BIBLIOGRAFISCHE INFORMATION DER DEUTSCHEN NATIONALBIBLIOTHEK

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2018

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© by Athesia Buch GmbH, Bozen

Design & Layout: Athesia-Tappeiner Verlag

Druck: Athesia Druck, Bozen

ISBN: 978-88-6839-348-9

www.athesia-tappeiner.com

buchverlag@athesia.it

Inhaltsverzeichnis

  1. Einführung
    1. Wissenschaftliche Fragestellung und Erkenntnisinteresse
    2. Wissenschaftliche Methode
    3. Forschungsstand
  2. Entwicklung der Südtiroler Verlagslandschaft von 1800 bis heute
    1. Die Anfänge der Verlagsbranche im 19. Jahrhundert bis zum Jahr 1919
    2. Südtirol bei Italien – Faschismus – II. Weltkrieg
    3. Der Wiederaufbau einer Kultur nach 1945
    4. Das zweite Autonomiestatut und neue verlegerische Möglichkeiten
    5. Die 1990er-Jahre oder Ein Boom der Südtiroler Verlagsbranche
    6. Die Verlagslandschaft im neuen Jahrhundert
  3. Die heutige Südtiroler Verlagslandschaft
    1. Ergebnisse der Interview- und Fragebogenanalyse – Relevante Verlage auf dem Südtiroler Buchmarkt
      • 1.1 Produkte
      • 1.2 Publikationssprachen, Autoren und Zielgruppen
      • 1.3 Druck, Vertrieb, Presse und Marketing
      • 1.4 Die Wirtschaftlichkeit: Fördermittel und Absatz
    2. Kleinstverlage und Einzelunternehmen
    3. Der heutige geopolitische Einfluss auf die Verlagslandschaft Südtirols
  4. Fazit und Ausblick
  5. Literatur- und Quellenverzeichnis
    1. Forschungsliteratur
    2. Quellenverzeichnis
  6. Anhang
    1. Zeitleiste (eigene Darstellung)
    2. Leitfaden bzw. Fragebogen

I. Einführung

1. Wissenschaftliche Fragestellung und Erkenntnisinteresse

Das Land Südtirol, welches zusammen mit der Provinz Trient die nördlichste Region Italiens bildet und zu 70 Prozent deutschsprachig ist, ist mit 7.400 km2 Fläche1 und 525.092 Einwohnern2 mindestens um die Hälfte kleiner als zwölf von den 16 deutschen Bundesländern. Dennoch hat sich im Laufe der Jahrhunderte, ein essentieller Entwicklungsschub ist für das 20. Jahrhundert zu verzeichnen, eine eigene und an den geopolitischen Bedingungen dieses Territoriums orientierte Verlagslandschaft entwickelt, die in vergleichbar großen Regionen anderer deutschsprachiger Länder so offenbar nicht existiert. Betrachtet man den gesamtdeutschsprachigen Buchmarkt, sind die einzelnen Verlage Südtirols marktwirtschaftlich wenig bedeutend. Dies hängt mit der Größe des Landes und der Anzahl der Verlage im Vergleich zu Deutschland oder Österreich zusammen. So gab es 2015 allein in der Stadt München 1253 Verlage, in Südtirol lag der Durchschnitt in den letzten Jahren bei höchstens 20. In der Funktion als Kulturvermittler4 waren und sind die Verlage allerdings sehr wichtig zur Erhaltung und Pflege der deutschsprachigen Südtiroler Kultur. Demnach besteht durchaus kulturelle Relevanz der Verlage auf dem Südtiroler Markt bzw. des Südtiroler Buchmarktes selbst. Durch die Zwei- bzw. Dreisprachigkeit5 der Bevölkerung steht der Literaturbetrieb vor ganz besonderen Herausforderungen. Außerdem können durch den Hauptwirtschaftszweig Tourismus thematische Schwerpunkte gesetzt werden und einem Verlag stehen verschiedene Möglichkeiten bezüglich Veröffentlichungssprache und Zielgruppen offen.

