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Felix Haselsteiner

D A V I D   A L A B A

Das österreichische Fußballwunder

VERLAG DIE WERKSTATT

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Coverabbildung: imago sportfoto
Satz und Gestaltung: Die Werkstatt Medien-Produktion GmbH

ISBN 978-3-7307-0294-9

Inhaltsverzeichnis

Prolog: Die Verleihung

KAPITEL 1
Aspern – ein Ortsbesuch

KAPITEL 2
Einmal Löwe, immer Löwe

KAPITEL 3
Die Familie Alaba

KAPITEL 4
In der Austria-Jugend

KAPITEL 5
Von Hollabrunn nach München: Alabas Wechsel zum FC Bayern

KAPITEL 6
Zwei Achterl erklären die österreichische Sicht auf Fußball

KAPITEL 7
Der Tulpengeneral und der Wiener Junge

KAPITEL 8
Die Episode Hoffenheim

KAPITEL 9
Seine Kraft liegt in Jesus: Alaba und sein Glaube

KAPITEL 10
Aufstieg in die Elite: die Heynckes-Jahre

KAPITEL 11
Der Fußballer David Alaba

KAPITEL 12
Sieben Spiele, ein Titel: der Champions-League-Sieg 2013

KAPITEL 13
Drei Jahre, drei Positionen: David Alaba und Pep Guardiola

KAPITEL 14
Alaba und Ribéry: Szenen einer Fußballerfreundschaft

KAPITEL 15
Die Kaugummi-Taktik: Carlo Ancelotti und David Alaba

KAPITEL 16
Von Malawi nach Frankreich: Alaba und die Nationalmannschaft

KAPITEL 17
Die EM 2016 in Frankreich

KAPITEL 18
Mehr Kritik als je zuvor: David Alaba nach der EM 2016

KAPITEL 19
Fan-Gespräch: Bernhard Wastyn von den „Hurricanes“ über Alaba

KAPITEL 20
Lifestyle – mit Betonung auf Style: der private David Alaba

KAPITEL 21
Selbstgemachte Storys: Alaba und die (sozialen) Medien

Epilog: Gefallen, um aufzustehen

Daten und Fakten

Bibliografie

Danksagung

Der Autor

Prolog: Die Verleihung

Marcel Hirscher nickt zwar anerkennend und applaudiert, doch so richtig kann er seine Enttäuschung nicht verbergen. Er hat die beste Saison seiner Skikarriere abgeliefert, ist in Schladming, bei der Heim-WM, Weltmeister im Slalom geworden. In einem unglaublichen Rennen hat er seine Konkurrenten auf die Plätze verwiesen – diesmal jedoch scheitert er an einem Gegner aus einer anderen Sportart. Nicht Österreichs größter Skifahrer gewinnt die Auszeichnung als Sportler des Jahres 2013, sondern David Alaba, als erster Fußballer seit Toni Polster 1997.

In der 64-jährigen Geschichte des Awards wurde er unter anderem 27-mal an Skifahrer vergeben, zehnmal an Skispringer, viermal an Leichtathleten, dreimal an Judoka. Es gewannen zudem ein Kajakfahrer, ein Bergsteiger, ein Eisschnellläufer und ein Eishockeyspieler, aber nur viermal ein Fußballer: Walter Zeman, Ernst Ocwirk und Gehard Hanappi in den 1950er Jahren und eben Toni Polster. Andreas Herzog ist nie Sportler des Jahres geworden, Herbert Prohaska und Hans Krankl auch nicht, selbst Bruno Pezzey, Josef Hickersberger oder Hans Krankl haben es nicht in die Elitehalle des österreichischen Sports geschafft. David Alaba hingegen schon.

Um einen Einblick in Alabas Welt zu bekommen, schaut man sich am besten den knapp vierminütigen Ausschnitt von der Preisverleihung an. Alaba selbst ist nicht anwesend, er ist aus München zugeschaltet. Dort sitzt er in einem kleinen Studio mit seinem Kollegen und besten Freund beim FC Bayern, Franck Ribéry. Der Franzose überreicht ihm auch den Pokal, den der ORF bereits nach Bayern geschickt hat. München ist seit 2008 Alabas zweite Heimat neben Wien, hier hat er die großen Schritte seiner Karriere gemacht. Er hat sich unter Louis van Gaal zu den Profis hochgespielt und es über den Umweg Hoffenheim unter Jupp Heynckes zum Stammspieler geschafft. Weil er mit dem FC Bayern 2013 das Triple aus Meisterschaft, DFB-Pokal und Champions League gewonnen hat, erhält er überhaupt die Auszeichnung.

