Meiner Oma

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Wintersemester 2015/2016 von der Fakultät für Rechtswissenschaften an der Universität Passau als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Schrifttum befinden sich auf dem Stand von Mai 2015.

Mein herzlichster Dank gilt an erster Stelle meinem verehrten Doktorvater, Herrn Professor Dr. Dirk Heckmann, der meine Begeisterung für das Thema von Anfang an geteilt hat und der mich bei der Ausarbeitung durch wertvolle Hinweise und Ratschläge einerseits und durch die Gewährung des nötigen Freiraums andererseits bestmöglich unterstützt hat. Herrn Professor Dr. Urs Kramer schulde ich Dank für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

Für die freundliche Aufnahme der Arbeit in die Reihe der Schriften zum Recht der Inneren Sicherheit bin ich den Herausgebern Herrn Professor Dr. Dirk Heckmann und Herrn Professor Dr. Thomas Würtenberger sowie dem Richard Boorberg Verlag zu Dank verpflichtet.

Bedanken möchte ich mich auch bei all den Behörden und Organisationen, die mir Informationen zur Verfügung gestellt haben: dem Bundesministerium des Innern, der Bundespolizei, der Polizei beim Deutschen Bundestag, dem Bundeskriminalamt, dem Statistischen Bundesamt, der Polizei Hamburg, dem Justizministerium Baden-Württemberg, dem Bayerischen Landtagsamt, dem Lehrstuhl für Psychologie IV der Universität Regensburg, der RZB-Gruppe Berlin und den Innenministerien der Länder Baden-Württemberg, Bayern, Berlin, Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz, Saarland, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein.

Insbesondere möchte ich dabei die Senatsverwaltung für Inneres und Sport Berlin hervorheben, die durch die Übersendung eines Gutachtens zur Kennzeichnungspflicht die Schaffung einer empirischen Grundlage dieser Arbeit ermöglicht hat. Besonders zu danken ist auch dem Landespolizeipräsidenten des Freistaates Bayern, Herrn Professor Dr. Schmidbauer, mit seinem Mitarbeiterstab, die aufgrund der exemplarischen Darstellung der Rechtslage im Freistaat Bayern besonders beansprucht waren.

Besonderer Dank gilt auch Herrn Dr. Andreas Gietl für die Anregung zu diesem Thema, die konstruktiven Gespräche während der Entstehungsphase und die hilfreichen Anmerkungen und Hinweise bei der Durchsicht der Arbeit.

Für die finanzielle Unterstützung zur Ermöglichung der Drucklegung möchte ich meinen Dank der Universität Regensburg, der Oskar-Karl-Forster-Stiftung und der Internationalen Liga für Menschenrechte aussprechen.

Schließlich danke ich von Herzen meiner Mutter, Frau Christa Spitzer, die mich auf dem langen Weg der juristischen Ausbildung mit all seinen Höhen und Tiefen bis hin zur Fertigstellung dieser Arbeit jederzeit selbstlos unterstützt, mir mit gesundem Menschenverstand über so manch juristische Hürde hinweggeholfen und zum Abschluss das Manuskript gewissenhaft Korrektur gelesen hat. Ihr gebührt mein tief empfundener Dank.

Regensburg, im November 2015

Cordula Spitzer

„Sed quis custodiet ipsos custodes […]?“

– „Aber wer soll die Wächter selbst bewachen […]?“

Decimus Iunius Iuvenalis, Saturae VI, Vers 345

Einleitung

MM ist Kommunikationsingenieur in Berlin und arbeitet im Bundestag. In der Nacht vom 20. auf den 21. August 2005 feiert er in einer Berliner Diskothek seinen Junggesellenabschied. Um 1:30 Uhr stürmen 300 Polizeibeamte die Diskothek in der Annahme, dort auf eine Gruppe von gewalttätigen Fußballfans zu treffen. Gewaltsamer Widerstand bleibt jedoch aus. MM befindet sich zu diesem Zeitpunkt in der oberen Etage und wird mit einem Schlagstock auf den Kopf geschlagen. Daraufhin verliert er das Gleichgewicht und wird erneut von einem Polizeibeamten ins Gesicht geschlagen. Als er bereits blutend am Boden liegt, wird er von den Polizeibeamten weiter beschimpft und mit Fußtritten und Schlägen traktiert 1 .

Infolge des Einsatzes wurden nach Polizeiangaben insgesamt 76 Menschen teils schwer verletzt. Die Staatsanwaltschaft ermittelte danach wegen 83 Strafanzeigen gegen Polizisten 2 und stellte fest, dass es zur Anwendung unverhältnismäßiger Gewalt gekommen war. Am 15. November 2006 musste sie ihre Ermittlungen einstellen, weil keiner der Zeugen aufgrund der Einsatzanzüge, Gesichtsmasken und Helme der Beamten diese identifizieren konnte 3 .

Handelt es sich hierbei um einen tragischen Einzelfall oder offenbart das Beispiel ein systemisch angelegtes Defizit der Polizei in Deutschland? Sollen oder vielleicht sogar müssen hier von einem Rechtsstaat Konsequenzen gezogen werden?

Das Beispiel soll die Problematik verdeutlichen, die Hintergrund einer seit Jahrzehnten schwelenden Diskussion um die Einführung einer Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbeamte4 ist: Seit nunmehr 62 Jahren stehen sich in dieser Frage Befürworter wie Gegner erbittert gegenüber5. Traditionell setzen sich dabei die Parteien SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, DIE LINKE und verschiedene Menschenrechtsorganisationen für eine Einführung ein, während sich die CDU/CSU mit Unterstützung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) dagegen ausspricht6. Im Rahmen verschiedener Gesetzesentwürfe, Expertenbefragungen und Podiumsdiskussionen wurde das Für und Wider des Themas scheinbar erschöpfend abgewogen, wobei das Ergebnis meist negativ in Bezug auf eine Einführung ausfiel7. Damit stellt sich unweigerlich die Frage, was nach diesen Jahrzehnten des Meinungsaustausches eine Dissertation Neues beitragen und sie damit rechtfertigen kann.

Die Antwort darauf lässt sich in der Frage selbst finden: Das Bestreben der Arbeit ist es, jenseits eingefahrenen politischen Kalküls und emotionaler Vorbehalte das Thema „Kennzeichnungspflicht“ aus juristischer Sicht mit Hilfe neuer empirischer Erkenntnisse zu beleuchten, um damit die rein politische Meinungsebene zu verlassen. So hat sich im Rahmen der Recherche gezeigt, dass die immer wieder gleichen Argumente beider Seiten aufeinandertreffen und eine Entscheidung letztlich nur von den jeweiligen aktuellen Mehrheitsverhältnissen der Parlamente abhängt.