Überdies ist auch eine einheimische Leserschaft in Südtirol vorhanden und folglich die häufige Annahme, dass die Südtiroler Bevölkerung nicht lese, ein Trugschluss. Immerhin wurde vom Landesinstitut für Statistik herausgefunden, dass die Mehrheit der Südtiroler zumindest gelegentlich Bücher in ihrer Freizeit liest. Im Jahr 2012 lasen 60,4 Prozent der Südtirolerinnen und Südtiroler ab dem sechsten Lebensjahr mindestens ein Buch pro Jahr nicht für Studien- oder Arbeitszwecke.6 Ein weiterer Beweis dafür ist das für Südtirol außerordentlich positive Ergebnis der Pisa-Studie im Jahr 2004. Im Kompetenzbereich Lesen holten die Schüler nicht nur weitaus mehr Punkte als der Rest Italiens, Österreich oder Deutschland, sondern auch als der eindeutige Pisa-Erste Finnland. Außerdem war Südtirol auch jener „Staat“, in dem die meisten Kinder und Jugendliche ins höchste Level der Lesekompetenz eingestuft wurden.7

Die Provinz Bozen8 ist vor allem als Tourismusregion bekannt, wodurch der Wirtschaftszweig auch für andere Bereiche, wie die Buchbranche, eine Bedeutung hat. In dieser Untersuchung wird Südtirol jedoch vor allem als Kultur- und Literaturregion betrachtet. Als solche stand das Land bereits häufig im Fokus wissenschaftlicher Beiträge. Bis heute gibt es allerdings keine informativ-instruktive empirische Studie über die Verlagslandschaft Südtirols. Es gibt keine publizierten Informationen über die wirtschaftliche und kulturelle Entwicklung des Südtiroler Buchmarktes und nur vereinzelte Daten bezüglich Verlagslandschaft und Buchhandel. Auch der Verfasser der Geschichte des Buchhandels in Österreich, Norbert Bachleitner, erkennt Lücken und Aufklärungsbedarf in der Forschung über die Buchbranche in Österreich und Südtirol. Er sieht die unerforschten Bereiche vor allem im 19. und im 20. Jahrhundert. Dementsprechend handelt es sich bei der wissenschaftlichen Beschäftigung mit der Entwicklung der Südtiroler Verlagsbranche um ein Desiderat.

Mit der hier vorgelegten Arbeit wird versucht, diese Forschungslücke quellengesättigt zu schließen. Da sich die Buchbranche in Südtirol in Abhängigkeit von den politischen und gesellschaftlichen Faktoren der Landesgeschichte entwickelt hat, steht folgende wissenschaftliche Leitfrage im Fokus der Arbeit: Welche geopolitischen Einflüsse in der Geschichte und Gegenwart des Landes Südtirol haben dessen Verlagslandschaft zu der geformt, die sie heute ist? Zum Ersten sollen die geopolitischen Rahmenbedingungen mit ihren literarischen und ökonomischen Auswirkungen auf die Entwicklung des Buch- und Verlagsgeschäfts seit 1800 herausgearbeitet werden. Zum Zweiten liegt das Erkenntnisinteresse an einer dezidierten Beschreibung der aktuellen Verlagslandschaft Südtirols. Die Untersuchung gliedert sich in zwei Themenbereiche. Dies erscheint zielführend, da die Entwicklungsgeschichte als Basis der aktuellen literarischen Entwicklungen und damit verbunden des Marktpotenzials der Verlagslandschaft Südtirol dient. Der Anfang wird auf das frühe 19. Jahrhundert gesetzt, als die ersten Verlage gegründet wurden. Auch die Literaturversorgung spielt eine wesentliche Rolle in der vorliegenden Arbeit, da sie mit der Verlagsbranche einhergeht. Forschungsgegenstand ist demnach sowohl die Verlagslandschaft als auch – vor allem im ersten Kapitel des Hauptteiles – die Gesamtheit der Literaturversorgung des Landes Südtirol. Im Detail liegt der Fokus auf der Beantwortung folgender Teilfragen: Entwickelten sich parallel ein deutschsprachiger und ein italienischer Buchmarkt in Südtirol? Wann wurden die meisten Verlage gegründet bzw. wann haben die meisten existiert und warum? Welche historischen Einschnitte haben die Verlags- und Literaturbranche geprägt? Welche Verlage sind heute noch relevant? Welche Besonderheiten ergeben sich im Verlag durch die Mehrsprachigkeit der Südtiroler Bevölkerung und den starken Tourismus? Ist es ein Anliegen der Südtiroler Verleger, Titel regionaler Autoren zu veröffentlichen?

2. Wissenschaftliche Methode

Bei der vorliegenden Arbeit handelt es sich um eine explorative Studie, die sich in zwei Untersuchungsschritte gliedert: 1) um eine historische Rekonstruktion der Verlagsgeschichte Südtirols unter sich wandelnden politischen Bedingungen und 2) um die zusammenfassende Auswertung und Analyse von leitfadengeführten Experteninterviews. Im ersten Untersuchungsteil wird die Entfaltung des Verlagswesens von 1800 bis zur Gegenwart anhand von Literatur und Quellen chronologisch aufgezeigt. Dazu wird in folgenden methodologischen Schritten vorgegangen:

Um die Forschungsfrage zu beantworten, werden die Kausal- und Wechselwirkungen der historischen Geschehnisse und der Entwicklung der Verlage sowie der Literatur Südtirols herausgearbeitet. Die Einteilung der Unterkapitel erfolgt chronologisch nach einflussreichen Zäsuren.