Am Abend des 31. Oktober kann Alaba nicht in Wien sein, weil er drei Tage nach der Verleihung ein Bundesligaspiel zu bestreiten hat. Dabei hätte er es nicht weit nach Hause gehabt. Der Award wird im Austria Center Vienna in der Wiener Donaustadt verliehen, ein paar Kilometer weiter stadtauswärts ist Alaba aufgewachsen. In Aspern hat er das Fußballspielen gelernt, an der Akademie von Austria Wien in Hollabrunn hat er sich später zu einem der größten Talente der Vereinsgeschichte entwickelt. All das wäre nicht möglich gewesen ohne seine Familie. Papa George und Mama Gina Alaba sitzen im prunkvoll geschmückten Saal und strahlen vor Stolz über die Auszeichnung ihres Sohnes.

Alabas Reaktion auf den nächsten Titel in seiner Sammlung zeigt seine zwei Gesichter. Da wäre der Medien-Alaba, der in der Öffentlichkeit schüchtern und zurückhaltend auftritt und nur selten seine Gefühle zeigt. „Ja, das ist unglaublich, wirklich eine Riesenehre für mich“, beschreibt ein leicht überfordert wirkender Alaba, was ihm die Auszeichnung bedeutet. Er lobt in fast dialektfreiem Hochdeutsch seine Konkurrenten Marcel Hirscher und Skispringer Gregor Schlierenzauer, er bedankt sich bei allen, die ihn gewählt haben – kurz: er gibt ein relativ klassisches Fußballerinterview.

Doch kurz darauf fragt Moderator Rainer Pariasek bei Franck Ribéry nach, ob er noch einmal erzählen könne, was sein Freund ihm beigebracht hat. Als der Franzose die Frage zunächst nicht versteht, wendet Alaba sich ihm zu und meint in perfektem Wienerisch: „Naaa, welches Wort?“ Jetzt kapiert Ribéry, was von ihm verlangt wird: Grinsend sagt er mit dezent französischem Akzent: „Bist du deppat?“, und umarmt seinen Kompagnon. Es sind diese kleinen Momente, in denen der echte Alaba hervortritt, der so viel mehr ist als nur ein sehr guter Fußballer.

Doch seit der Galanacht im Herbst 2013 ist viel passiert in Alabas Leben. Er hat den Talentstatus langsam, aber sicher abgelegt und ist unter Pep Guardiola endgültig zu einem der besten Linksverteidiger der Welt gereift. Er hat sich in der österreichischen Nationalmannschaft ausgezeichnet, hat sie gemeinsam mit Marcel Koller zur Europameisterschaft 2016 nach Frankreich geführt. Doch er hat auch schon erste Rückschläge einstecken müssen: Bei der EM hat er die bislang größte Niederlage seiner Karriere einstecken müssen. Alaba wird kritischer betrachtet als jemals zuvor. Er polarisiert, obwohl er sich so gut wie nie öffentlich äußert. Die große Mehrheit seiner Weggefährten beschreiben Alaba als unheimlich talentierten, aber auch fleißigen Sportler und als gut aufgelegten Typen mit einem herausragenden Wiener Schmäh. Trotzdem wird er heute vor allem in Österreich häufig kritisiert und gilt als das Gesicht einer goldenen Nationalmannschaftsgeneration, die kurz davor ist zu scheitern. Selbst beim FC Bayern geht es nicht mehr nur steil bergauf. Er steht nun an einem wichtigen Punkt in seiner Karriere, an dem sich entscheiden wird, ob er wirklich mit den Legenden des Austro-Fußballs auf einer Stufe steht.

So oder so ist David Alaba einer der facettenreichsten Sportler in der Geschichte seines Landes. Und auch wenn der Ausschnitt von der Verleihungszeremonie 2013 einen guten Einblick in seine Persönlichkeit ermöglicht – Alabas Geschichte ist es wert, in einem ausführlicheren Rahmen erzählt zu werden.

KAPITEL 1          

Aspern – ein Ortsbesuch

Würde David Alaba heute zum Training beim SV Aspern fahren, er würde sich selbst begegnen. Gut sechs Meter groß ist das Graffiti, das eine Hauswand in der Langobardenstraße 160 ziert. Es zeigt Alaba im roten Nationaltrikot vor dem vollen Ernst-Happel-Stadion bei Nacht. Sein Gesichtsausdruck wirkt auf den ersten Blick angespannt, mit viel Wohlwollen könnte man ihn auch fokussiert nennen. Wenn man vor dem Kunstwerk steht, hat man fast das Gefühl, Alaba wolle einem gleich den Ball am Fuß in einem im Zweikampf abnehmen. Es ist ein beeindruckend gut gespraytes Graffiti, das aus dem unscheinbaren, heruntergekommenen und leerstehenden kleinen Haus eine Anlaufstelle für Alaba-Fans gemacht hat.

Bei der Vorstellung des Graffiti Anfang Juni 2016, wenige Tage vor Beginn der Europameisterschaft, war Alaba zu Gast. „Gegen diese Wand, wo das Graffiti ist, habe ich als kleiner Bub Bälle gekickt“, zitiert ihn meinbezirk.at in einem Bericht über die neue Asperner Touristenattraktion. Tatsächlich gibt es im Umkreis wohl kaum eine Hauswand, gegen die der junge Alaba nicht einmal Bälle gekickt hat. Ein paar Minuten vom Spray-David entfernt liegt die Sandefjordgasse, wo die Alabas früher wohnten. Benannt ist die Heimatgasse der Familie nach dem südnorwegischen Sandefjord, gleich nebenan liegt auch die Trondheimgasse, die Stavangergasse und die Bergengasse. Ein Hauch Norwegen in Wien-Aspern, der, wie auf wien.at nachzulesen ist, an die norwegischen Hilfspakete für die österreichische Bevölkerung nach dem Zweiten Weltkrieg erinnern soll.

