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Die Herausgeberin und Herausgeber

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Dr. Katja Scholtes

Zentrale Notaufnahme, Krankenhaus Köln-Merheim, Kliniken der Stadt Köln gGmbH.

 

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Prof. Dr. Thomas Wurmb

Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin, Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Würzburg.

 

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Prof. Dr. Peer Rechenbach

Institut für Notfallmedizin, Asklepios Kliniken, Hamburg.

Katja Scholtes

Thomas Wurmb

Peer Rechenbach (Hrsg.)

Risiko- und Krisenmanagement im Krankenhaus

Alarm- und Einsatzplanung

Verlag W. Kohlhammer

Dieses Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwendung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechts ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und für die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

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1. Auflage 2018

Alle Rechte vorbehalten

© W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Gesamtherstellung: W. Kohlhammer GmbH, Stuttgart

Print:

ISBN 978-3-17-032117-5

E-Book-Formate:

pdf:      ISBN 978-3-17-032118-2

epub:   ISBN 978-3-17-032119-9

mobi:   ISBN 978-3-17-032120-5

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Inhalt

 

  1. Geleitwort
  2. Von Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln
  3. Die Autorinnen und Autoren
  4. Abkürzungsverzeichnis
  5. In diesem Buch genannte Gesetze und Verordnungen
  6. Vorwort der Herausgeber
  7. 1 Basiswissen
  8. 1.1 Die Kritische Infrastruktur Krankenhaus
  9. Peer Rechenbach
  10. 1.2 Notwendigkeit einer Planung aus juristischen Aspekten
  11. Thorsten Helm und Hartfrid Wolff
  12. 1.2.1 Einleitung
  13. 1.2.2 Die Geschäftsleitung in der Verantwortung
  14. 1.2.3 Abgrenzung des Notfallmanagements vom Katastrophenmanagement
  15. 1.2.4 Abgrenzung von Risiken und Krisen
  16. 1.2.5 Der Katastrophenbegriff
  17. 1.2.6 Maßnahmen
  18. 1.2.7 Fazit
  19. Literatur
  20. 1.3 Rechtliche Rahmenbedingungen der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung
  21. Alex Lechleuthner
  22. 1.3.1 Hintergrund
  23. 1.3.2 Rechtliche Strukturierung der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung
  24. 1.3.3 Beispiel 1 - Krankenhauseinsatzplanung Hessen
  25. 1.3.4 Beispiel 2 - Krankenhauseinsatzplanung Berlin
  26. 1.3.5 Zusammenfassung
  27. 1.4 Top-Down: Die entscheidende Rolle der Geschäftsführung
  28. Andreas Tyzak
  29. 1.4.1 Allgemeines
  30. 1.4.2 Grundsätzliche Voraussetzung für den Erfolg: Umdenken
  31. 1.4.3 Ökonomische und strategische Entscheidungen
  32. 1.4.4 Rechtliche Aspekte
  33. 1.5 Zahlen, Daten, Fakten
  34. Willy Marzi
  35. 1.5.1 Krankenhausstatistik
  36. 1.5.2 Gesetzliche Regelungen zur Mitwirkung der Krankenhäuser im Katastrophenfall
  37. 1.5.3 Krankenhausalarm- und Einsatzpläne
  38. 1.5.4 Sanitätsmaterialbevorratung
  39. 1.6 Verwundbarkeit und Resilienz: Konzepte für ein ganzheitliches Risiko- und Krisenmanagement im Krankenhaus
  40. Gabriele Hufschmidt
  41. 1.6.1 Einführung
  42. 1.6.2 Die Konzepte Verwundbarkeit und Resilienz
  43. 1.6.3 Fazit
  44. Literatur
  45. 1.7 Risikomanagement und Krankenhausalarmplanung aus Sicht des Bundesamts für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe
  46. Kathrin Stolzenburg und Barbara Kowalzik
  47. 1.7.1 Die gesamtstaatliche Verantwortung im Bevölkerungsschutz
  48. 1.7.2 Krankenhäuser als Kritische Infrastrukturen
  49. 1.7.3 Risikomanagement im Krankenhaus
  50. 1.7.4 Krankenhausalarm- und Einsatzplanung
  51. Literatur
  52. 2 Projektplan
  53. Thomas Wurmb, Katja Scholtes, Felix Kolibay und Dieter Dersch
  54. 2.1 Der Risiko- und Krisenmanager/Leiter der Projektgruppe KAEP
  55. 2.2 Aufgaben des Leiters KAEP
  56. 2.2.1 Vorbereitung
  57. 2.2.2 Umsetzung
  58. 2.2.3 Weitere wesentliche Handlungsfelder des Leiters KAEP
  59. 2.2.4 Rolle des Leiters KAEP im Schadensfall
  60. 2.3 Kompetenzen des Leiters KAEP
  61. 2.4 Erforderliche Qualifikationen des Leiters KAEP
  62. Zusammenfassung
  63. Literatur
  64. 3 Grundsätze bei der Erstellung eines Krankenhausalarm- und Einsatzplans
  65. 3.1 Grundsätze der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung nach einem 13-Punkte-Plan
