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Diethard Volker Klann, geboren 1958 und aufgewachsen in einer Kleinstadt nahe München, war zeitlebens ein unbeliebter Sonderling, dessen Andersartigkeit zwar Aufmerksamkeit erregte, ihn aber dauerhaft aus jeder Gemeinschaft ausschloß. Bereits im Alter von 17 Jahren schrieb er Gedichte und Erzählungen, aber auch philosophische Abhandlungen.

Von 1978 bis 1985 studierte Diethard Volker Klann neue Sprachen und Philosophie in Amerika, Frankreich und Deutschland, in welchen Ländern er jeweils einen Hochschulabschluß erlangte.

1986 bis 1991 waren für Klann unruhige Wanderjahre teils in Deutschland, teils im Ausland, während derer er allerlei Berufskarrieren begann und wieder abbrach.

Seit 1991 lebt Diethard Volker Klann als freier Schriftsteller in Südostasien.

Diethard Volker Klann wirft der klassischen abendländischen Philosophie seit Plato vor, nach allzeit gültigen Wahrheiten gesucht und darüber die ewig-bewegte Dynamik des Seins übersehen zu haben. Gerade die Einsicht in diese Dynamik jedoch ist für Klann die größte Weisheit und das harmonische Einssein mit dieser Dynamik die höchste Lebenskunst.

Die Welt als Ewig-Gleiches und Ewig-Bewegtes. Gleich zu Beginn des Buches findet eine radikale Abwendung vom herkömmlichen Denken statt: Scheinbar Verschiedenes ist einander gleich, da das eine mit dem anderen Austausch hat und sich in das andere verwandeln kann. Zudem kann nichts ein für allemal festgelegt werden, denn alles ist in Bewegung. Weisheit besteht also nicht darin, etwas als für alle Zeit gültig und wahr zu erweisen, sondern sich mit dem Gesetz des allgegenwärtigen Wandels der weltlichen Dinge vertraut zu machen. In einer Fülle von Lehrsätzen wird die Einsicht in diesen Wandel angewandt auf Welt, Mensch, Moral und überhaupt auf alle wesentlichen Grundthemen der Philosophie.

Im Frieling-Verlag Berlin erschienen von Diethard Volker Klann bereits die Bücher

„Hinein in die Nacht. Gedichte“ (ISBN 978-3-8280-3036-7) und „Den Kreis durchlaufen … Gedanken und Aphorismen“ (ISBN 978-3-8280-3038-1).

Die Schreibweise in diesem Buch entspricht den Regeln der alten Rechtschreibung.

Bibliographische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über www.dnb.de abrufbar.

© Frieling-Verlag Berlin • Eine Marke der Frieling & Huffmann GmbH & Co.KG

Rheinstraße 46, 12161 Berlin

Telefon: 0 30 / 76 69 99-0

www.frieling.de

ISBN 978-3-8280-3037-4

E-Book: ISBN 978-3-8280-3338-2

1. Auflage 2012

Umschlaggestaltung: Michael Reichmuth

Sämtliche Rechte vorbehalten

Inhalt

Der Mensch zündet sich selber (berührt) in der Nacht ein Licht an, wenn er gestorben ist und doch lebt. Im Schlaf berührt er den Toten, wenn sein Augenlicht erloschen, im Wachen berührt er den Schlafenden.

(Heraklit)

Das Sinnbild der Welt und des Lebens:

Vorbemerkung

Es gibt nur zwei unumstößliche, ewig-gültige Wahrheiten:

Zu 1.)

Daß alles das Gleiche ist, daran kann gar kein Zweifel sein, denn wie könnten sonst scheinbar ganz verschiedene Dinge sich gegenseitig schaden oder nützen, sich ziehen oder stoßen und sich ineinander verwandeln? Denn voneinander gänzlich Verschiedenes könnte doch niemals aufeinander wirken, sich untereinander austauschen oder sonst irgend etwas miteinander zu tun haben.