Bis auf die Namen ist jedoch kein norwegischer Einfluss spürbar. Die Gemeindebauhäuser erinnern keineswegs an die kleinen, bunten Holzhäuser, die die norwegischen Städte zieren. Stattdessen setzten die Architekten auch in Aspern auf die in Wohngebieten so beliebte Kombination aus Beton und der Farbe Grau. Auch wenn man den großen Häuserblöcken anmerkt, dass der Begriff „Neubau“ seit gut 20 Jahren nicht mehr auf sie zutrifft, wirken sie erstaunlich lebendig. Die Balkone sind teilweise bunt gestrichen, Grünpflanzen zieren die Geländer. In den Vorgärten auf der rechten Straßenseite wachsen hinter einem Bambussichtschutz kleine Bäume. Die lieblose, manchmal sogar furchteinflößende Aura großer, grauer Häuser, wie man sie etwa im Berliner Osten spürt, gibt es hier nicht. Eine Prise Wiener Charme genügt, um die Wohngegend einladender zu machen.

Überhaupt fühlt sich Aspern vorstädtisch-ländlich an. Wie viel Wien soll auch noch in einem Ort stecken, der drüber der Donau liegt und damit deutlich abgeschnitten vom Zentrum ist? Von Aspern aus ist man schneller im angrenzenden Niederösterreich als in der Wiener Innenstadt, in der Stadt trägt der 22. Bezirk Donaustadt, zu dem Aspern gehört, den Kosenamen „Transdanubien“. Da wundert es nicht, dass die Bewohner nicht unbedingt den Eindruck machen, tagein, tagaus mit der U-Bahn in die Stadt zu fahren. Für den jungen David Alaba gab es diese Möglichkeit ohnehin noch nicht, erst seit 2010 verbindet die Linie U2 Aspern mit dem Zentrum.

Heute ist allein die U-Bahnfahrt einen Ausflug nach Alaba-Vorstadt wert. Vom Karlsplatz in der Innenstadt aus begleiten einen für die ersten Stationen asiatische Touristen mit Spiegelreflexkameras, die am Museumsquartier oder am Rathaus aufgeregt aus dem Zug springen, um in die Pferdekutsche zu wechseln. Von nun an ist das bunte Wien der Begleiter des Aspern-Reisenden: junge und alte Menschen, Wiener und andere österreichische Dialekte. Einige unterhalten sich auf Tschechisch, andere auf Kroatisch, und Wien wäre nicht Wien, wenn nicht auch ein Herr auf Türkisch ins Telefon brüllte. Die letzten Touristen steigen am Prater aus. Sitzen bleiben erstaunlich viele junge Leute mit eleganten Umhängetaschen. Sie verlassen die U-Bahn kurz darauf, an der Station Krieau, wo die Wirtschaftsuniversität ihren neuen Campus hat.

Die U2 fährt weiter an der Donau entlang, direkt hinter dem Ernst-Happel-Stadion vorbei. Und direkt heißt im Fall der Wiener U-Bahn wirklich direkt: Mit etwas Glück könnte man vom Waggon aus sogar das ein oder andere Tor sehen. Die Strecke macht nach dem etwas in die Jahre gekommenen Tempel des österreichischen Fußballs eine Linkskurve und überquert parallel zur Stadtautobahn A23 die Donau. Die Autobahntangente in Kagran, über die die Bahn anschließend ruckelt, ist in Österreich vermutlich sogar noch bekannter als David Alaba. Während der Fußballer es nur vereinzelt in die Radionachrichten schafft, ist das Stück Autobahn fast täglich in den Staumeldungen von Hitradio Ö3 vertreten. Auf der anderen Seite der Donau erwartet einen das vorstädtische Wien, ohne klassische Bauten, Sacher-Touristen und Lipizzaner. Hier sind die Straßen weitläufiger und die Wohnhäuser einfacher.

Das Publikum hat sich auch verändert. An der Station Donauspital, nur ein paar Minuten von Alabas erster Heimat entfernt, steigen neben einigen Anwohnern nur die Krankenbesucher aus – und ein älterer Herr, der sich auf den Weg Richtung Beisl macht. Direkt an der breiten und von jungen Bäumen begrünten Hauptstraße findet sich eine Reihe Geschäfte, die alles bieten, was man als Österreicher so zum Leben braucht. Neben dem BILLA-Einkaufsladen, der in Wien-Aspern exakt gleich eingerichtet und bestückt ist wie im 1. Bezirk, findet sich ein nettes, kleines Restaurant mit Ottakringer-Sonnenschirmen und „Ripperl mit Erdäpfel“ als Tagesgericht. Auch mittags läuft das Geschäft dort gut: An einigen Tischen wird gegessen, auf anderen sammeln sich bereits leere Gösser-Flaschen an. Gleich nebenan liegen die „Langobarden Apotheke“ und ein Mobilfunk-Geschäft. Auch die Trafik darf natürlich nicht fehlen, genauso wenig wie die Sportwetten-Annahmestelle.

