Der Kommissar und das Nashorn: Ein Harry Kubinke Krimi

Alfred Bekker

Published by BEKKERpublishing, 2019.

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Alfred Bekker | Der Kommissar und das Nashorn | Ein Harry Kubinke Krimi

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Der Kommissar und das Nashorn

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Alfred Bekker

Der Kommissar und das Nashorn

Ein Harry Kubinke Krimi

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Eine Reihe von Morden beschäftigt das Ermittler-Team um Kommissar Kubinke vom Bundeskriminalamt in Berlin. Die Opfer sind selbst Kriminelle und waren allesamt an einem Einbruch beteiligt, bei dem das Horn eines Nashorns abhanden kam. Die Ermittler stehen vor einem Rätsel...

Alfred Bekker ist ein bekannter Autor von Fantasy-Romanen, Krimis und Jugendbüchern. Neben seinen großen Bucherfolgen schrieb er zahlreiche Romane für Spannungsserien wie Ren Dhark, Jerry Cotton, Cotton reloaded, Kommissar X, John Sinclair und Jessica Bannister. Er veröffentlichte auch unter den Namen Neal Chadwick, Henry Rohmer, Conny Walden, Sidney Gardner, Jack Raymond, Jonas Herlin, Adrian Leschek, John Devlin, Brian Carisi, Robert Gruber und Janet Farell.

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Ein CassiopeiaPress Buch: CASSIOPEIAPRESS, UKSAK E-Books, Alfred Bekker, Alfred Bekker präsentiert, Casssiopeia-XXX-press, Alfredbooks, Uksak Sonder-Edition, Cassiopeiapress Extra Edition, Cassiopeiapress/AlfredBooks und BEKKERpublishing sind Imprints von

Alfred Bekker

© Roman by Author /COVER FIRUZ ASKIN

© dieser Ausgabe 2019 by AlfredBekker/CassiopeiaPress, Lengerich/Westfalen in Arrangement mit der Edition Bärenklau, herausgegeben von Jörg Martin Munsonius.

Die ausgedachten Personen haben nichts mit tatsächlich lebenden Personen zu tun. Namensgleichheiten sind zufällig und nicht beabsichtigt.

Alle Rechte vorbehalten.

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Der Kommissar und das Nashorn

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von Alfred Bekker

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“Heh, wat is’n ditte!”, rief der Wachmann in Berliner Dialekt. Um jetzt Hochdeutsch reden zu können, dazu war er nämlich einfach zu fassungslos.

Nachtwächter im Naturkundemuseeum.

Ein vergleichsweise wenig aufregender und im Grunde sehr Nerven schonender Job, so hatte der Wachmann gedacht, bevor er diese Stelle angetreten hatte.

Angefangen hatte er in der Nationalen Volksarmee der DDR. Da war er Unteroffizier gewesen. Dann kam die Wende und die NVA war abgewickelt worden. Glück für ihn, dass er in der Sicherheitsbranche untergekommen war. Wer mal den eisernen Vorhang bewacht hatte, konnte auch ein Firmengelände bewachen, so schienen viele westdeutsche Arbeitgeber gedacht zu haben.

Das hatte er dann über Jahrzehnte gemacht.

Firmengelände hatte er bewacht, bis die letzte Firma, für die er gearbeitet hatte, ihre Produktion ins billigere Polen ausgelagerte. Dort gab es natürlich auch weniger teure Wachmänner. Und abgesehen davon hatte er sich auch nur schwer irgendeinen anderen Wohnort vorstellen können, der nicht ein Teil Berlins war. Dazu war er einfach zu sehr mit der Stadt verwachsen.

Und er mochte es, Leute um sich zu haben, die so sprachen wie er. Zumindest ab und zu, denn seit Berlin zur Hauptstadt des wiedervereinigten Deutschlands geworden war, waren die Zugereisten zur gefühlten Mehrheit geworden. Vielleicht waren sie das auch schon zuvor gewesen. Vielleicht war Berlin eigentlich schon seit Jahrhunderten eine Stadt von Einwanderern, angefangen von den Hugenotten unter dem Großen Kurfürsten, und vielleicht sprach man hier auch deswegen ein so seltsames Deutsch.

Jedenfalls hatte der Wachmann seit kurzem den Job im Museum und war froh darum.

Die letzten Jahre bis zur Rente eine ruhige Kugel schieben.

So hatte er sich das gedacht.

Genau so.

Aber er hatte nicht mit dem gerechnet, was in dieser Nacht geschehen würde.

Wie sollte er auch?

Dass jemand in eine Bank eindrang, um den Tresor zu knacken, das verstand er.