Interessant erschien es deshalb, die vorgebrachten Argumente auf ihre Nachweisbarkeit und juristische Bedeutung hin zu überprüfen, um so eine Diskussion auf einer neuen, aufgeklärteren Ebene zu ermöglichen. Zwar existiert bereits auch (rein) juristische Literatur zum Thema der Kennzeichnungspflicht, allerdings, im Hinblick auf die politische Brisanz über Jahrzehnte hinweg, in erstaunlich geringem Umfang8. Hinzu kommt, dass das Vorhandene, freilich dem Umfang seiner Erscheinungsform geschuldet, nicht derart in die Tiefe zu dringen vermag. Schließlich ist zum heutigen Zeitpunkt der Diskussion der Aspekt eines neuen, gewandelten Verwaltungsverständnisses zu berücksichtigen, dessen Bestreben eine bürgernahe und transparente Verwaltung ist und sich auch in der neueren Rechtsprechung, zum Beispiel zur Veröffentlichung von dienstlichen Kontaktdaten eines Beamten9 und zum Anspruch auf Namensnennung von Personen, die in einem Gerichtverfahren mitgewirkt haben, zeigt10.

Diese Überlegungen gewinnen insbesondere vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen, auch in gerichtlicher Hinsicht, Relevanz: So wurde bereits in Hessen ab Januar 2008, in Rheinland-Pfalz ab 01.07.2009, in Berlin ab 01.01.2011, in Sachsen-Anhalt ab 01.04.2012, in Brandenburg und Schleswig-Holstein ab 01.01.2013 und in Bremen ab 01.07.2014 eine Kennzeichnungspflicht in unterschiedlicher Ausprägung eingeführt. Dort neu gewonnene Erfahrungen können für die vorliegende Arbeit fruchtbar gemacht werden. Darüber hinaus wurde in Brandenburg, als einzigem Bundesland mit gesetzlicher Verankerung der Kennzeichnungspflicht, Klage gegen entsprechende Bescheide erhoben, wobei eine erstinstanzliche Entscheidung des Verwaltungsgerichts Potsdam derzeit noch aussteht11.

Dies zeigt, dass das Thema „Kennzeichnungspflicht“ aktueller denn je ist und einer umfassenden rechtlichen Beurteilung, gerade auch im Hinblick auf die anhängigen Klagen in Brandenburg, bedarf. Diesem Mangel soll mit der vorliegenden Arbeit zur Kennzeichnungspflicht auf Bundes- und Landesebene, exemplarisch dargestellt am Freistaat Bayern, Abhilfe geschaffen werden.

So schließt sich einer terminologischen Klärung (Erstes Kapitel) und einer Betrachtung der Historie der Kennzeichnungspflicht in Deutschland (Zweites Kapitel) eine bundesweite Bestandsaufnahme der derzeit geltenden Regelungen im Hinblick auf die Kennzeichnungspflicht (Drittes Kapitel) an. Die Schwierigkeit hinsichtlich Letzterem lag insbesondere darin, dass die Regelungen im Bereich von Legitimations- und Kennzeichnungspflichten in den verschiedenen Bundesländern größtenteils nicht veröffentlicht sind, was individuelle Erkundigungen bei den einzelnen Ländern erforderlich machte. Hierauf folgt die ausführliche Untersuchung der Frage, ob, wie und in welcher Rechtsform eine Kennzeichnungspflicht zulässigerweise eingeführt werden dürfte (Viertes Kapitel). Dabei wird auch auf die möglichen Rechtsgrundlagen und die Beteiligungsrechte des Personalrats eingegangen (Viertes Kapitel A), um im Anschluss, nach Klärung des Prüfungsmaßstabes, die Rechtmäßigkeit einer Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbeamte zu prüfen (Viertes Kapitel B). Dieser Begutachtung folgt die Untersuchung der Problematik, ob nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung unter Zugrundelegung aktueller empirischer Daten die Schaffung einer Kennzeichnungspflicht geboten sein könnte (Fünftes Kapitel). Eine Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse soll die Arbeit abrunden (Sechstes Kapitel).

Erstes Kapitel:
Terminologische Grundlagen

A. Personale Eingrenzung

I. Bundesebene

Polizeivollzugsbeamte sind gem. § 1 Abs. 1 Satz 2 BPolBG die mit polizeilichen Aufgaben betrauten und zur Anwendung unmittelbaren Zwanges befugten Beamten, die auf Bundesebene aus dem Bereich der Bundespolizei, des kriminalpolizeilichen Vollzugsdienstes des Bundes gem. § 1 Abs. 1 Satz 1 BPolBG und der Polizei beim Deutschen Bundestag gem. § 1 Abs. 2 BPolBG stammen. Dabei bestimmt eine Rechtsverordnung, welche Beamtengruppen im Einzelnen dazugehören12.

So fallen darunter zum Beispiel auch die rund 250 Polizeivollzugsbeamten13 der Grenzschutztruppe 9, heute GSG 9 BPOL, die der Bundespolizei angehört14 und durch Erlass des damaligen Bundesinnenministers Hans-Dietrich Genscher am 26.11.1972 gegründet wurde15: Dort sind Polizeikommissaranwärter, Polizeikommissare (zur Anstellung), Polizeioberkommissare, Polizeihauptkommissare und Erste Polizeihauptkommissare tätig16, die gem. § 1 Abs. 1 Nr. 8–13 der Verordnung zu § 1 Abs. 1 des Bundespolizeibeamtengesetzes Polizeivollzugsbeamte darstellen.

Auch die Beamten der Bundesbereitschaftspolizei, die der Bundespolizei zugehörig sind17, setzen sich aus Beamten im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 3, 4, 5, 10, 11, 12, 13, 16, 18 und 20 der Verordnung zu § 1 Abs. 1 des Bundespolizeibeamtengesetzes18 und damit aus Polizeivollzugsbeamten zusammen. Schließlich folgt daraus, dass es sich auch bei den Beamten der Beweissicherungs- und Festnahmehundertschaften (BFHu), die der Bundesbereitschaftspolizei unterstellt sind19, um Polizeivollzugsbeamte im Sinne des Gesetzes handelt.