Kurz: Es mangelt an nichts in Aspern, nicht einmal an der Sicherheit. Gleich ums Eck liegt die recht gut versteckte Polizeiwache, die nicht gerade den Eindruck macht, hier allzu viel Verbrechen bekämpfen zu müssen. In der Sandefjordgasse angekommen, liegt der Geruch von Fußball schon in der Luft, und nicht nur, weil David Alaba dort einst wohnte. Gleich hinter der Gasse, die so breit ist, dass sie sich eigentlich den Zunamen Straße verdient hätte, findet sich ein kleiner Fußballplatz. Zu sagen, dass der Ort, an dem der junge David das Fußballspielen lernte, irgendetwas Magisches an sich hätte, wäre übertrieben. Nüchtern betrachtet handelt es sich um ein etwa 60 Meter langes, von einem hüfthohen grünen Zaun umgebenes Feld mit zwei Stahltoren und relativ wenig Rasen. Das grüne Geläuf ist mittlerweile ein staubiger Untergrund. Man müsste schon „das Feld breit machen“, wie es im Fachjargon heißt, um den Rasen zu erreichen, der im Sommer steppenartig verdorrt ist.

Ein bis zwei Gehminuten liegt der Platz von der Sandefjordgasse entfernt. Wobei David wie jedes andere Kind vermutlich nie zum Fußballplatz gegangen ist. Insofern ist wohl eher eine halbe Rennminute als Zeitangabe korrekt. Der Fußballplatz liegt nicht nur hinter dem Wohnblock der Alabas, sondern auch gleich neben der Ganztagsvolksschule am Hammerfestweg, die bürokratisch und vollkommen unromantisch als „GTSV“ abgekürzt wird. Die Österreich fand im Jahr 2012 ein Kinderfoto, das Alaba mit Schultüte zeigt. Papa George Alaba lobt in der Bildunterschrift den braven Schüler David, der seine Aufgaben immer erledigt habe. Zitat Alaba Senior: „Wie, weiß ich zwar nicht, aber die Lehrerinnen haben ihn immer geliebt.“ Heute ziert ein Ausschnitt des Artikels den Internetauftritt der Schule, genauso wie Aufnahmen des erwachsenen Alaba, auf denen er auf der „großen Wiese“, wie sie im Viertel genannt wird, mit einigen Kindern Fußball spielt.

Die Bilder entstanden bei einem Dreh zur Adidas-Serie „Hometowns“, in der Alaba 2012 zum ersten und bisher einzigen Mal ein Kamerateam mit nach Aspern nahm. Dass Fußballer ihre Herkunft zu Promozwecken nutzen, ist gemeinhin bekannt. Cristiano Ronaldo lässt sich auf seiner touristischen Heimatinsel Madeira Statuen schmieden, Franck Ribéry rechtfertigt sein Bad-Boy-Image mit seiner Herkunft aus einem Arbeiterviertel im nordfranzösischen Boulognesur-Mer. Aspern gibt keine besondere Geschichte her, es ist kein Arbeiterviertel und erst recht kein Touristenzentrum. Nein, David Alaba stammt schlichtweg aus einem unscheinbaren, aber lieblichen Vorstadtviertel. In der Donaustadt sagen sich zwar nicht Fuchs und Hase gute Nacht, doch merkt man gerade in den Abendstunden, dass das Bermudadreieck, Wiens Partyviertel, ganze elf Kilometer entfernt ist.

Dennoch sollte man sich von den Straßennamen nicht täuschen lassen: Aspern ist keineswegs von „Gassen“ und „Wegen“ geprägt. Was kleinstädtisch, fast schon bäuerlich anmutet, ist in ganz Wien so: Straßen, die es verdient hätten, mindestens als solche bezeichnet zu werden, bekommen lediglich das Anhängsel „Gasse“. Ob die Nomenklatur aus Faulheit oder Traditionsbewusstsein erhalten wird, sei dahingestellt. Auch in der Kindheit von David Alaba gab es keinen echten Straßenbezug: Er war zuhause in der Sandefjordgasse, ging zur Schule im Hammerfestweg und spielte irgendwann auf dem Fußballplatz im Biberhaufenweg.