Dass jemand in das Firmengelände eines High Tech Unternehmens eindrang, um wertvolles Equipment zu stehlen oder Industriespionage zu betreiben, verstand er auch.

Aber ein Museum?

Ein Museum mit ausgestopften Tieren und ein paar alten Knochen, die nur für Fachleute interessant waren?

Wer so etwas machte, der musste bescheuert sein.

So bescheuert, wie die Mitglieder der Bande, die der Wachmann gerade bei der kriminellen Arbeit erwischt hatte.

Als sich später herausstellte, was genau die Bande mitgenommen hatte, schien klar zu sein, weswegen sie im Museum gewesen waren.

Sie hatten aus einem präparierten Nashorn das Horn herausgebrochen und mitgenommen.

*

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Später saß der Wachmann seinem Chef gegenüber.

“Alle Achtung - als Einzelner gegen so eine Bande anzutreten...” Der Chef machte eine anerkennende Geste. “Dazu gehört schon was.”

“Zum Beispiel eine Einzelkämpfer-Ausbildung bei der NVA.”

“Verstehe...”

“Liegt aber schon eine Weile zurück. Bin ja auch schon ein paar Tage älter geworden.”

“Aber Sie haben einen der Einbrecher so erwischt, dass er geblutet hat.”

“Er hat meinen Ellbogen ins Gesicht bekommen. Leider konnte ich ihm nicht die Maske herunterreißen, dann hätten die Überwachungskameras vielleicht ein Bild von ihm gemacht, das ihn identifizieren könnte.”

“Er hat genug Blut verloren, dass man einen DNA-Test machen konnte. Und siehe da, der Typ war kein Unbekannter!”

“Ach, nee!”

“Nur eine Frage der Zeit, wann er gefasst wird, denke ich.”

“Gut so.”

“Ja, das finde ich auch.”

“Bedeutet dass, man hat den Namen des Kerls?”

“Ja.”

“Wie heißt der Typ? Nur für den Fall, dass er sich mir mal vorstellt!”

“Sein Name ist Ingo Dahlbach und er soll kein unbeschriebenes Blatt sein. Vermutlich ist er aber nur irgendein Handlanger für Mafia-Clans.” Der Chef seufzte. “Dass die jetzt sogar in Museen die Präparate plündern...”

“Elfenbein-Mafia. Habe ich von gehört. Demnächst brechen die noch die Klaviertasten aus alten Flügeln heraus. Naja, war nur ein Witz.”

“Das Horn eines Nashorns besteht aus Keratin, nicht aus Elfenbein”, sagte der Chef etwas säuerlich.

Der Wachmann zuckte mit den Achseln. “Na, icke muss sowas ja nicht unbedingt wissen. Schließlich leite ich ja kein Museum. Ich bewache es nur.”

*

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Ingo Dahlbach schlug den Kragen seiner Jacke hoch. Er hatte das Handy am Ohr. Die Nase hatte wieder bluten begonnen. “Scheiße, dieser Idiot im Museum hat mir mit seinem Ellenbogen die Nase zertrümmert. Ja, und was soll ich jetzt machen? Verdammt, die suchen nach mir! Wie bitte? Ich soll mich nicht so aufregen? Ich hab mich da wohl verhört, oder wie? So eine Scheiße! Und das alles nur wegen einem toten Nashorn.”

Einen Tag später fand man Ingo Dahlbach in einem Park.

Tot.

Mit einer Kugel im Kopf.

*

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Zugriff!“, kam der Einsatzbefehl über das Headset.

Ich lief in geduckter Haltung aus meiner Deckung an der Ecke des Lagerhauses am Kanalhafen heraus. Rudi folgte mir. Wir trugen Kevlar-Westen und Einsatzjacken, die uns als BKA-Ermittler kenntlich machten.

Sehen preiswert aus.

Aber sie erfüllen ihren Zweck.

Gut zwanzig Meter ohne Deckung waren es bis zum Liegeplatz der GDANSK, eines Binnen-Frachters, der unter unter polnischer Flagge fuhr. Ich sprang von der Kaimauer aus an Deck und lief mit der Dienstwaffe in der Faust in Richtung der Brücke.

Hinter einem der Aufbauten tauchte ein Mann in dunkler Lederjacke und Wollmütze auf.

Er riss die Maschinenpistole vom Typ Uzi hoch, die er an einem Riemen über der Schulter trug.

Er feuerte augenblicklich.

Blutrot zuckte das Mündungsfeuer aus dem kurzen Lauf der Uzi hervor wie eine flammende Drachenzunge.