Die Pflanze lebt aus der Erde. Wie wäre das möglich, wenn Erde und Pflanze wesensmäßig voneinander verschieden wären und daher gar keine Verbindung zwischen ihnen sein könnte? Und die Kuh, die doch hauptsächlich aus Fleisch und Milch besteht, ißt vor allem Wiesengras. Wie wäre das möglich, wenn nicht Milch, Fleisch und Gras trotz ihrer scheinbaren Verschiedenheit im Grunde das Gleiche wären? Unser menschlicher Körper, der hauptsächlich Wasser, Fleisch und Knochen ist, nimmt beständig Luft in sich auf (ja, ohne sie aufzunehmen, ginge er sogar zugrunde). Auch die Meereswelle mischt sich mit Luft und erzeugt daher beim Umschlagen Schaum. Wie wäre das alles möglich, wenn Fleisch, Knochen, Luft und Wasser Verschiedenes wären und daher gegenseitig nicht aufeinander wirken könnten? Selbst der Vegetarier, der nie Fleisch ißt, zieht die Erhaltung seines eigenen Fleisches aus der nicht-fleischlichen Kost, die er zu sich nimmt. Auch das wäre ganz und gar unmöglich, wenn Vegetarierkost und Fleisch etwas dem Wesen nach Verschiedenes wären. Und sogar unsere Gedanken und Gefühle, die doch immateriell sind, beeinflussen ganz erheblich unseren Körper, der doch materiell ist, und umgekehrt. Auch das wäre nicht möglich, wären nicht Materielles und Immaterielles wesensgleich. Unsere Vernunft begreift die tote Materie und die tote Materie wirkt zurück auf unsere Vernunft. Wie wäre das wiederum denkbar, wären beide nicht im Grunde das Gleiche? Und so läßt sich die Liste der Beispiele bis ins Unendliche fortsetzen.

Die Vielheit der Stoffe ist also eine Illusion, denn in Wahrheit sind alle Stoffe ein Stoff, der sich in sich selbst bewegt. Ebenso ist die Verschiedenheit von Geistigem und Stofflichem eine Illusion, denn beide sind eins, und dieses Eine bewegt sich in sich selbst. Und gleich allen Illusionen sind auch diese Illusionen gefährlich und müssen bekämpft werden.

Zu 2.)

Daß alles in Bewegung ist, läßt sich ganz leicht aus der Erfahrung ableiten, da gewiß noch niemals jemand etwas zu sehen bekam, das sich im Zustand völligen Stillstands befunden hätte. Irgendeine, wenn auch noch so kleine Bewegung ist in allem. Außerdem sind auf dem Planeten, wo wir leben, allein schon deswegen alle Dinge in Bewegung, weil der Planet selbst sich bewegt und somit alles auf ihm Befindliche sich mit ihm bewegt. Und auch alle anderen Himmelskörper sind – wie jedermann weiß – stets in Bewegung.

Die Bewegung von allem und in allem läßt sich aber auch noch auf eine andere Art erweisen. Man versuche doch nur einmal, ein Ding zum ewigen Stillstand zu bringen. Ein solcher Versuch wird die Tatsache der immerwährenden Bewegung aller Dinge gewissermaßen auf dem Weg der „Gegenprobe“ belegen. Denn wäre nicht immerzu alles in Bewegung, müßte es doch möglich sein, ein beliebiges Ding ein für allemal zum Stillstand zu bringen. Die Erfahrung zeigt aber, daß ein Ding, dem man in dieser Weise Gewalt anzutun versucht, hierdurch zumeist schon nach kurzer Zeit zerstört wird. Durch die Zerstörung aber wandelt es sich in ein anderes Ding, als welches es sich dann abermals bewegt, zumal ja auch die Wandlung selbst schon eine Bewegung war. Wahrhafter Stillstand ist also eine Illusion, die gleich allen Illusionen gefährlich ist und bekämpft werden muß.

* * *

Wenn also alles in Bewegung ist, dann ist es vernünftig anzunehmen, daß all diese Bewegung aus einem „Urgrund“ ursprünglich hervorkomme. Dies läßt sich natürlich niemals beweisen, aber wir haben doch Veranlassung, es anzunehmen. Dieser Urgrund jedoch kann nicht selbst noch einmal bewegt sein, sonst wäre er ja nicht der Urgrund zu allem Bewegten, und man müßte dann abermals einen Urgrund für den Urgrund annehmen und immer so fort. Vernünftig ist daher, den Urgrund gleich von allem Anfang an als ewig und völlig bewegungslos anzunehmen.