Das Gelände mit der Hausnummer 18 ist von einem zwei Meter hohen Metallzaun umgeben, der auf den ersten Blick etwas arg abschottend wirkt. Guckt man durch den Zaun hindurch, sieht man viel Grün: Mehrere große Bäume stehen entlang des einzigen Fußballfelds aus sattem Kunstrasen. Dem Rasen um das Feld herum ist jedoch anzumerken, dass der Wiener Sommer auch mediterrane Temperaturen mit sich bringen kann. Am nördlichen Eingang prangt ein Schild mit der Aufschrift „Sportplatz. Kantine. SV Aspern“. Daneben sind das Vereinslogo mit dem berühmten Asperner Löwen sowie ein Gösser-Schild angebracht. Neben dem klassischen Bieremblem – einem Siegel mit verschnörkeltem Band mit der Aufschrift „Gut. Besser. Gösser“ – wirkt das SVLogo fast schon modern. Der recht genau gezeichnete Löwe zeigt aggressiv seine Zähne und macht einen eher bedrohlichen Eindruck. Für Bayern-Fans bricht damit kurzzeitig eine Welt zusammen: David Alaba war tatsächlich mal ein Löwe, zum Glück allerdings kein Giesinger, sondern einer aus dem 22. Bezirk.

Das Gelände des SV Aspern ist übrigens einer dieser Orte in Wien, die man auch riechen kann. Die Dönerbuden am Schwedenplatz, die Würstlstände am Stephansdom, die Zuckerwatte am Prater – wenn man in der österreichischen Hauptstadt die Nasenflügel öffnet, strömt einem meistens der Geruch von etwas Essbarem entgegen. Am Biberhaufenweg riecht es hingegen nach Fußball, genauer gesagt: nach Kunstrasen. Das schwarze Gummigranulat verströmt besonders in der Hitze einen unverkennbaren, leicht stechenden Duft. So wie Kinder der 1970er, 1980er und 1990er Jahre immer den Geruch von saftigem Gras mit Fußball verbinden, sind es für die (Vor-)Stadtkinder der 2000er die neugebauten Kunstrasenfelder, die Erinnerungen an Jugendtage am grünen Feld hervorrufen.

Dass David Alaba irgendwann den Sprung vom staubigen Platz hinter der Sandefjordgasse auf das wenige hundert Meter entfernte Gelände des SV schaffen würde, war mit Sicherheit zu erwarten. Dass er auf dem Weg von seiner Wohnung, vorbei an der Schule und der Hauswand, auf der er später einmal verewigt werden sollte, im wahrsten Sinne des Wortes nur die ersten Schritte am Beginn einer ereignisreichen Karriere zurücklegte, hatte jedoch keiner kommen sehen. Fest steht, dass man in Aspern an Alaba denkt. Neben dem Graffiti ist das FC-Bayern-Trikot mit der Nummer 27 im dunkelgrün gestrichenen Klubheim des SV Aspern eine Art Heiligtum. David Alaba kommt aus der Donaustadt, er wird im Wikipedia-Artikel des Stadtteils unter anderem neben dem Jazzmusiker Fatty George und dem Rallyefahrer Rudi Stohl in der Rubrik „Persönlichkeiten“ aufgeführt.

Doch gleichzeitig ist David Alaba nicht omnipräsent. Fährt man in Österreich übers Land, begegnet man an Ortseinfahrten Schildern wie „Annaberg – Heimat von Marcel Hirscher“ oder „Fieberbrunn grüßt seinen Medaillengewinner Manuel Feller“. In Aspern huldigt man seinem Star nicht, vielleicht huldigt man hier aber auch gar niemandem. Die Bewohner, egal ob sie in der Trafik ihre Lottoscheine ausfüllen oder vormittags unter vergilbten Sonnenschirmen ihr Bier trinken, machen einen bodenständigen Eindruck. Die Asperner Wohnblocks laden nicht zum Träumen ein, sie sind keine mystische Geburtsstätte eines Jahrhundertfußballers. Selbst am Gelände des SV Aspern weht nicht der Spirit Alabas über das Feld, der junge Fußballer zu Weltstars werden lässt.

Nein, in Aspern zeigt sich schlichtweg das Idealbild einer freundlichen, praktischen Vorstadt mit vielen Grünflächen und mittlerweile guter öffentlicher Anbindung. Und wenn man dem größten Fußballexport Transdanubiens irgendwann doch ein Denkmal setzen wollte, könnte man einen Weg oder eine Gasse, vielleicht ja sogar eine Straße nach ihm benennen. Oder man könnte vom Trainingsgelände der Asperner Löwen ein paar Minuten den Biberhaufenweg entlanggehen und auf den Asperner Heldenplatz stoßen, wo der Löwe von Aspern aus Sandstein auf seiner Empore liegt. Er erinnert an Napoleons Niederlage 1809 gegen die österreichischen Truppen unter Erzherzog Carl und an die in der Schlacht gefallenen Soldaten. Auch wenn die Löwenfigur in Überlebensgröße geschaffen wurde, füllt sie den Heldenplatz bei Weitem nicht aus. Es wäre also noch ein wenig Raum für ein zweites Denkmal.