II. Landesebene

Unter den Begriff des „bayerischen Polizeivollzugsbeamten“ fallen nach Art. 1 BayPAG20 alle Polizeibeamten, die im Vollzugsdienst tätig sind21. Gemäß der Vollzugsbekanntmachung zu Art. 1 BayPAG sind dies, „diejenigen einer Laufbahn des Polizeivollzugsdienstes angehörenden Dienstkräfte der Polizei, die – nicht nur im innerdienstlichen Bereich (ohne Außenwirkung) – für Aufgaben im Sinn des Art. 2 eingesetzt oder hierfür bereitgehalten werden. Beamte der Bereitschaftspolizei sind daher Polizei im Sinn des BayPAG, sobald sie nach ihrem Ausbildungsstand für den Vollzugsdienst (Einzeldienst oder Einsatz im geschlossenen Verband) bereitstehen.“

Nach § 1 Satz 1 der Verordnung über die Fachlaufbahn Polizei und Verfassungsschutz (FachV-Pol/VS) werden die fachlichen Schwerpunkte Polizeivollzugsdienst, Wirtschaftskriminaldienst, Technischer Computer- und Internetkriminaldienst und Technischer Polizeivollzugsdienst gebildet, die alle Laufbahnen des Polizeivollzugsdienstes darstellen. Dabei werden alle Beamten der eben genannten fachlichen Schwerpunkte, die polizeidienstfähig sind, im Sinne des Art. 2 BayPAG eingesetzt oder hierfür bereitgehalten22. Nicht polizeidienstfähige Beamte, also Beamte, die gem. Art. 128 Abs. 1 Satz 1 BayBG den besonderen gesundheitlichen Anforderungen für den Polizeivollzugsdienst nicht mehr genügen und bei denen nicht zu erwarten ist, dass sie ihre volle Verwendungsfähigkeit innerhalb zweier Jahre wiedererlangen, werden dann im Sinne des Art. 2 BayPAG eingesetzt oder bereitgehalten, wenn „sie noch in einer Funktion des Vollzugsdienst eingesetzt werden, welche die besonderen Anforderungen des Vollzugsdienstes (Fähigkeit zur Anwendung von unmittelbarem Zwang zu jeder Zeit, Schichtdienst etc.) nicht mehr auf Dauer erfordert“23. Unter die Definition des Polizeivollzugsbeamten fallen auch alle Beamte der Spezialeinsatzkommandos (SEK), der mobilen Einsatzkommandos (MEK), der technischen Einsatzkommandos (TEK)24, Unterstützungskommandos (USK)25, der Bereitschaftspolizei (BePo) gem. Art. 6 BayPOG, des Landeskriminalamts (LKA) gem. Art. 7 BayPOG, des Staatsministerium des Inneren als Führungsstelle der Bayerischen Polizei26 und alle verdeckten Ermittler und nicht offen ermittelnde Polizeibeamte27. Diese leisten ihren Dienst lediglich bei diesen Sonderdienststellen bzw. in einer Sonderfunktion ab, gehören jedoch alle einem der bezeichneten Schwerpunkte an28. Nicht darunter fallen Vertrauenspersonen (V-Leute)29, Angehörige der Sicherheitswacht30 oder privater Sicherheitsdienste wie zum Beispiel der
U-Bahnwache München31, da diese keine Angehörigen der Polizei sind. Ebenfalls keine Polizeivollzugsbeamten sind die Beamten des Verwaltungsdienstes, Tarifbeschäftige im Polizeidienst32 und Beamte des Landesamtes für Verfassungsschutz33.

B. Funktionale Eingrenzung

Die vorliegende Arbeit soll generell die Tätigkeit des uniformierten34 Polizeivollzugsbeamten mit unmittelbarem, tatsächlichem Bürgerkontakt35 während seiner Dienstzeit erfassen36. Dies gilt insbesondere für den Wach- und Streifendienst als Teil des polizeilichen Einzeldienstes37 und für die Einsätze in geschlossenen Einheiten, wie sie bei der bayerischen Bereitschaftspolizei gem. Art. 6 Abs. 1 Satz 1 BayPOG vorkommen. Diese Einheiten werden in der Polizeidienstvorschrift 100 (Anlage 6) definiert als „in der allgemeinen Aufbauorganisation taktisch gegliederte und unter einheitlicher Führung stehende Polizeikräfte“38. Dies hat zur Konsequenz, dass alle relevanten Entscheidungen vom Einheitsführer einheitlich getroffen werden wie zum Beispiel die Freigabe des Einsatzstocks zur Räumung der Straße. Ob der Polizeibeamte den Einsatzstock dann tatsächlich im Einzelfall verwendet, entscheidet dieser wiederum selbständig und eigenverantwortlich39.

Darüber hinaus ist festzuhalten, dass vorliegend die Kennzeichnungspflicht hinsichtlich präventiven wie repressiven Handelns der Polizei besprochen werden soll. Im Ergebnis ist dabei nicht zu differenzieren, da eine gesetzliche Regelung im Bereich des präventiven Tätigwerdens auch für repressives Verhalten gilt: So legt Art. 2 Abs. 1 BayPAG fest, dass die Aufgabe der Polizei Gefahrenabwehr, also präventives Handeln, ist. Diese Aufgabeneröffnung ist auch Voraussetzung für die Zulässigkeit der darauf aufbauenden Befugnisse der Art. 11 ff. BayPAG40. Allerdings gelten diese Befugnisse über die Verweisung in Art. 2 Abs. 4 BayPAG i. V. m. §§ 163 Abs. 1, 161 StPO i. V. m. Art. 11 Abs. 3 Satz 2 BayPAG auch im Rahmen der Strafverfolgung, weshalb sich letztlich nach dieser Aufgabeneröffnung, die dann auch eine Bindung an die weiteren Vorschriften des BayPAG mit sich bringt, eine Regelung im BayPAG sowohl auf präventives wie repressives Verhalten erstrecken würde41. Dasselbe gilt auf Bundesebene: Während der Bundespolizei gem. § 14 Abs. 1 BPolG Befugnisse im präventiven Bereich zustehen, gilt dies gem. § 12 Abs. 1 BPolG i. V. m. § 14 Abs. 3 Satz 2 BPolG auch für den repressiven Bereich, weshalb wiederum auch die sonstigen Vorschriften des Bundespolizeigesetzes zu beachten sind42. Hinsichtlich der Beamten des Bundeskriminalamtes sind diese ebenfalls gem. § 2 Abs. 1 BKAG sowohl für die Verhütung als auch für die Verfolgung von Straftaten zuständig, wobei § 20 a Abs. 1 Satz 2 BKAG auch auf die Regelungen im BPolG verweist. Nichts anderes würde auch im Bereich der Polizei des Bundestages gelten, da deren Befugnisse weitgehend mit denen der Polizeigesetze der Länder und des Bundespolizeigesetzes übereinstimmen43. Im Hinblick auf eine Regelung durch eine Verwaltungsvorschrift ergibt sich ebenfalls keine Notwendigkeit zur Differenzierung, da die Kennzeichnungspflicht dann wohl generell für die Polizeivollzugsbeamten gelten würde, also unabhängig davon, ob diese gerade präventiv oder repressiv tätig werden44.

C. Thematische Eingrenzung

Gegenstand der Arbeit ist die Kennzeichnungspflicht für Polizeivollzugsbeamte, die von der reinen Legitimationspflicht abzugrenzen ist. So umfasst Letztere die Verpflichtung, sich auf Verlangen gegenüber dem von einer Maßnahme Betroffenen auszuweisen, soweit der Zweck der Maßnahme oder Amtshandlung oder überwiegende schutzwürdige Belange des Polizeivollzugsbediensteten dadurch nicht beeinträchtigt werden45. Die Kennzeichnungspflicht geht darüber hinaus und sieht vor, dass jeder Polizeivollzugsbeamte während seines Dienstes an seiner Dienstkleidung gekennzeichnet ist, wodurch er mit Namen angesprochen und/oder (nachträglich) identifiziert werden kann. In Frage kommt hierfür grundsätzlich ein Namensschild mit dem Namen des Beamten oder eine andere Kennzeichnung in Form einer Nummern- oder Buchstabenkombination, die dann über Dechiffrierungslisten dem Klarnamen des Beamten zugeordnet werden kann.