Leider aber haben wir ja bereits eingangs zweifelsfrei dargelegt, daß es etwas Stillstehendes (und noch dazu Ewig-Stillstehendes!) überhaupt nicht gibt. Folglich also müssen wir annehmen, daß es den besagten Urgrund überhaupt nicht gibt oder daß er eben doch an sich selbst auch noch einmal bewegt sei, was wir ja aus gutem Grund ein paar Zeilen weiter oben verneint hatten.

An dieser Stelle ist gewiß so mancher Leser versucht, alles weitere Denken in diese Richtung aufzugeben aus Angst davor, sich das Gehirn zu verrenken. Denn bestehen bleiben muß unser Widerspruch, sonst müßten wir die zu ihm führenden Voraussetzungen und damit auch die zweite uns bekannte, ewig-gültige Wahrheit, daß alles bewegt sei, aufgeben. Andererseits scheint es aber, daß, wenn der Widerspruch nicht beseitigt wird, wir nicht vernünftig werden weiterdenken können.

Die Lösung des Problems liegt für mich in folgendem ganz einfachen Gedankengang: Nehmen wir doch unseren Widerspruch selbst als den von uns geforderten Urgrund an, oder nehmen wir zumindest an, daß, wenn unser Widerspruch schon nicht dieser Urgrund selbst sei, er doch zwingend zu ihm gehöre und ein Teil von ihm sei. Wenn wir dies annehmen, ist unser Problem tatsächlich gelöst, denn einerseits bleibt der Widerspruch bestehen (was wir weiter oben forderten, weil wir es fordern mußten), und andererseits steht unser Widerspruch nicht mehr dem vernünftigen Fortschritt unserer Gedanken im Wege (was wir gleichfalls weiter oben forderten, weil wir es fordern mußten.) Und überhaupt bietet sich denkerisch nichts so sehr als Urgrund aller Dinge an als eben gerade der Begriff des Widerspruchs, da dieser sowohl statisch als auch dynamisch ist und gleichzeitig für Starre, Ausweglosigkeit und Sackgassenartigkeit, aber auch für Hin-und-her-Bewegung, Spannung und Kampf zwischen den Gegensätzen steht.

Den solcherart gedachten Urgrund, da er das gesamte Universum bewegt und trotz seiner Allgegenwart für uns Sterbliche nie wirklich faßlich ist, nenne ich das „Große Geheimnis“. Anaximander nannte es „Apeiron“ (= das Maßlose), da es anders als alle anderen Dinge keinem Maß unterworfen ist. Das Gesetz oder das Bündel von Gesetzen dem alles Bewegte in seiner Bewegung untersteht, nenne ich in Anlehnung an Heraklit „Logos“.

Da unsere Seele Ruhe findet in der Annahme, daß unser obiger Widerspruch der Urgrund von allem oder zumindest Teil dieses Urgrunds sei, so wie alles Seiende in bezug auf den Urgrund Ruhe findet, gehe ich davon aus, daß Welt und Seele unter dem gleichen Logos stehen und im Grunde wesensgleich sind (siehe hierzu auch 1.). Hieraus erkläre ich es mir, daß wir mit der Seele überhaupt Wahrnehmungen haben, denn es leuchtet ein, daß nur Gleiches Gleiches erkennt.

Eine wichtige Tatsache, auf die man bei der Beobachtung der Welt ebenfalls immer wieder stößt, ist, daß alle unbelebten Stoffe und alle Lebewesen sowohl in bezug auf sich selbst als auch im Verhältnis untereinander ein gewisses „Maß“ halten. Wird dieses über-. oder unterschritten, kommen – um mit einem altgriechischen Motiv zu sprechen – die „Erinnyen“, die Helferinnen der Göttin des Rechten, und stellen das rechte Maß wieder her. Jedem Stoff und jedem Lebewesen liegt also gewissermaßen eine „Idee“ zugrunde, in der nicht nur seine Eigenart und sein Platz im Gesamten der Natur enthalten sind, sondern vor allem auch sein rechtes Maß. Dieses rechte Maß geht ständig verloren, um ebenso ständig von den Erinnyen immer wieder aufs neue hergestellt zu werden. Alle Ideen und ihre Verkörperungen sind also Teil innerhalb desselben Regulationsmechanismus und daher ein großes Ganzes, das sich in sich selbst bewegt. Der weiter oben postulierte Urgrund allen Seins und aller Bewegung ist mit Sicherheit auch der Urgrund aller dieser Ideen und ihrer Verkörperungen.