KAPITEL 2          

Einmal Löwe, immer Löwe

Seit 2017 sind Löwen in der Allianz Arena endgültig unbeliebt. Mit dem Auszug des TSV 1860 München ist die Heimat des FC Bayern nun raubtierfrei, wenn man den freundlich dreinblickenden, etwas dicklichen Bären Berni, das Maskottchen des Vereins, einmal außen vor lässt. Weder bei den Fans des FCB noch im Verein sind Löwen gern gesehen. Ein stadtbekannter Münchner Fangesang handelt davon, dass Löwen in den Zoo gehören – und sonst nirgendwohin. Doch es gibt eine Ausnahme: Auf der linken Abwehrseite verteidigt beim deutschen Rekordmeister seit einigen Jahren ein echter Löwe, allerdings zum Glück keiner vom TSV. David Alaba ist ein Löwe vom Biberhaufenweg.

Dass Alaba sich so nennen darf, hat er einem abendlichen Ausflug mit seinem Vater zu verdanken. Es war im Winter 2001, und Alaba, fleißiger Organisator von Fußballmatches auf dem kleinen Ascheplatz hinter dem Haus, sollte irgendwann doch lernen, auf Rasen und in einer echten Mannschaft zu kicken. Da kam der SV Aspern, auf dessen Vereinsemblem ein stolzer Löwe prangt, gerade recht. Nur wenige Gehminuten entfernt liegt der Trainingsplatz, dessen Flutlichtanlage abends immer so hell leuchtet, dass er den Nachwuchs geradezu magisch anlockt. George Alaba marschierte an jenem Abend höflich auf den Trainer des SV zu und fragte, ob der neunjährige David mal ein Probetraining machen dürfe. Emanuel Dahner, der früher einmal als Müllmann im Viertel gearbeitet hatte und nun den Nachwuchs der Asperner Löwen trainierte, lud den schüchternen David ein, direkt mitzumachen. Alaba war so euphorisch, dass er sich gleich eine Zerrung zuzog.

Doch das hielt den kleinen David nicht lange davon ab, sich von nun an ganz und gar seinem Hobby Fußball zu widmen. Mehrmals pro Woche trainierte er mit seinen Mannschaftskollegen, zu denen auch Emanuel Dahner junior zählte, der einer seiner besten Freunde wurde. Seine Trainer aus der Zeit beim SV Aspern berichten von beeindruckenden Statistiken: Alaba soll in einer Saison 90 Tore geschossen haben. Immer wieder heißt es, dass Alaba raubkatzenartig schnell war, schneller und besser als alle anderen. Bei Turnieren wurde er zum besten Spieler gewählt. Wenn seine Mannschaft in Rückstand geriet, drehte Alaba teilweise alleine das Spiel. Aber nicht nur auf dem Platz stach er hervor: Bei einer Weihnachtsfeier legte sein Vater als DJ auf, und David zeigte, dass er nicht nur kicken, sondern auch tanzen kann. Aus dem Abend wurde schließlich sogar noch eine Karaokeshow.

Wirklich viel zu verdanken hat Alaba beim SV Aspern vor allem Dahner. Denn im Gegensatz zu vielen anderen Jugendtrainern, die ihre Schützlinge gerne möglichst lange um sich scharen, erkannte Alabas Trainer früh, dass Aspern auf Dauer nicht der richtige Ort für einen so außerordentlich talentierten Jungen war. Alabas Eltern, die, wie die meisten Eltern, weniger darauf achteten, wie ihr Sohn trainierte, sondern welche Noten er in der Schule schrieb, ließen sich von Dahner überzeugen. Er kontaktierte seinen ehemaligen Mitspieler Damir Canadi, der sich später einen Namen als Trainer in der österreichischen Bundesliga machte, und bat ihn um Hilfe bei der Suche nach einem Profiverein. Canadi half tatsächlich, ein Scout von der Wiener Austria kam zum Treffen der beiden hinzu und notierte sich den Namen Alaba.

Es war der erste von vielen Schritten, die Alaba auf dem Weg in den Profifußball gehen würde. Ohne Dahner wäre er jedoch kaum möglich gewesen. Dass das größte Talent, das jemals auf dem Asperner Kunstrasen spielte, nicht einmal zwei Jahre blieb, ist der etwas traurige Teil der Geschichte. Auch für Dahner war der Abgang schwierig, er musste die eine oder andere Träne verdrücken. Doch die Verbindung zu Alaba blieb bestehen: Bis heute sind die beiden in Kontakt. Wie viele andere geriet auch Dahner bei den Alabas nicht in Vergessenheit.

Immer wieder schaut Alaba mal im Biberhaufenweg vorbei, dort, wo alles begann. Dass er bereits als Elfjähriger zur Austria weiterzog, war nur konsequent. Frühe Wechsel waren im Nachwuchsbereich schon damals eine Pflicht, das Ausbildungsniveau bei den Topvereinen ist einfach ungleich höher. Philipp Lahm wechselte als Zwölfjähriger von der FT Gern zum FC Bayern, Thomas Müller wie Alaba mit elf vom TSV Pähl an die Säbener Straße. Alaba sollte auf dem Weg zum FC Bayern noch eine Zwischenstation einbauen: Die Akademie von Austria Wien wartete auf ihn. Seine Vergangenheit als Löwe stellte für Alaba bei keinem der beiden Vereine ein Hindernis dar, im Gegenteil. So wie Alaba ein Glücksfall für den kleinen SV Aspern war, so war auch der abendliche Ausflug im Winter 2001 der vermutlich wichtigste Spaziergang, den George und David Alaba jemals gemeinsam gemacht haben.