Dabei ist zu bemerken, dass diese Kennzeichnung auch über die bereits bei Einsätzen von geschlossenen Einheiten bestehende taktische Kennzeichnung46 hinausgeht: So wird zum Beispiel beim Unterstützungskommando im Freistaat Bayern (USK) das Führungspersonal so weit mit taktischen Kennzeichen versehen, dass sich daraus die Einheit, Teileinheit, der Zug und die Gruppe ergibt47. In anderen Bundesländern gilt darüber hinaus eine derartige taktische Kennzeichnung auch für den einzelnen Polizeivollzugsbeamten, wobei dieser damit zum Beispiel einer Gruppe als kleinste Größe von 12 (Baden-Württemberg) oder 9 (Mecklenburg-Vorpommern) Personen zugeordnet werden kann48.

Von der Kennzeichnungspflicht ebenfalls abzugrenzen ist die Verpflichtung von Behörden, mündliche Verwaltungsakte schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wie dies etwa im Freistaat Bayern gem. Art. 37 Abs. 2 Satz 1 BayVwVfG der Fall ist. Wendet man dies auch auf polizeiliches Handeln an, könnte man zu dem Schluss kommen, dass eine Kennzeichnungspflicht obsolet ist, wenn der Bürger nach jedem polizeilichen Eingriff Anspruch auf eine schriftliche Bestätigung hat, die den Namen des handelnden Beamten preisgibt.

Dazu müssten jedoch zunächst verschiedene Voraussetzungen erfüllt sein:

Erstens müsste es sich beim dem in Rede stehenden Handeln um einen Verwaltungsakt i. S. d. Art. 35 BayVwVfG handeln. Betrachtet man die Situationen in der Praxis, in denen eine Identifikation des einzelnen Beamten aufgrund der körperlichen Gewaltanwendung gegenüber Dritten wünschenswert, aber möglicherweise durch die Anzahl der Beamten vor Ort und ihre Schutzausrüstung erschwert wird, so wird es sich bei diesen Situationen im Regelfall um die Anwendung unmittelbaren Zwangs handeln. Um also die Regelung des BayVwVfG hier anwenden zu können, müsste es sich bei der Anwendung unmittelbaren Zwangs um einen Verwaltungsakt i. S. d. BayVwVfG handeln, was umstritten ist.

So ist das Bundesverwaltungsgericht der Ansicht49, dass auch rein tatsächliches Handeln in Gestalt des unmittelbaren Zwangs zu einem konkludenten Verwaltungsakt führt50. Die überwiegende Literaturmeinung widerspricht dem und sieht die unmittelbare Zwangsanwendung zur Umsetzung eines bereits ergangenen Verwaltungsakts lediglich als Realakt an, da diese keinen eigenen Regelungscharakter entfalte. Eine konkludente Duldungsverfügung wohne dem unmittelbaren Zwang automatisch inne. Ferner ergebe sich bezüglich der Judiziabilität im Ergebnis kein Unterschied, da auch Realakte über die allgemeine Leistungs- oder Feststellungklage überprüfbar seien51. Würde man an dieser Stelle der herrschenden Literaturansicht folgen, wäre die Regelung des BayVwVfG bereits deshalb mangels Vorliegens eines Verwaltungsakts nicht anwendbar.

Für den gegenteiligen Fall müsste zweitens polizeiliches Handeln auch in den Anwendungsbereich des BayVwVfG fallen: Dieser ist gem. Art. 1 Abs. 1 BayVwVfG u. a. eröffnet, wenn eine öffentlich-rechtliche Verwaltungstätigkeit einer Behörde des Freistaates Bayern vorliegt, wobei Behörde gem. Art. 1 Abs. 2 BayVwVfG jede Stelle ist, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung wahrnimmt. Dazu zählt auch die Polizei im Freistaat Bayern, die die Aufgabe hat, die allgemein oder im Einzelfall bestehenden Gefahren für die öffentliche Sicherheit oder Ordnung abzuwehren, Art. 2 BayPAG. Allerdings gilt das Gesetz gem. Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 BayVwVfG nicht für den Bereich der Strafverfolgung oder Verfolgung und Ahndung von Ordnungswidrigkeiten, weshalb man nur präventiv-polizeiliches Handeln nach dem BayVwVfG behandeln kann52. Eine Bestätigungspflicht entfällt demnach in dem Moment, in dem der Beamte nicht mehr präventiv, sondern repressiv handelt.

Könnte man schließlich diese beiden Voraussetzungen im konkreten Fall bejahen (obgleich die Vorstellung, als Bürger einem USK-Beamten nach einem, mit dessen Einsatzstock, durchgeführten Schlag zu erklären, er habe gerade einen Verwaltungsakt im Rahmen einer präventiven Handlung erlassen, weshalb man einen Anspruch auf schriftliche Bestätigung dieses Verwaltungsakts habe, nicht praxisgerecht erscheint), so bräuchte es drittens eines berechtigten Interesses und eines unverzüglichen Verlangens des Betroffenen gem. Art. 37 Abs. 2 Satz 2 BayVwVfG. Dies mutet jedoch weniger problematisch an, da der Begriff des „berechtigten Interesses“ weit gefasst wird und jedes privatrechtliche, wirtschaftliche oder sogar ideelle Interesse ausreicht53. Auch dem unverzüglichen Verlangen scheinen keine praktischen Schwierigkeiten entgegenzustehen, weshalb sich damit ein Anspruch auf eine schriftliche oder elektronische Bestätigung ergebe würde.

Betrachtet man weiter allerdings die Vorschrift des § 37 Abs. 3 Satz 1 BayVwVfG genauer, die auch auf die schriftliche Bestätigung mündlicher Verwaltungsakte anwendbar ist54, so zeigt sich, dass diese zwar die erlassende Behörde, aber nicht zwingend die Unterschrift oder Namenswiedergabe des erlassenden Beamten enthalten muss, da die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten ausreichend ist.

Damit wäre für den betroffenen Bürger, würden alle genannten Voraussetzungen tatsächlich erfüllt sein, die Identität eines handelnden Polizeibeamten dennoch nicht geklärt, weshalb eine Kennzeichnungspflicht unter diesem Gesichtspunkt nicht irrelevant erscheint.