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Ich feuerte ebenfalls, aber meine Kugel ging ins Nichts. Gleichzeitig spürte ich mindestens ein halbes Dutzend Einschläge auf meinem Oberkörper. Die Kugeln wurden zwar durch die Schutzweste aufgefangen und glücklicherweise war die Munition einer Uzi relativ kleinkalibrig – aber trotzdem kam jeder dieser Treffer einem mittleren Faustschlag gleich. Ich taumelte zurück.

Doch gleichzeitig wurde auch der Uzi-Schütze nach hinten gerissen. Seine Lederjacke hatte plötzlich ein großes Loch, darunter kam graues Kevlar hervor, so wie wir es auch trugen. Unser Kollege Kalle Brandenburg, der zusammen mit einem Dutzend weiterer Kollegen auf das Schiff zugestürmt war, hatte seine Waffe bereits in dem Moment abgefeuert, in dem der Kerl auf mich zu feuern begann.

Nur benutzte Kalle einen Revolver vom Kaliber .357 Magnum und obwohl der Uzi-Schütze ebenfalls durch eine kugelsichere Weste geschützt war, traf ihn dieser Schuss mit der Wucht eines Dampfhammers. Benommen rutschte er an der Wand der Schiffsaufbauten zu Boden, während ich nach Luft schnappte.

Offenbar hatte ich außer den Treffern, die in meiner Weste gelandet waren, nichts abbekommen.

Rudi überholte mich. „Waffe weg, Kriminalpolizei!“, rief er.

Der Uzi-Schütze umklammerte immer noch den Griff seiner Waffe, allerdings war er im Moment wohl nicht einmal in der Lage, um genügend Luft für einen klaren Gedanken zu holen.

Der Uzi-Schütze zögerte. Dann ließ er die Waffe los. Rudi nahm sie ihm weg und legte ihm Handschellen an.

Unsere Kollegen Kalle Brandenburg, Hansi Morell und Roswitha O'Hara waren inzwischen an Bord gekommen und schwärmten in verschiedene Richtungen aus.

„Alles in Ordnung, Harry?“, fragte Rudi.

„Außer ein paar blaue Flecken und zerfetzter Klamotten wird wohl nichts bleiben!“, meinte ich.

Ich setzte mich wieder in Bewegung. Inzwischen kümmerten sich zwei andere Kollegen um den festgenommenen Gefangenen. Roswitha und Hansi drangen zur Brücke des Frachters vor. Aber dort war zurzeit niemand.

Rudi und ich folgten unterdessen Kalle zur Einstiegsluke in den Hauptladeraum. Joe riss sie auf. Eine Treppe führte hinunter. Rudi ging als erster. Ich folgte.

Zur gleichen Zeit drangen Kollegen über drei weitere Luken ins Innere des Frachters vor. Gleichzeitig näherte sich ein Boot der Hafenpolizei und ein Helikopter drehte seine Runden über der GDANSK.

Wer sich jetzt an Bord des Schiffes befand, würde uns unweigerlich ins Netz laufen. Wir drängten uns zwischen Stapeln von Munitionskisten hindurch. Die Aufdrucke ließen keinen Zweifel am Inhalt. Ein Informant hatte uns über eine umfangreiche illegale Waffenlieferung informiert, die gerade im Begriff war, Berlin in Richtung irgendeines Spannungsgebietes zu verlassen. Deswegen waren wir hier. Neben hochmodernen Sturmgewehren und der dazugehörigen Munition sollten sich auch Luftabwehrraketen, moderne Panzer-Abwehrgeschosse und panzerbrechende Uran-Munition an Bord befinden. Zumindest war davon in der uns zugespielten Lieferliste dieses illegalen Deals die Rede. Ob sie den Tatsachen entsprach, würde sich zeigen, sobald wir die Kisten und Container an Bord geöffnet und überprüft hatten. Falls die Lieferung tatsächlich überwiegend aus Munition bestand, war das ein sehr bedenkliches Zeichen. Es bedeutete nämlich, dass die jeweiligen Abnehmer die dazugehörigen Waffen offenbar schon besaßen.

Aber mit dem illegalen Waffenhandel war es wie mit dem Rauschgift und anderen Zweigen des organisierten Verbrechens: Wir würden es wohl nie ganz schaffen, solche Aktivitäten vollkommen zu unterbinden. Aber gerade darum durfte man in dem täglichen Bemühen, sie wenigstens einzudämmen, nicht nachlassen.

Schüsse krachten plötzlich.