Das große Geheimnis, Logos, Seele und die Frage, wie man das Gute erlangt und lebt, werden im folgenden immer wieder neu auftauchen und behandelt (vielleicht sogar beantwortet?) werden.

Einleitung

Die Regungen der Seele und die Regungen der Welt sind untrennbar ein und dasselbe, das sich in sich selbst bewegt.

Denken und Sein sind untrennbar ein und dasselbe, das sich in sich selbst bewegt.

Wort und Welt sind untrennbar ein und dasselbe, das sich in sich selbst bewegt.

Körper, Seele und Welt sind untrennbar ein und dasselbe, das sich in sich selbst bewegt.

Und alles ist eins und untrennbar ein und dasselbe, das sich in sich selbst bewegt.

Das Spiel der Welt ist unterteilt in vier Partien zu je zwei Partnern:

Seele unterteilt sich in Erlebtes und Erinnertes, wobei stets ersteres zu letzterem und letzteres zu ersterem wird.

Regulatoren des Spiels sind die Erinnyen und die Zeit. Beide braucht man nie zu rufen, denn sie sind allgegenwärtig und immerzu tätig.

Die Seele bedarf ständig des Materiellen, um Erlebtes in Erinnertes und Erinnertes in Erlebtes zu wandeln, und das Materielle bedarf ständig der Seele, um Unbelebtes in Belebtes und Belebtes in Unbelebtes zu wandeln.

Man sieht leicht ein, daß sich aus alledem ein höchst mannigfaltiges Spiel mit ständiger Bewegung und ständigem Wandel entwickeln muß.

Das Materielle unterteilt sich in Lebewesen (Mensch, Tier- und Pflanzengattungen) und in Stoffe. Die Lebewesen untereinander pflegen Austausch und die Stoffe ebenso. Und Lebewesen und Stoffe tauschen sich selbst noch einmal untereinander aus.

Die Seelen hingegen unterteilen sich in verschiedene Charaktere und innere Haltungen, die gleichfalls untereinander Austausch pflegen.

Dieses Spiel aus Stoffen, Lebewesen und Seelen ist sehr lebhaft und wechselreich. Harmonie und Disharmonie lösen sich hierbei gegenseitig ab und erzeugen die riesige, zeitlose Harmonie des Kosmos.

Kenntnis des Spiels und des sich in ihm ausdrückenden Logos ist ein zeitloser Schatz, der uns jetzt und in alle Ewigkeit nützlich ist und sein wird.

***

Ein Lebewesen, ein Charakter oder eine innere Haltung sind jeweils eine „Idee“. Und die Ideen agieren untereinander. Frißt eine Schlange einen Frosch, überwältigt die Idee „Schlange“ die Idee „Frosch“. Löst ein Stoff einen anderen auf, löst seine Idee die Idee des anderen auf und nimmt sie in sich hinein. Herrscht ein Mensch über einen anderen, erhebt sich die Idee „dominanter Charakter“ über die Idee „unterwürfiger Charakter“, oder die Idee „unerschütterliche innere Haltung“ triumphiert über die Idee „nachgiebige innere Haltung“. Neben diesen Formen der Zerstörung, Auflösung und Dominanz gibt es natürlich noch unendlich viele andere Umgangsformen der Ideen untereinander nebst ihren Varianten: Liebe, Haß, Anziehung, Abstoßung, Nutzen, Schaden, usw. All diesem liegt ein Logos zugrunde, auf den es achtzugeben gilt.

Und Alles ist Eines und Allem liegt ein Urgrund zugrunde, denn sonst könnten ja nicht all diese augenscheinlich ganz verschiedenen Dinge aufeinander wirken und miteinander in Verbindung sein. Alles ist also auch immer das Gleiche und Ewig-Eine.

***

Aus den Regungen der Seele heraus bearbeiten wir die Welt, und die Welt antwortet, indem sie die Seelen bearbeitet, was die demgemäß veränderten Seelen dann abermals zu anderer Arbeit antreibt und die veränderte Welt daraufhin ebenfalls wieder zu anderer Arbeit an den Seelen usf. Wer hier auf den falschen Logos verfällt, hat schnell sich selbst und noch vieles andere zerstört. Nichts ist schlimmer als ein Logos, der einen nicht mehr losläßt und vorwärtstreibend die unter sich zwingt, die ihn einst ins Leben riefen.