Zweites Kapitel:
Historische Grundlagen

Die Geschichte der Kennzeichnungspflicht in Deutschland beginnt am 14.11.184855, als Karl Ludwig Friedrich Freiherr von Hinckeldey das Amt des Berliner Polizeipräsidenten übernimmt und die Kennzeichnung der Berliner Schutzmänner anordnet56. Diese trugen als Teil der Uniform einen Zylinder, auf dem an der Vorderseite in ca. 7 cm großen Zahlen ihre Dienstnummer befestigt war5758. Mit allerhöchster „Kabinetsordre“ vom 04.02.1850 wurde anstatt des Hutes ein Helm verwendet, weshalb die Dienstnummer nunmehr auf der Schulterklappe angebracht war59. So trugen in der Zeit von 1866 bis 1918 die Schutzmänner/Sergeanten in Preußen auf den damals noch als „Achselklappen“ bezeichneten Schulterklappen eine aus neusilbernen arabischen Zahlen bestehende Nummer, unter welcher der Schutzmann/Sergeant in den Listen geführt wurde60. Auch um 1895 waren die Achselklappen des „Rocks“ und Mantels der Schutzmänner der staatlichen Polizei im Großherzogtum Baden mit Dienstnummern aus gelbem Metall versehen61. Den Waffenrock des Münchner Schutzmannes zierte ebenfalls in der Zeit von 1898 bis 1918 eine Ordnungsnummer aus weißem Metall62. Darüber durfte sei 04.05.1907 auch ein Umhang getragen werden, der eine weißmetallene Schließe mit der Ordnungsnummer des Beamten aufwies. Ein dazu zusätzlich getragener Pelzkragen durfte dabei die Ordnungsnummer nicht verdecken63. Die Kennzeichnungspflicht mittels Ordnungsnummer bestand ebenfalls von 1876–1918 im Großherzogtum Hessen-Darmstadt64 und im Reichsland Elsass-Lothringen von 1885–191865. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entfiel die Kennzeichnung schließlich (teilweise)66 wieder67, wobei sie zumindest im Korpsbefehl Nr. 36 vom 26.07.1921 in der Republik Baden noch angeordnet worden war68. In der Zeit von 1942 bis 1945 trugen die Angehörigen der Polizei-Regimentsverbände auf der Mittel der Achselstücke die Nummer ihres jeweiligen Polizeiregiments69. Nach Ende des Zweiten Weltkriegs lebte 1946 die Kennzeichnung in dem von Großbritannien besetzten nordwestlichen Teil Deutschlands noch einmal in Form von Brustnummernschildern an der Uniformjacke auf, wurde jedoch nach Ende der Besatzungszeit 1951 wieder aufgegeben70. Ähnliches wird auch hinsichtlich der amerikanischen Besatzungszone berichtet71. Das Thema blieb jedoch aktuell: So beschäftigten sich die Innenministerkonferenz (1971) sowie deren Arbeitskreis II (1952, 1962) mit der Kennzeichnungspflicht, lehnten diese jedoch ab. Ebenso verfuhren 1968 die Landtage von Hessen, Schleswig-Holstein, Bremen72 sowie der Berliner Senat auf Antrag der FDP73. Letzterer behandelte das Thema nochmals auf Antrag der FDP Ende 1978. Aufgrund der Intervention der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Drohung des damaligen Polizeipräsidenten Hübner mit Rücktritt wurden auch hier die Gedanken zu einem Modellversuch wieder verworfen74. Eine Regelung zur Kennzeichnungspflicht fand schließlich auch in § 36 Abs. 1 des Alternativentwurfs für einheitliches Polizeigesetz (AEPolG) von 1979 Einzug75, konnte sich aber nicht durchsetzen. In einzelnen Städten war eine Kennzeichnung von Polizeivollzugsbeamten hingegen vorgesehen: So lief ab April 1978 ein Modellversuch in Tübingen bei der dortigen Verkehrspolizei76. Auch in Hamburg war das Tragen seit 1984 und 1995 für unterschiedliche Beamtengruppen verpflichtend. In Düsseldorf und Schleswig-Holstein konnten seit 1988 bzw. 1989 freiwillig Namensschilder getragen werden77. Am 11.03.1988 erreichte das Thema durch einen Antrag der Fraktion DIE GRÜNEN78 den Bundestag, wurde dort aber zumindest vom Innenausschuss abgelehnt79. Das Thema beschäftige Berlin jedoch weiterhin: Während der Koalitionsverhandlungen 1989 für die Stadt Berlin bot der spätere Innensenator Erich Pätzold von der SPD der Alternativen Liste die Einführung einer Kennzeichnungspflicht im Gegenzug zum Verzicht auf einen Polizeibeauftragten an, was diese jedoch ablehnten, um damit im Ergebnis keine ihrer Forderungen durchzusetzen80. Ein weiterer Antrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN im Bundestag vom 18.07.1995 wurde ebenfalls gegen die Stimmen der Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und PDS, bei Enthaltung der Stimmen der SPD, abgelehnt81. In Hessen wurde am 15.10.1993 aufgrund der Koalitionsvereinbarungen von Rot-Grün eine Kennzeichnungspflicht per Erlass des Hessischen Ministeriums des Inneren und für Europaangelegenheiten eingeführt, jedoch nach Protesten seitens der Polizei in eine freiwillige Option umgewandelt82.

In den neuen Bundesländern (Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen) galt ab 13.09.1990 das Gesetz über Aufgaben und Befugnisse der Polizei83, das die letzte aus demokratischen Wahlen hervorgegangene Volkskammer der DDR verabschiedet hatte und längstens bis 31.12.1991 gelten sollte. In Brandenburg beispielsweise verzögerte sich jedoch die Einigung auf ein eigenes Polizeigesetz, so dass durch das Vorschaltgesetz zum Polizeigesetz des Landes Brandenburg (VGPolBgG)84 vom 11.12.1991 diese Regelungen weiter Anwendung fanden, bis im März 1996 das Gesetz über die Aufgaben und Befugnisse der Polizei im Land Brandenburg (BbgPolG)85 verabschiedet wurde86. Bis März 1996 galt demnach auch § 11 Abs. 2 des Gesetzes über Aufgaben und Befugnisse der Polizei, indem eine Verpflichtung zum Tragen einer Dienstnummer beim Einsatz der Polizei als geschlossene Einheit zur Gewährleistung der Identifizierbarkeit vorgesehen war87. Diese Regelung wurde als Reaktion auf Übergriffe von Polizisten während der Wende erlassen, womit eine Kennzeichnungspflicht in den neuen Bundesländern, zumindest für geschlossene Einheiten, theoretisch bestand. In der Praxis weigerten sich jedoch die Polizeibehörden, den gesetzlichen Bestimmungen Folge zu leisten, was vom OVG Brandenburg88 und dem VG Potsdam89 festgestellt wurde, aber dennoch zu keiner Änderung des Verhaltens der Polizei führte90.