Irgendwo zwischen all den Kisten und Frachtstücken steckte ein Schütze, der mit einer automatischen Waffe mit rascher Schussfolge herumballerte.

Querschläger irrten durch den Frachtraum. Hier und da blitzten Funken auf, wenn sie gegen Stahlträger kamen und dann auf eine unberechenbare Bahn geschickt wurden. Hier und da splitterte das Holz der Kisten durch diese Projektile auf.

Geduckt lief ich vorwärts.

Meine Einsatzjacke und das Hemd, das ich darunter trug, hingen mir in Fetzen herab und ich spürte jetzt auch bei jedem Atemzug die Folgen der Projektileinschläge ins Kevlar. Es fühlte sich an, als hätte jemand wie ein Wahnsinniger auf meinem Brustkorb mit den Fäusten herumgetrommelt. Aber es hätte schlimmer kommen können. Der Uzi-Schütze war offenbar von unserem Zugriff letztlich doch so überrascht gewesen, dass er seine Waffe einfach draufgehalten - und nicht etwa auf den Kopf gezielt hatte.

Wieder flogen jetzt Schüsse durch die Luft, von denen niemand sagen konnte, woher sie eigentlich kamen.

Der Schütze feuerte einfach gegen die Stahlteile an der Decke des Frachtraum und sorgte dadurch für maximale Gefährdung seiner Verfolger.

Wie viele Personen sich noch an Bord aufhielten, war uns ohnehin nicht bekannt. Der Informant hatte nur von bewaffneter Bewachung gesprochen.

Zwischen zwei großen Frachtkisten fand ich ihn dann.

Er hatte gerade die gesamte Ladung seiner Automatik leergeschossen und war jetzt im Begriff, ein neues Magazin in den Griff der Waffe hineinzuschieben.

„Waffe weg, Polizei!“, rief ich.

Ein Mann mit dunklem Oberlippenbart und großen, etwas hervortretenden Augen sah mich an und erstarrte mitten in der Bewegung. Er trug seine Baseballmütze mit dem Schirm nach hinten. Unter dem offenen Parka war die Kevlar-Weste deutlich zu sehen. Und außerdem trug er ein Headset – fast wie wir, nur dass sein Modell leichter und unscheinbarer war als die Dinger, die wir bei solchen Einsätzen benutzten.

Bei dem Kerl mit der Uzi war mir ein Headset nicht aufgefallen – was vielleicht dafür sprach, dass es noch mindestens eine Person geben musste, mit der der Mann mit dem Oberlippenbart über Funk in Kontakt stand.

Er bewegte sich nicht.

„Denken Sie nicht einmal daran, etwas Verkehrtes zu tun!“, warnte ich.

Er war klug genug, die Waffe und das Magazin sinken zu lassen. Unser Kollege Fred Menninga schob sich zwischen den eng beieinander stehenden Frachtkisten zu dem Kerl mit der Baseballmütze und legte ihm Handschellen an.

Ich nahm ihm das Headset ab und lauschte. Es war tot.

„Sie haben das Recht zu schweigen!“, sagte Fred. „Sollten Sie auf dieses Recht verzichten, kann und wird alles, was Sie von nun an sagen...“

In diesem Moment hörten wir einen heftigen Schusswechsel am anderen Ende des Frachtraums. Ein Schrei gellte.

„Was ist da los?“, fragte die Stimme unseres Kollegen Stefan Carnavaro über das Headset. Stefan hatte die Einsatzleitung. In unserer Abteilung war er der zweite Mann nach dem Chef.

„Hier Reimers. Ich habe einen Mann erschossen!“

Leo Reimers war ein junger Kollege, der noch nicht lange bei uns war.

Die Art und Weise, wie seine Stimme über das Headset kam, ließ keinen Zweifel daran, dass er ziemlich mitgenommen war und vermutlich unter Schock stand.

„Der hatte eine Waffe in der Hand und auf mich gerichtet!“, sagte Reimers.

„Bleiben Sie, wo Sie sind!“, antwortete Stefan. „Es ist gleich jemand bei Ihnen.“

„Hier Harry!“, mischte ich mich in die Unterhaltung ein. „Trägt der Tote ein Headset?“ Ich bekam zuerst keine Antwort. „Leo?“, hakte ich nach.

„Kein Headset“, lautete die Antwort.