Der Fokus liegt auf dem herstellenden Buchhandel Südtirols, weil der geopolitische Einfluss und vor allem die Mehrsprachigkeit auf die Buchproduktion noch nie wissenschaftlich beleuchtet wurden. Weder der vertreibende Buchhandel noch die Zeitungs- und Zeitschriftenbranche werden behandelt. Aus diesem Grund werden die Informationen, vor allem über die ATHESIA AG, welche neben der Verlagsanstalt und den Buchhandlungen für die Tageszeitung Dolomiten und anderen Periodika bekannt ist, gefiltert. Eigenverleger bzw. Self Publisher, reine Druckereien, Verlagsdienstleister oder Betriebe, die eigentlich in anderen Bereichen tätig sind und nur gelegentlich fachbezogene Bücher ihrer Branche produzieren bzw. überhaupt keine Bücher verlegen, werden nicht betrachtet. Auch nicht näher eingegangen wird auf die Entwicklung des Buchdruckes, da diese sich nicht erwähnenswert von den restlichen Ländern Mitteleuropas unterscheidet. Ebenfalls vernachlässigt werden muss der Buchmarkt im restlichen Italien. Da das Land Südtirol bis nach dem Ersten Weltkrieg nicht zu Italien gehörte und durch den späteren Autonomiestatus eigene Gesetze erlassen darf, beeinflusste der italienische Markt zumindest die Buchbranche nur mäßig. Über die Entwicklung des italienischen Buchmarktes gibt es bereits zahlreiche Bücher. Chronologisch eingeordnet werden hingegen grundlegende Einschnitte der Literaturszene in den drei Landessprachen, da Literatur einen untrennbaren Bestandteil der Verlagsbranche darstellt.

Das zweite Hauptkapitel zeigt die qualitative Inhaltsanalyse der fünf eigenständig konzipierten Experteninterviews mit den heute aktiven Verlagen, die für diese Arbeit im Zeitraum vom 08.05.2017 bis zum 17.06.2017 durchgeführt wurden. Als Kriterien für die Auswahl der Verlage, die als relevant eingestuft und genauer beleuchtet werden, gelten folgende:

Aus diesen Kriterien ergeben sich folgende Verlage in alphabetischer Reihenfolge:

Neben dem Handwerk der Desktop-Recherche, bezogen auf die Internetauftritte der Verlage, findet die Informationsbeschaffung hauptsächlich durch qualitative Interviews bzw. Fragebögen statt. Alle Informationen, die sich durch die Recherche auf den Verlagswebseiten nicht erschließen lassen, aber interessant für die Darstellung der aktuellen Verlagslandschaft sind, sollen anhand der methodologischen Vorgehensweise des Experteninterviews mit dem Erhebungsinstrument Leitfadeninterview herausgefunden werden. Ein Experteninterview definiert sich über die Zielgruppe der Interviewten, bei denen es sich um Experten in dem zu erforschenden Bereich handelt, sowie über das Interesse des Interviewers an dem Expertenwissen. Dafür geeignete Antworten werden als faktische Befunde angesehen. Natürlich wird berücksichtigt, dass die subjektive Meinung der Interviewten dennoch mithineinspielt.9

Der Leitfaden für die vorliegende Arbeit besteht aus vorformulierten Fragen, dessen Antworten zusammengesetzt aus Fakten und Erfahrungswissen einen Zugang zum Wissensbereich Verlagswesen Südtirol eröffnen sollen. Demnach werden „systematisierende Experteninterviews“ durchgeführt.10 Dabei werden das „Frage-Antwort-Schema“, bei dem die offenen Fragen in einer festen Reihenfolge gestellt werden, und das „Erzählaufforderung-Erzählung-Schema“ kombiniert.11 Sowohl aus ethischen als auch aus praktischen Gründen werden die Interviewten im Vorhinein über den Rahmen und den Zweck der Forschung informiert. Wie in der Regel eines Leitfadeninterviews werden allen Experten dieselben Fragen gestellt.12 Drei der Verleger bevorzugen es, die Fragen schriftlich zu beantworten, weshalb ihnen der Leitfaden in Form eines Fragebogens übermittelt wird. Die Vergleichbarkeit bei der Auswertung wird aus dem Grund gewährleistet, dass alle Experten dieselben Fragen beantworten. Bei den geplanten Interviews mit den Verlegern wird Rollenwissen angestrebt, also Insiderwissen über Abläufe in den Betrieben, Deutungswissen oder Hintergrundwissen in Erfahrungsbereichen, die sonst schwer zugänglich sind.13 Die Leitfäden werden vor der Durchführung der Interviews auf Beantwortbarkeit geprüft.