In der jüngeren Vergangenheit vereinbarten im Jahr 2002 die Koalitionsparteien SPD und PDS in Berlin die Einführung einer Kennzeichnungspflicht91, die jedoch aufgrund des Widerstandes der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Berliner Polizeigewerkschaft im Deutschen Beamtenbund (DPolG) vom damaligen Polizeipräsidenten Dieter Glietsch in Form der Geschäftsanweisung92 auf freiwilliger Basis eingeführt wurde93. Aufgrund eines Einsatzes des Berliner SEK am 30.08.2005 in einer Diskothek, bei dem nach Polizeiangaben 76 Menschen teils schwere Verletzungen erlitten und 83 Strafanzeigen gegen Polizisten wegen Körperverletzung im Amt aufgrund fehlender Identifizierung eingestellt werden mussten, wurde in Berlin durch Regelungen über die individuelle Kennzeichnung von Beamtinnen und Beamten des SEK vom 08.02.2007 und 30.05.200894 eine verpflichtende Kennzeichnung für die Beamten des Berliner SEK eingeführt95. Ein weiterer rechtswidriger96 Übergriff zweier Polizeibeamter auf einen Radfahrer am Rande einer Demonstration am 12.09.2009 war schließlich der Anstoß für die ebenfalls von Glietsch mittels Geschäftsanweisung97 zum 01.01.2011 erlassene verpflichtende Kennzeichnung für die Beamten im Vollzugsdienst in Berlin98. Der Gesamtpersonalrat der Berliner Polizei sah sich dabei in seinem Mitbestimmungsrecht verletzt und rief das VG Berlin an. Dieses entschied jedoch99, dass kein Mitbestimmungsrecht des Antragsstellers vorlag, das hätte verletzt sein können, weshalb die Geschäftsanweisung gegenwärtig noch in Kraft ist100. In Hessen bestand zu diesem Zeitpunkt bereits seit Januar 2008 mit einer Verwaltungsvorschrift des Hessischen Innenministeriums vom 19.11.2007 eine Verpflichtung zur namentlichen Kennzeichnung von Polizeibeamten mit Ausnahmen und nicht für geschlossene Einsätze101. Diese sollte mit Erweiterungen durch Antrag der Fraktion DIE LINKE102 vom 13.05.2014 als Gesetz verabschiedet werden, was jedoch mehrheitlich zugunsten einer geplanten Verordnung abgelehnt wurde.103 In Rheinland-Pfalz wurde ebenfalls ab dem 01.07.2009 durch Rundschreiben des Innenministeriums eine Kennzeichnungspflicht mittels Namensschilder für alle Polizeibeamtinnen und -beamte, mit Ausnahme von Einsatzkräften geschlossener Einheiten der Bereitschaftspolizei, mobiler Eingreiftruppen der Polizeipräsidien und Angehörigen von Spezialeinheiten, eingeführt104. Weitere Initiativen der Parteien BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE in Sachsen105, Sachsen-Anhalt106, Schleswig-Holstein107, Niedersachsen108 und in Thüringen durch die FDP109 blieben allerdings erfolglos110. Im Freistaat Bayern gab es ebenfalls mehrere Gesetzesinitiativen: Am 27.01.2010 wurden sowohl ein Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN111 als auch ein Antrag der SPD bezüglich geschlossener Verbände112 abgelehnt113. Ein weiterer Gesetzesentwurf, ebenfalls der Partei BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, vom 28.01.2011114 wurde gegen deren Stimmen und die der SPD am 14.12.2011 abgelehnt115. Erfolgreich war jedoch ein Gesetzesentwurf116, den überraschenderweise die CDU-Fraktion am 17.06.2010 in den brandenburgischen Landtag einbrachte und der dort am 18.05.2011 mehrheitlich angenommen wurde117. Damit besteht seit dem 01.01.2013 die erste gesetzliche Regelung zur Kennzeichnungspflicht in Deutschland. Dies blieb freilich nicht ohne rechtlichen Widerspruch: So wurden im September 2013 zwei Klagen von Polizeibeamten wegen Befreiung von der Kennzeichnungspflicht vor dem Verwaltungsgericht Potsdam und gleichzeitig vor dem Landesverfassungsgericht gegen das Gesetz selbst eingereicht118. Letztere wurden jedoch mangels Rechtswegerschöpfung als unzulässig abgewiesen119. Interessant ist auch, dass in Schleswig-Holstein, nachdem die Einführung einer Kennzeichnungspflicht im Koalitionsvertrag von SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und dem Südschleswigischen Wählerverband (SSW) 2012 beschlossen worden war120, ein Antrag der CDU-Fraktion121 auf Nichteinführung abgelehnt wurde122. Dort gilt seit dem 01.01.2013123, wie auch in Sachsen-Anhalt124 eine partielle Kennzeichnungspflicht per Verwaltungsvorschrift. Schließlich besteht seit dem 01.01.2014 auch eine erweiterte Kennzeichnungspflicht für geschlossene Einheiten in Rheinland-Pfalz, die per Rundschreiben durch den Innenminister125 entsprechend der Vereinbarungen des rot-grünen Koalitionsvertrags126 eingeführt wurde.

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Forderung nach einer Kennzeichnungspflicht, ausgehend vom Arbeitskreis II der Innenministerkonferenz im Jahre 1952127, bereits seit 62 Jahren128 in Deutschland dauerhaft in allen Landtagen und auch im Bundestag von den verschiedenen Parteien kontrovers diskutiert wird. Dabei lässt sich die Tendenz erkennen, dass die Parteien SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und DIE LINKE sich für eine Kennzeichnungspflicht einsetzen, während die CDU/CSU sich traditionell mit Unterstützung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) und der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG) dagegen ausspricht129.

II. Bundesrechtliche Vorschriften

Aus bundesrechtlicher Ebene soll zunächst ein Verstoß gegen das Grundgesetz in seinen unterschiedlichen Ausprägungen geprüft werden.

1. Allgemeines Persönlichkeitsrecht gem. Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht wurde vom Bundesverfassungsgericht aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG441 entwickelt und entspringt damit richterlicher Rechtsfortbildung442. Es wurzelt zum einen in dem Recht auf freie Entfaltung der eigenen Persönlichkeit aus Art. 2 Abs. 1 GG, hat zum anderen aber auch Bezug zur Garantie der Menschenwürde in Art. 1 Abs. 1 GG, da der Einzelne nicht nur in seiner allgemeinen Handlungsfreiheit, sondern auch in seiner personalen Identität und Integrität geschützt werden soll443. So hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, dass es Aufgabe des allgemeinen Persönlichkeitsrechts sei, „im Sinne des obersten Konstitutionsprinzips der ‚Würde des Menschen‘ (Art. 1 I GG) die engere persönliche Lebenssphäre und die Erhaltung ihrer Grundbedingungen zu gewährleisten, die sich durch die traditionellen konkreten Freiheitsgarantien nicht abschließend erfassen lassen“444, „diesen aber in ihrer konstituierenden Bedeutung für die Persönlichkeit nicht nachstehen“445. In der Rechtsprechung finden sich seither verschiedene Ausformungen des allgemeinen Persönlichkeitsrechts, wobei vorliegend die Konkretisierungen im Recht auf informationelle Selbstbestimmung446 und im Recht am eigenen Namen447 relevant sind.