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Für den Mann, den Leo Reimers erschossen hatte, konnte niemand mehr etwas tun. Der Spurenlage zufolge hatte  er eine großkalibrige Automatik auf Leo gerichtet und der hatte geschossen. Er trug einen Führerschein bei sich, demzufolge er Edgar Beiers hieß. Ob die Identität stimmte, würde sich erst noch herausstellen müssen. Draußen am Kanalhafen fuhren  mehrere unserer Einsatzfahrzeuge auf. Wir gaben die Daten, die wir über den Toten und die beiden Gefangenen ermitteln konnten, gleich an unsere Zentrale weiter weiter, wo Walter Stein und die Innendienst-Kollegen der Fahndungsabteilung sich darum kümmerten, sie mit unseren bisher zugänglichen Informationen abzugleichen.

Der Mann mit der Baseballmütze und der Automatik hieß Erich Ibramov. Zumindest besaß er unter diesem Namen einen Ausweis. Der Uzi-Schütze mit der Lederjacke, der mich mit dem Trommelfeuer seiner Maschinenpistole malträtiert hatte, trug Papiere bei sich, die ihn als Wilfried McCough auswiesen. Er besaß einen deutschen, einen britischen, einen irischen und einen südafrikanischen Pass unter diesem Namen, wobei die Schreibweise von 'McCough' manchmal etwas abwich. In Großbritannien schrieb er sich 'MacCough'. Auch er hatte definitiv kein Headset bei sich getragen, was die Frage um so drängender werden ließ, mit wem Erich Ibramov wohl in Verbindung gestanden hatte.

Wir durchsuchten fieberhaft das ganze Schiff, aber außer den drei Männern war definitiv niemand an Bord. Inzwischen öffneten Kollegen die ersten Frachtkisten, um zumindest einen ungefähren Überblick darüber zu erhalten, was sich an Waffen und Munition an Bord befand.

Insgesamt entsprach es ungefähr der Frachtliste, die uns unser Informant zugespielt hatte. Die an Bord eingelagerte Munition reichte, um mehrere Wochen einen Kleinkrieg zu führen und dabei sogar mit Luftabwehrraketen und panzerbrechenden Geschossen gegen Flugzeuge und Panzer vorzugehen.

Unsere Erkennungsdienstler Steinberg und Forster trafen ein und Kollege Steinberg nahm sich das Headset wie das dazugehörige Mobilfunkgerät vor, dass wir bei Erich Ibramov gefunden hatten. Der Mann mit dem Oberlippenbart schwieg beharrlich dazu, mit wem er damit in Verbindung gestanden hatte.

„Sie sollten jetzt reden, Herr Ibramov“, bemühte sich Rudi vergeblich. „Jetzt ist Ihre Aussage noch etwas wert – wenn Sie erst so lange warten, bis wir jedes kleine Detail selbst herausbekommen haben, dann ist es zu spät und kein Staatsanwalt gibt Ihnen dann noch irgendwelchen Strafrabatt auf das, was Sie zu erwarten haben!“

Erich Ibramov grinste uns an. „Na, dann sehen Sie mal zu, was Sie alles herausbekommen, ohne dass ich den Mund aufmache!“, meinte er. „Ich habe hier nur Wache gehalten und bin dafür bezahlt worden, aufzupassen, dass niemand Unbefugtes an Bord kommt – und ich wette, es wird Ihnen schwer fallen, mir vor Gericht irgendetwas anderes nachzuweisen!“

Er schien sich seiner Sache ziemlich sicher zu sein.

„Ich glaube, dass Sie Ihre Lage völlig falsch einschätzen“, meinte Rudi.

„Ach, wirklich? Ich glaube, dass Sie Ihre Lage falsch einschätzen!“ Erich Ibramov wandte den Kopf in meine Richtung. „Und insbesondere gilt das für Sie, Herr!“

„Herr“, korrigierte ich ihn. „Für Sie Herr Kubinke, so viel Zeit muss sein.“

„Ich werde aussagen, dass sich von euch Typen niemand als Kripo-Beamter zu erkennen gegeben hat, sondern dass Sie und Ihresgleichen stattdessen rücksichtslos von der Schusswaffe Gebrauch gemacht haben!“

„Es ist Ihr gutes Recht, zu behaupten, was Sie wollen, Herr Ibramov“, erwiderte ich, obwohl mich Ibramovs überhebliche Art innerlich zur Weißglut brachte. Wahrscheinlich glaubte er, dass die Hintermänner dieses Deals ihm einen guten Anwalt spendieren würden. Vermutlich hatte er sogar Recht damit. Aber in diesem Fall bedeutete das wohl kaum, dass er juristisch mit einem blauen Auge davon kam. Schließlich hatte er BKA-Ermittler beschossen – und Angriffe auf Polizisten wogen vor Gericht schwer. Anscheinend war ihm das allerdings noch nicht so richtig klar.