KAPITEL 3          

Die Familie Alaba

Das verschmitzte Lächeln sitzt perfekt. Drei Jahre und ein paar Monate alt ist der kleine David Alaba, als ein Kamerateam des ORF in die Wohnung seiner Familie kommt. In einem lila Pullover sitzt er da auf dem Sofa neben seiner Großmutter und kann die Augen kaum von der Kamera lassen. Das Team der ORF-Sendung Am Schauplatz begleitet Alabas Vater George, der als einer der ersten dunkelhäutigen Soldaten in der österreichischen Armee dient. Papa Alaba ist bereits 34 Jahre alt, als er ins Bundesheer einberufen wird, seine Mitstreiter sind um einiges jünger. Am Tag der Angelobung am Rathausplatz in Wien ist er ein beliebtes Fotomotiv. Das Bundesheer der Österreicher internationalisiert sich in den 1990er Jahren zunehmend. Zuwanderer aus Afrika, Asien oder den arabischen Ländern haben nach zehn Jahren Aufenthalt ein Recht auf die österreichische Staatsbürgerschaft, die sie zum Heeresdienst verpflichtet.

George Alaba ist einer von ihnen. Gemeinsam mit einem Freund trifft er vor dem Rathaus sogar den damaligen Bundespräsidenten Thomas Klestil. „Heute angelobt? Großartig, ein Bekenntnis zu Österreich, das freut uns“, meint Klestil, während er den beiden Anwärtern die Hände schüttelt. Acht Monate lang macht Alaba eine Ausbildung zum Grundwehrdiener und steigt danach zum Gefreiten auf. Wie alle seine Mitstreiter lernt er zu salutieren, sich durchs Gebüsch zu schleichen und seine Kleidung ordentlich in den Schrank zu sortieren. Doch daneben hat George Alaba sich um seine Familie zu kümmern, im Gegensatz zu seinen deutlich jüngeren Anwärterkollegen.

Die Geschichte von David Alabas Vater ist so interessant, dass vermutlich George mehr im Fokus stehen würde, wäre sein Sohn nicht einer der besten österreichischen Fußballer aller Zeiten. 1961 in Ogere, 80 Kilometer nördlich von Nigerias größter Stadt Lagos, geboren, kam Alaba senior 1984 gemeinsam mit einem Schulkameraden nach Wien. Der Onkel seines Freundes arbeitete bei der UNO in Österreich und lud die beiden auf Besuch ein – George jedoch blieb, lernte ein paar Semester Deutsch und begann an der Wirtschaftsuniversität zu studieren. Die Geschichte, dass Alaba in Österreich politisches Asyl erhielt, ist tatsächlich nur eine Geschichte, allerdings keine wahre.

Ende der 1980er Jahre wurden für George Alaba dann die Bücher immer uninteressanter, dafür standen jetzt die Platten im Fokus. Das Studium an der WU brach er ab und widmete sich seiner Karriere als DJ. Alaba legte im African Club im ersten Bezirk auf, einem internationalen Tanzlokal, musikalisch bestimmt von Tanzrhythmen mit Reggae-Einfluss. 1997 lernte er beim Auflegen die Wiener Sängerin Petra Suk kennen, die sich als die Gesangspartnerin rausstellte, nach der er lange gesucht hatte. Gemeinsam gründeten sie das Duo Two in One und hatten mehr Erfolg, als sie sich hätten ausmalen können. Mit dem „Indian Song“ landeten sie auf Platz zwei der österreichischen Singlecharts und holten eine Goldene Schallplatte. Ihre Alben Now and Forever und Around the World aus den Jahren 1998 und 1999 landeten auf Platz acht der Charts. Der klassische Dance-Pop der 1990er Jahre in Verbindung mit afrikanischen Einflüssen kam gut an und traf den Nerv der Zeit. In Österreich waren daneben Künstler wie Shaggy unheimlich beliebt – vor dem sich Two in One keinesfalls verstecken musste.