a) Recht auf informationelle Selbstbestimmung

Bei dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung handelt es sich um „die aus dem Gedanken der Selbstbestimmung folgenden Befugnis des Einzelnen, grundsätzlich selbst zu entscheiden, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden“448, wie das Bundesverfassungsgericht im sog. „Volkszählungsurteil“449 vom 15. 12. 1983 entschieden hat. Begründet wird dies vom Gericht mit der Auffassung, dass derjenige in seiner Freiheit, aus eigener Selbstbestimmung zu planen oder zu entscheiden, beschränkt werden kann, der abschätzen kann, welche persönlichen Informationen der Allgemeinheit oder bestimmten Kreisen bekannt sind450. Zwar stellte sich diese Gefahr auch bereits vor dem „Volkszählungsurteil“, wie Urteile im Bereich von Scheidungsakten oder Patientendaten zeigen451, jedoch gewann das Problem durch die umfassenderen Möglichkeiten neuerer Informationstechnologie in Bezug auf die allgegenwärtige Verfügbarkeit, beliebige Übertragbarkeit und unbegrenzte Kombinationsmöglichkeit an Brisanz, was ursächlich für die dargestellte Rechtsprechung war452. Der Entscheidung, ob es sich bei dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung nun um eine lediglich konkretisierende Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts453 oder um eine „querschnittsartige begriffliche Zusammenfassung verschiedener Aspekte traditioneller Gewährleistungen“454 und damit um ein eigenständiges Grundrecht455 handelt, kommt eine eher untergeordnete Bedeutung zu456, ist auch für die vorliegende Betrachtung nicht ausschlaggebend und kann deshalb dahinstehen.

aa) Schutzbereich

(1) Sachlicher Schutzbereich

Nachdem das Bundesverfassungsgericht im „Volkszählungsurteil“ festgestellt hat, dass Voraussetzung für eine freie Entfaltung der Persönlichkeit in Hinblick auf die modernen Bedingungen der Datenverarbeitung der Schutz des Individuums gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe seiner persönlichen Daten ist, beinhaltet der sachliche Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung „die Befugnis jedes einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner persönlichen Daten zu bestimmen“457. Dabei ist zu beachten, dass es nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts aufgrund der umfangreichen technischen Möglichkeiten in der automatischen Datenverarbeitung kein „belangloses“458 Datum mehr gibt, da auch eine für sich genommen harmlose Information im Konvolut mit weiteren unverfänglichen Informationen zu einem Persönlichkeitsprofil verknüpft werden kann, ohne der Möglichkeit für den Betreffenden, dies zu überwachen. Insoweit ist die traditionelle Schutzsphärentheorie überholt, da der Grad der Persönlichkeitsrelevanz somit unerheblich ist459.

Vorliegend ist nun zu untersuchen, ob der Name und eine anderweitige Kennzeichnung vom Begriff der „Daten“ erfasst werden und ob es sich beim Tragen eines Namensschildes oder einer sonstigen Kennzeichnung um eine „Preisgabe“ oder um eine „Verwendung“ handelt. Zur Definition von „Daten“ kann auf § 3 Abs. 1 BDSG verwiesen werden, der personenbezogene Daten deckungsgleich bestimmt als „Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person“460, wobei folgerichtig die Rechtsprechung und Literatur zum BDSG herangezogen werden kann461. Wie bereits im Rahmen der Betrachtung der normativen Grundlage einer Kennzeichnungspflicht festgestellt wurde462, handelt es sich sowohl bei Namen als auch bei einer anonymisierten Kennzeichnung einer Person um personenbezogenen Daten i. S. d. § 3 Abs. 1 BDSG und damit auch im Sinne des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.

Dagegen sprechen auch nicht die Urteile des LAG Köln vom 25.08.1998463 und des LAG Schleswig-Holstein vom 23.01.2008464: Beide Gerichte führen aus465, dass nach allgemeinem Rechtsempfinden der Vorname einer Person keiner besonderen Geheimhaltung bedarf. Der Vorname diene ebenso wie der Nachname der Individualisierung. Er gelte nicht gemeinhin als eine besondere intime Eigenschaft einer Person oder als Geheimnis. Dies könnte ein Anzeichen dafür sein, dass die Gerichte zumindest den Vornamen nicht als Datum i. S. d. informationellen Selbstbestimmungsrecht begreifen, jedoch klärt sich dieser Eindruck bei der vollständigen Lektüre der Entscheidungen. So werden diese Erwägungen bereits im Rahmen der Abwägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts mit den betrieblichen Interessen vorgenommen466, so dass daraus gefolgert werden kann, dass in den Schutzbereich jedenfalls eingegriffen wird und damit auch der (Vor-)Name in den Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung fällt. Dass dabei vom allgemeinen Persönlichkeitsrecht und nicht vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung gesprochen wird, ist unschädlich, da § 75 Abs. 2 S. 1 BetrVG die freie Entfaltung der Persönlichkeit und damit das allgemeinen Persönlichkeitsrecht schützt, also auch das Recht auf informationelle Selbstbestimmung mitumfasst467. Damit ändert sich auch bei Betrachtung der LAG-Urteile nichts an der Feststellung, dass im zu untersuchenden Fall hinsichtlich der verschiedenen Kennzeichnungen personenbezogene Daten vorliegen.

Diese personenbezogenen Daten sind dabei gegen jedwede Preisgabe und Verwendung geschützt468. Zur Schutzbereichsbestimmung muss also noch untersucht werden, ob das Tragen einer Kennzeichnung eine „Preisgabe“ oder „Verwendung“ darstellt. Die Rechtsprechung bleibt diesbezüglich eine Konkretisierung schuldig469 und gewinnt diese Begriffe lediglich aus der Aufzählung der einzelnen Bereiche, die vom Recht auf informationelle Selbstbestimmung geschützt werden, nämlich die Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe persönlicher Daten470. Dies resultiert daraus, dass das Volkszählungsurteil zunächst die genannten Bereiche aufzählt, um dann festzustellen, dass das Grundrecht „insoweit“ die Befugnis über die Preisgabe und Verwendung der persönlichen Daten gewährleistet. Nun bereits im Schutzbereich unter die Begriffe Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe zu subsumieren geht allerdings fehl: Hierbei handelt es sich systematisch gesehen, um eine Konkretisierung, welche Art von Eingriffen in den Schutzbereich möglich sind471, jedoch nicht, was der Schutz konkret umfasst, weshalb weiterhin die Begriffe „Preisgabe“ und „Verwendung“ entscheidend sind. Auch die Literatur beschreibt den Schutzbereich hinsichtlich der geschützten Verhaltensweisen wenig konkret und erschöpft sich größtenteils in der Wiedergabe von Auszügen aus dem Volkszählungsurteil472. Betrachtet man die Begriffsbestimmung im Bundesdatenschutzgesetz so ergibt sich aus § 3 Abs. 5 BDSG, dass „Verwenden“ einen Oberbegriff für Verarbeiten und Nutzen darstellt473, so dass man letztlich zu dem Schluss kommen kann, dass die Preisgabe die Offenbarung der Daten und die Verwendung die weitere Verarbeitung und Nutzung umfasst474.