Die qualitative Inhaltsanalyse dieser Fallstudien ermöglicht die gegenwärtige Darstellung der Südtiroler Verlagsbranche. Die angewandten Schritte der Inhaltsanalyse der Interviews und Fragebögen folgen abgewandelt der Methode nach Philipp Mayring:

Die Vorgehensweise nach Mayring erscheint sinnvoll, da sich die Analysetechnik der zusammenfassenden Inhaltsanalyse für die leitfadengeführten Expertenbefragungen anbietet. Nach dieser Methode werden die Informationen der Experten über die verschiedenen Verlage paraphrasiert, generalisiert und reduziert und schließlich mithilfe eines Kategoriesystems strukturiert und interpretiert. Als erster Schritt werden die Analyseeinheiten festgelegt:15 Die „Kodiereinheit“ sind die für jede Kategorie relevanten Informationen aus dem Interviewmaterial und den Fragebögen. Die „Kontexteinheit“ umfasst alle Antworten und Zusatzerzählungen einer Person und die „Auswertungseinheit“ besteht schließlich aus dem gesamten Antwortmaterial inklusive zusätzlicher Informationen aus Quellen wie die Verlagswebseiten und Zeitungsartikel.16 Durch die induktive Kategoriedefinition, wodurch die Kategorien ohne Bezug auf vorformulierte Theorien gebildet werden17, entstehen folgende Kategorien – und somit Unterkapitel des zweiten Hauptteiles: „Produkte“, „Publikationssprachen, Autoren und Zielgruppen“, „Druck, Vertrieb, Presse und Marketing“ und „Die Wirtschaftlichkeit: Fördermittel und Absatz“. In diesem Zusammenhang sollen die letzten vier der oben genannten Teilfragen beantwortet werden. Bezüglich der Gütekriterien wird auf Validität im Sinne der Offenheit wertgelegt, wodurch die Experten zwar konkrete Fragen gestellt bekommen, aber auch immer die Möglichkeit haben, selbst etwas hinzuzufügen. Außerdem werden die sozialen und kommunikativen Effekte der Interviewsituation in die Analyse und der Interpretation systematisch miteinbezogen, da eine Bereinigung davon nicht möglich ist.18

Um die für den Südtiroler Buchmarkt relevanten Verlage anhand der oben genannten Kriterien herauskristallisieren zu können, mussten sie zuerst aus allen Südtiroler Betrieben mit verlegerischer Tätigkeit in einem Auszug der Handelskammer selektiert und anschließend analysiert werden. Außer den fünf zu vergleichenden Verlagen werden in einem Unterkapitel noch weitere Unternehmen erwähnt. Da sie allerdings nicht alle geforderten Kriterien erfüllen, sind sie nicht bedeutsam für die Analyse. Somit kann durch die Abarbeitung dieser Liste eine Vollständigkeit in der Präsentation der aktuellen Verlagslandschaft garantiert werden.

Zur besseren Übersicht über die Geschichte der verschiedenen Südtiroler Verlage befindet sich eine Zeitleiste im Anhang dieser Arbeit.

3. Forschungsstand

Die Recherche nach publizierter Literatur über die Verlagsbranche Südtirols war ergebnislos. Wie bereits erwähnt, gibt es zahlreiche Bücher über die Entwicklung des deutschen, österreichischen und italienischen Buchmarktes, allerdings schließen alle Betrachtungen Südtirol aus.19 Obwohl es zahlreiche Werke über die Geschichte des Landes gibt und auch die Literatur öfters erforscht wurde, z.B. von Beatrice Simonsen Grenzräume. Eine Literarische Landkarte Südtirols (RAETIA 2016), stellt die historische Erforschung der Verlagsgeschichte Südtirols und die Analyse des literarischen Gegenwartsmarkts wissenschaftliches Neuland dar. Ebenso gibt es Studien über den Einfluss der Mehrsprachigkeit Südtirols auf die Literaturproduktion. Beispiele dafür sind die Werke Mehrsprachigkeit als Ressource in der Schriftlichkeit (De Gruyter Mouton 2016), herausgegeben von Peter Rosenberg und Christoph Schroeder sowie Schreiben, Text und Mehrsprachigkeit von Claudia Maria Riehl (Stauffenburg 2001). Dennoch gehen diese Untersuchungen nicht auf das Verlagswesen ein, wodurch die vorliegende Qualifikationsschrift ein unerforschtes Gebiet bedient.