Sieben Jahre lang war das Duo erfolgreich, dann kam das jähe Ende. Eine deutsche Plattenfirma hatte sich die Namensrechte für den Bandnamen gesichert, einen Rechtsstreit konnten sich Alaba und Suk nicht leisten. Die Combo löste sich auf, und George Alaba kehrte in seinen altbekannten Lifestyle zurück. Als DJ legte er jahrelang in verschiedenen Nachtklubs auf, unter anderem im Beverly Hills, einer Gogo-Bar. Als die Süddeutsche Zeitung Alaba senior 2010 im Interview danach fragte, welche Art von Spaß die Gäste in dem Nachtklub haben, versicherte er sofort: „Es ist nur Go-go und kein Prostitutionslokal. Es gibt dort keinen Kontakt mit den Frauen oder sogar Sex.“

George Alabas Lebensrhythmus passte eigentlich nicht mit dem eines Vaters eines aufstrebenden Fußballers zusammen, doch das sollte kein Hindernis sein. Nachts arbeitete er im Klub, tagsüber kutschierte er seinen Sohn zum Training oder zu Spielen. George schlief teilweise im Auto, dann am Nachmittag noch einmal daheim, bevor er um 21:30 Uhr auflegte, und vielleicht noch einmal kurz, wenn er um fünf Uhr früh nach Hause kam. Erst als Alaba nach Hollabrunn in die Akademie der Wiener Austria wechselte, entspannte sich die Lage für seinen Vater etwas. Doch immer noch waren Davids Eltern so oft bei ihrem Sohn und seinen Jugendmannschaften, wie es nur irgendwie möglich war.

Papa Alaba hatte alles, was einen hervorragenden Fußballervater auszeichnet. Er hatte selber viel erlebt, hatte sich durchsetzen und zurechtfinden müssen in einer neuen Umgebung. Weil er wusste, wie schwer das ist, erkannte er, dass sein Sohn beim FC Bayern gut aufgehoben sein würde, und sorgte dafür, dass David nach München ging. Menschen, die Alabas Vater kennenlernten, beschreiben ihn als unheimlich herzlich und dankbar. Noch heute bringt er etwa Werner Kern, Davids Entdecker beim FC Bayern, ab und an ein kleines Geschenk vorbei. Alaba senior sagte einmal in einem Interview, dass seine Familie dem Junior eine afrikanisch-asiatisch-europäische Moral mitgeben wollte. Von ihm habe David das Afrikanische, den Ehrgeiz und den großen Willen, führte der Vater aus. Wille ist ein interessantes Stichwort: Denn es ist auch George Alaba, der immer wieder fordert, dass sein Sohn im Mittelfeld spielt. Will man es positiv formulieren, traut er ihm zu, auch dort zur Weltklasse zu gehören. Kritischere Stimmen jedoch meinen, dass Alaba senior die Stärken seines Sohnes verkennt, der auf der linken Abwehrseite besser aufgehoben sei.

Mit derlei Positionsdebatten kann Gina Alaba deutlich weniger anfangen. Davids Mutter beschäftigt sich nicht so sehr mit den fußballerischen Fähigkeiten ihres Sohnes, sondern lebte vor, wie man harte Arbeit mit familiärer Geborgenheit verbindet. 1984 kam Gina Alaba, Tochter eines Reishändlers auf den Philippinen, nach Wien und ließ sich dort ihr Diplom als Krankenschwester anerkennen. Sie begann im Seniorenheim zu arbeiten, lernte daneben Deutsch und bewies sich auch als Model. Mitte der 1980er Jahre gewann sie den „Miss Philippines-Austria Contest“. 1988 lernte sie auf einer Party George kennen, die beiden kamen zusammen. 1992 erfüllten sie sich mit David ihren Kinderwunsch, 1994 kam Schwester Rosemaie zur Welt. David erhielt den zweiten Vornamen Olatokunbo, nigerianisch für „Reichtum und Freude, die aus einem fernen Land gebracht wurden“. Wie passend.

Die Alabas arbeiteten beide weiterhin Vollzeit, organisierten den Tagesablauf und erzogen nebenbei ihre Kinder. Gina Alabas Schwester und Eltern halfen hier und da aus und passten auf den Nachwuchs auf, doch die entscheidenden Dinge brachte den Kindern die Mutter bei. Jeden Tag betete die Familie mehrmals gemeinsam, die Kommunikation mit und das Vertrauen in Gott war vor allem Gina unheimlich wichtig. Sie vermittelte ihren Kindern Werte wie Disziplin und Bodenständigkeit, indem sie ihnen Geschichten von ihrer eigenen Kindheit auf den Philippinen erzählte. Gleichzeitig berichten Alabas Wiener Jugendtrainer begeistert davon, wie euphorisch sie bei jedem Spiel an der Seite stand und keineswegs nur ihren eigenen Sohn, sondern immer die ganze Mannschaft unterstützte.

Auch Alabas Schwester Rosemaie reiste häufig mit zu den Spielen des großen Bruders. Doch es dauerte nicht lange, bis sie sich um ihre eigene Karriere kümmerte. Während David in München Champions League spielte, wurde seine Schwester 2011 einer der Stars der Sendung Popstars und Bandmitglied bei der Gruppe BFF, die sich jedoch 2013 wieder auflöste. Rosemaie machte eine Ausbildung an der 1st filmacademy in Wien und widmete sich dann vermehrt der Musik: „Love Me Right“, ihre erfolgreichste Single, schaffte es auf Platz 30 in den österreichischen Charts, bei den Special Olympics 2017 war ihr Song „Can You Feel It“ die offizielle Hymne.