Großes Geheimnis, Welt, Apeiron, Universum, All, Kosmos

Die Welt hat einen ersten Anfang und hat keinen ersten Anfang, denn setze der Notwendigkeit nach einen Anfang fest, und schon wandelt er sich in Nicht-Anfang.

Die Welt ist eine in sich bewegte Einheit, in der alle Dinge gleich wirklich und gleich wichtig sind. Und daß uns ein Ding klein und unbedeutend, jedoch ein anderes groß und erhaben erscheint, ist nur unserem Mangel an Einsicht zuzuschreiben.

Auf und Ab, Hinzufügung und Abziehung, Mehr-Werden und Weniger-Werden, Entstehen und Vergehen, Emporsteigen und Fallen: der ewige Aktienmarkt der Welt.

Die Namen, die man dem Großen Geheimnis bisher gab, sind alle falsch. Denn entweder benannte man es nach etwas Seiendem, gerade so, als sei das Große Geheimnis Teil des Seienden, oder man benannte es nach etwas Nicht-Seiendem, gerade so, als sei das Große Geheimnis etwas Nicht-Seiendes. Das gerade eben aber macht es ja so schwierig, das Große Geheimnis zu erkennen, daß es Teil des Seienden und nicht Teil des Seienden ist.

Heraklit nahm eines der vier Elemente (nämlich das Feuer) als das Große Geheimnis an. Er holte somit das Große Geheimnis wieder zurück in das Seiende hinein, aus dem es vor ihm Anaximander, der es „Apeiron“ nannte, herausgenommen hatte. Beide großen Männer irrten gleichermaßen. Denn niemals könnte zugegeben werden, daß etwas überall so deutlich Wahrnehmbares wie das Große Geheimnis nicht Teil des Seienden sei, und gleichzeitig könnte niemals zugegeben werden, daß etwas alles Seiende so unfehlbar Beherrschendes Teil des Seienden wäre.

Auf dem ewigen Aktienmarkt der Welt bewirkt jeder Gewinn an einer Stelle einen gleich großen Verlust an einer anderen Stelle und umgekehrt. Bei allem Auf und Ab und Hin und Her bleibt somit die Sache selbst immer unverändert die gleiche.

Für das Große Geheimnis ist jede Veränderung des Seienden eine Frage. Und es hat unfehlbar auf jede Frage die passende Antwort.

Wir müssen zwingend annehmen, daß das Seiende eine Grenze habe, und auch ebenso zwingend, daß es keine habe. Daher ist nur dies allein Wahrheit und dies allein die Natur des Seienden: Es hat eine Grenze und es hat keine Grenze.

Auseinander- und zusammenstrebend sich wandelnd, bleibt es ewig unverändert das Gleiche.

Das Apeiron ist ein unendlich reicher Mann, der vor unendlich langer Zeit mit all seinem Kapital eine unendlich große Aktiengesellschaft aufkaufte, allein die Firmenleitung übernahm und auch allein seither alle ihre Produkte und Aktien aufkauft. Und so steht dieser unendlich reiche Mann ewig unveränderlich da und wandelt mit seiner linken Hand Rohstoff in Ware, Ware in Geld und Geld in Rohstoff und mit seiner rechten Hand Firmenanteile in Aktien, Aktien in Geld und Geld in Firmenanteile. Und trotz der nie endenden Tätigkeit seiner Hände ist dieser unendlich reiche Mann von einer Ewigkeit zur anderen noch niemals einen Pfennig ärmer oder einen Pfennig reicher geworden.

Die Welt ist ein Spiel, bei dem alle Dinge sich ständig verändern, damit das Ganze stets unverändert bleibt. Und die Figuren in diesem Spiel werden niemals mehr oder weniger, sondern indem sie sich wandelnd durcheinandergehen, bleiben sie an Art und Zahl ständig gleich.

Vielen fällt es schwer zu akzeptieren, daß etwas, das ungeschaffen, nicht entstanden und unvergänglich ist, sei.

Die Welt gleicht dem Mauerbogen: Dadurch, daß jeder seiner Teile fallen will, steht er, und dadurch, daß er steht, will jeder seiner Teile fallen.