Aufgrund der fehlenden aussagekräftigen Forschungsliteratur muss auf unkonventionelle Schriften zurückgegriffen werden. Es ist nicht verwunderlich, dass das Thema Südtiroler Verlagswesen in Diplomarbeiten Österreichischer Universitäten aufgegriffen wurde. Im Jahr 1993 schrieb Giulia Parisi ihre Arbeit Verlagswesen und Literaturproduktion in Südtirol. Der Titel verspricht zwar eine ausführliche Auseinandersetzung mit dem Verlagswesen Südtirols, es zeigt sich allerdings, dass lediglich das letzte Drittel der Arbeit die Situation der damals aktiven Verlage schildert. Die restlichen Abschnitte erklären die Abläufe in einem Buchverlag und gehen auf die Literatur und Zeitschriften des Landes ein.

Die zweite Arbeit von Andreas Brunner, Kleinverlage in Tirol. Zur Situation der belletristischen Kleinverlage in Nord- und Südtirol stammt aus dem Jahr 1997. Diese Untersuchung umfasst Kleinverlage im gesamten Tirol. Brunner beschreibt lediglich die Situationen von Kleinverlagen als Momentaufnahme, weshalb der größte Südtiroler Verlag ATHESIA nicht berücksichtigt wird. Somit fehlt erstens einer der wichtigsten Verlage des Landes. Aufgrund des zweiten wesentlichen Faktors, dass er nur die deutschsprachigen Verlage beleuchtet, wird das Verlagsbild noch weniger realistisch dargestellt. Interessant für die vorliegende Arbeit sind aber die Fragebögen und Kurznotizen, die sich im Anhang von Brunners Studie befinden. Die Auswertung davon – und somit Brunners Text – betrifft die Gesamtsituation der deutschsprachigen Kleinverlage in ganz Tirol und ist nur bedingt hilfreich.

Während die beiden Schriften von Parisi und Brunner Momentaufnahmen von Teilen der Südtiroler Verlagsbranche in den Jahren 1993 und 1997 zeigen, bleiben die Entstehungsgeschichte sowie Zusammenhänge mit der geopolitischen Historie des Landes erneut unbeachtet. Dennoch ermöglichen die Studien, dass in der vorliegenden Arbeit überhaupt eine Entwicklung der Branche aufgezeigt werden kann, da sie die einzigen zugänglichen Informationen20 über die meisten jener Verlage enthalten, die heute nicht mehr existieren. Die dritte Diplomarbeit über das Verlagswesen Südtirols, Verlage in Südtirol – Unternehmen im Spannungsfeld von Kulturpolitik und Wirtschaft. Überlegungen zum derzeitigen Fördermodell von Katrin Klotz, ist aktueller, aus dem Jahr 2011. Diese Abhandlung deckt allerdings vor allem die öffentliche Förderung in Südtirol ab und ist demnach zu speziell, um als Hauptquelle zu dienen.

Wichtige Informationen bietet das Werk 100 Jahre Tyrolia Athesia (Athesia 2007), welche die Entwicklung des ATHESIA VERLAGES schildert. Für dieses Buch wurde im Grunde die Arbeit vorgeleistet, die in der vorliegenden Untersuchung über die gesamte Verlagslandschaft Südtirols erbracht werden soll. Da es sich um die Entstehung und die weiteren Geschehnisse des gesamten ATHESIA Unternehmens handelt, wäre für diese Arbeit nur ein Bruchteil der Informationen von Bedeutung. Für ein detailliertes Aufzeigen des geopolitischen Einflusses auf die Verlagsbranche kann in diesem Fall allerdings nicht ausnahmslos der Buchverlag betrachtet werden, sondern das gesamte Unternehmen mit Druckerei, Buchhandlungen und Zeitschriftenverlage. Grund dafür ist, dass der Autor von 100 Jahre Tyrolia Athesia außeracht lässt, um welchen Teil der ATHESIA AG es sich in bestimmten Abschnitten handelt. Außerdem betreffen die meisten Änderungen aufgrund der äußeren Umstände die gesamte Verlagsanstalt, folglich auch den Buchverlag.