Unter dieser Prämisse ist demnach zusammenfassend festzustellen, dass durch das offene Tragen eines Kennzeichens in Form eines Namensschildes oder einer sonstigen Kennzeichnung an der Polizeiuniform eine Offenbarung der diesem Kennzeichen innewohnenden Daten nach außen stattfindet, weshalb eine Preisgabe von Daten vorliegt und damit der Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung eröffnet ist475.

(2) Persönlicher Schutzbereich

Nachdem es sich beim Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung nach überwiegender Ansicht um eine Konkretisierung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts handelt476, steht auch dieses als Jedermann-Grundrecht allen natürlichen Personen ohne Ansehen des Alters, des Wohnsitzes oder der Staatsangehörigkeit zu477.

Zu untersuchen ist allerdings, ob dies auch für den Polizeivollzugsbeamten als Amtsträger (vgl. § 11 Abs. 1 Nr. 2 a StGB) und damit als eigentlich Grundrechtsverpflichteten gilt. Grundsätzlich anerkannt und höchstrichterlich entschieden ist die Tatsache, dass auch Amtsträger, die im sog. besonderen Gewaltverhältnis „im Staat“ stehen, nicht generell grundrechtslos gestellt sind478.

Ob dies hinsichtlich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung generell gilt oder eine Einschränkung vorgenommen werden muss, ist allerdings umstritten. Bislang kam es auf Seiten des Bundesverfassungsgerichts auf eine Entscheidung darüber nicht an479.

Einige Stimmen verneinen die Geltung für Amtsträger480, teilweise mit Hinweis auf die Entstehungsgeschichte481. So habe sich das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung aus dem Bedürfnis entwickelt, Schutz vor staatlichem Zwang zur Preisgabe von Daten und vor deren unbegrenzter Verwendung zu gewährleisten. Daraus ergebe sich, dass gerade der Amtsträger, der den Staat repräsentiert, sich nicht auf dieses Recht berufen könne, da er insoweit nur als Funktionsträger staatlicher Hoheitsgewalt betroffen sei482. Ein gem. Art. 1 Abs. 3 GG grundrechtsverpflichteter Amtsträger könne nicht gleichzeitig Grundrechtsberechtigter sein, da sich sonst der Staat selbst gegenüber dem Bürger auf ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung berufen könnte483. Dies gelte allerdings nicht, wenn der Amtsträger dem Staat in der Eigenschaft als eigenständiger Träger von Rechten und Pflichten gegenübersteht484.

Das Bundesverwaltungsgericht und Stimmen in der Literatur bejahen dagegen die Anwendbarkeit des Rechts auf Amtsträger auch in dieser Position485. Hintergrund sei die Tatsache, dass automatisch mit der Preisgabe von Informationen, die die Position als Amtsträger betreffen, auch Aussagen über den Beamten als Privatperson getätigt würden486. Darüber hinaus könnten anhand der preisgegeben Daten auch weitere Informationen über die Privatperson „Amtsträger“ gewonnen werden, weshalb diese zu schützen sei487.

Betrachtet man die zwei Ansichten genau, so ergibt sich, dass sich diese im Kern letztlich nicht besonders unterscheiden: Auch die ablehnende Meinung gesteht einem Amtsträger ein Recht auf informationelle Selbstbestimmung zu, soweit er in seiner persönlichen Sphäre betroffen ist, wobei die andere Ansicht die Möglichkeit der Berufung genau deshalb zulässt, weil mit der Offenbarung von Amtsträger-Daten zugleich auch Privat-Daten und damit die Privatsphäre betroffen seien. Damit liegt der eigentliche Streitpunkt nicht bei der Anwendbarkeit des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung an sich, sondern bei der Frage, ob durch den entsprechenden Akt in die Privatsphäre des Amtsträgers eingegriffen wird und damit der Beamte als eigenständiger Träger von Recht und Pflichten betroffen wird.

Die zunächst dargestellte Ansicht ist der Meinung, dass bei einer Informationsübermittlung des Dienstherrn über die dienstliche Tätigkeit von Amtsträgern kein Privatsphärenbezug vorliege488. Für den gegenständlichen Fall einer Verpflichtung zum Tragen eines Namensschildes oder einer sonstigen Kennzeichnung würde es sich auch um derartige Informationen handeln, da diese zum Gegenstand haben, dass ein bestimmter Beamter mit einem bestimmten Namen bzw. einem bestimmten Kennzeichen amtlich tätig wird489. Die gegenteilige Ansicht bejaht auch bei dienstlicher Informationsübermittlung einen Privatsphärenbezug490.

Unter Berufung auf die dargestellte Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts und der entsprechenden Literaturstimmen ist dem zuzustimmen: Auch durch die Übermittlung von Informationen, die lediglich die dienstliche Tätigkeit des Amtsträgers betreffen, wird zugleich auch immer der Amtsträger in seiner Person als Privatperson tangiert: Dienstliche Informationen über den Amtsträger stellen per Definition nach § 3 Abs. 1 BDSG personenbezogenen Daten dar, wenn es sich um Einzelangaben über persönliche oder sachliche Verhältnisse einer bestimmten oder bestimmbaren natürlichen Person handelt. Diese Voraussetzungen dürften in der Regel vorliegen, so dass dienstliche Informationen über einen Amtsträger auch zugleich personenbezogene Informationen darstellen und damit dem sachlichen Schutzbereich des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung unterfallen. Sobald aber eine Information personenbezogen ist, betrifft sie automatisch auch den Amtsträger als Privatperson, da der tatsächliche Mensch als Person bezüglich von Informationen nicht aufgespalten werden kann: Ein Bürger, der weiß, dass ein diensthabender Beamter diesen oder jenen Namen trägt, kennt den Namen des Beamten auch, wenn er diesen außerhalb der Dienstzeit privat beim Einkauf trifft. Spielt der Beamte in seiner Freizeit in einem Tennisverein und liest der Bürger den Namen des Beamten im Vereinsranking am schwarzen Brett, weiß er, dass es sich dabei um den Beamten handeln muss (von häufig auftretenden Namen einmal abgesehen).

Diese Beispiele sollen zeigen, dass sobald eine Information einer Person zuordenbar ist, diese Person auch zwingend in ihrer persönlichen Sphäre als Privatmensch betroffen ist, wobei es gerade unerheblich ist, ob es sich um Informationen aus einem „Betriebsverhältnis“ oder „Grundverhältnis“ handelt, da von § 3 Abs.