszeit. [… Nach einem diskutierten Sintflutmodell] war die gesamte Region von heftigen nachflutlichen Veränderungen (Überschwemmungen, Vulkanismus, Gebirgsbildung) betroffen, denen sich Noah und seine Nachkommen nicht hätten entziehen können. Die geologische Formung des Gebietes musste demnach weitestgehend abgeschlossen gewesen sein, als Noah die Arche verließ, sonst wäre sein Überleben ebenso ein Wunder wie die Bewahrung während der Flut.«13

Mit anderen Worten: Wäre Noah wirklich auf diesem Berg Ararat gelandet, hätte seine Sippe die späteren Naturkatastrophen dort nicht überlebt – die Rettung durch die Arche wäre keine wirkliche Rettung gewesen.

Zunächst wusste ich nicht viel über den geologischen Aufbau der Cudi-Region. Außer einem einzigen Dokument, das ich im Internet über eine Erkundung von Öllagerstätten gefunden hatte und dessen Inhalt mir völlig unverständlich gewesen war, hatte ich darüber keine Informationen. Dies änderte sich allerdings bald darauf grundlegend, als ich mich mit dem Werk Friedrich Benders beschäftigte.

Und so gab mir Martin Ernst die Gelegenheit, auf der geowissenschaftlichen Fachtagung der »Studiengemeinschaft Wort und Wissen« in Bensheim über die Theorie vom alternativen Landeplatz – auf die mich ja Peter van der Veen als Mitarbeiter von »Wort und Wissen« gebracht hatte – zu berichten und die geologischen Informationen zu präsentieren.

Ein Vortrag vor Wissenschaftlern mit Doktortiteln und gar Professoren von mir als völligem Laien schien mir zwar zunächst sehr abwegig, doch ich nahm die Herausforderung an und die Reaktionen waren überwiegend positiv. Auf dieser Tagung untersuchten die Fachleute auch das kleine Fundstück von Hans Thoma. Es schien nur ein Stück verkohlten Kalksteins zu sein und nichts deutete darauf hin, dass es ein Holzstück war. Doch vielleicht könnten die Brandspuren des Steins tatsächlich mit den Überresten der Arche Noah in Verbindung stehen. Einen handfesten Beweis für die Existenz der Arche kann der Fund allerdings nicht liefern.

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