  66. Katja Scholtes
  67. 3.1.1 Projektgruppe Krankenhausalarm- und Einsatzplanung
  68. 3.1.2 Risikoanalyse im eigenen Krankenhaus
  69. 3.1.3 Bauliche Gegebenheiten
  70. 3.1.4 Evakuierungswege, Sammelplätze
  71. 3.1.5 Kommunikation
  72. 3.1.6 Alarmierung dienstfreien Personals, Mitarbeitertreffpunkt
  73. 3.1.7 Führungsstruktur: Krankenhauseinsatzleitung (KEL)
  74. 3.1.8 Planstruktur mit Erstellen von Handlungsanweisungen
  75. 3.1.9 Ressourcenmanagement
  76. 3.1.10 Öffentlichkeitsarbeit
  77. 3.1.11 Psycho-soziale Notfallversorgung
  78. 3.1.12 Abstimmung mit ortsansässigen Behörden
  79. 3.1.13 Schulungen und Übungen
  80. 3.2 Die Fortschreibung des Plans – Nach dem Plan ist vor dem Plan
  81. Katja Scholtes
  82. Literatur
  83. 3.3 Die Übung des Planes – Training und Verbesserung durch Einsatzübungen
  84. Ines Lampe
  85. 4 Problemfelder im Krankenhaus
  86. 4.1 Führung im Krankenhaus bei Notfällen und Krisen
  87. Peter Berger
  88. 4.1.1 Was kann Management? Notfall- und Krisenmanagement am Beispiel nosokomialer Infektionen
  89. 4.1.2 Was soll Führung?
  90. 4.1.3 Krisenprävention durch Führung
  91. 4.1.4 Führungsverhalten in der Krise
  92. 4.1.5 Qualifizierung von Führungskräften in Krankenhäusern
  93. Literatur
  94. 4.2 Führungsorganisation in der Krise
  95. Peter Gretenkort
  96. 4.2.1 Einleitung
  97. 4.2.2 Reale Führungsmodelle
  98. 4.2.3 Aspekte und Kriterien
  99. 4.2.4 Praxistipps
  100. 4.2.5 Zusammenfassung
  101. Literatur
  102. 4.3 Der Faktor Mensch: Psychologische Grundlagen des Notfall- und Krisenmanagements
  103. Gesine Hofinger
  104. 4.3.1 Einleitung
  105. 4.3.2 Notfall – Krise
  106. 4.3.3 Psychologische Herausforderungen des Krisenmanagements
  107. 4.3.4 Verhalten Betroffener von Katastrophen und Krisen
  108. 4.3.5 Fürsorge auch und gerade in Krisen: Psycho-soziale Notfallversorgung
  109. 4.3.6 Zusammenfassung
  110. Literatur
  111. 4.4 Zusammenspiel Raum und Organisation im Brandfall
  112. Marcus Mehlkop
  113. 4.4.1 Identifizierung von Mängeln und Maßnahmen zur Risikominimierung
  114. 4.4.2 Basiswissen
  115. 4.4.3 Räumliche Gegebenheiten und Sicherheit
  116. Literatur
  117. 4.5 Information und Alarmierung
  118. Rüdiger Giebler
  119. 4.5.1 Interinstitutioneller Informationsaustausch
  120. 4.5.2 Organisation der Alarmarchitektur – vulnerable Stellen
  121. 4.5.3 Technik und Logistik der Alarmierung
  122. Literatur
  123. 4.6 Exponierte Positionen
  124. 4.6.1 Rolle der Notaufnahme in der Krise
  125. Björn Hossfeld und Matthias Helm
  126. 4.6.2 Die Rolle des Empfangs in der Krise
  127. Michael Schneider
  128. 5 Kommunikation und Öffentlichkeit
  129. 5.1 Grundsätze der Krisenkommunikation mit Mitarbeitern und Angehörigen
  130. Monika Funken
  131. 5.1.1 Was ist eine Krise?
  132. 5.1.2 Mögliche Folgen einer Krise im Krankenhaus
  133. 5.1.3 Status der Krisenprävention in deutschen Krankenhäusern
  134. 5.1.4 Ursprünge von Krisen im Krankenhaus
  135. 5.1.5 Unterschiedliche Krisentypen und mögliche Reaktionen
  136. 5.1.6 Übersicht der Strategien zur Wiederherstellung der Reputation
  137. 5.1.7 Kommunikationsstrategien in der Krise
  138. 5.1.8 Besonderheiten bei der Krisenkommunikation im Krankenhaus
  139. 5.1.9 Wie gehe ich vor? mit welchen Schritten beginne ich?
  140. 5.1.10 Wer sind die Stakeholder eines Krankenhauses?
  141. 5.1.11 Kommunikation mit Patientinnen, Patienten und Angehörigen
  142. 5.1.12 Crisis Communication begins at home?
  143. 5.1.13 Intern gleich extern? Es gibt kein Standardrezept für die Kommunikation in der Krise
  144. Zusammenfassung
  145. Literatur
  146. 5.2 Krisenkommunikation mit den Medien: Hinweise für eine kommunikative Intervention im Ernstfall. Eine Entscheidungshilfe.
  147. Matthias Brandstädter
  148. 5.2.1 Krisenkommunikation – Was sie ist, was nicht
  149. 5.2.2 Proaktiv: Erfolgskritische Faktoren erkennen und bewerten
  150. 5.2.3 Im Krisenfall – Ein Schema im Abriss
  151. 5.3 Information der Bevölkerung
  152. Peer Rechenbach
  153. 5.3.1 Einleitung
  154. 5.3.2 Ziele der kontinuierlichen Informationsbereitstellung
  155. 5.3.3 Informationskanäle
  156. 5.3.4 Internet + Intranet
  157. 5.3.5 Soziale Medien
  158. 5.3.6 Bevölkerung
  159. 6 Kooperationspartner
  160. 6.1 Kooperation mit dem Rettungsdienst
  161. Peer Rechenbach, Thomas Wurmb und Katja Scholtes
  162. 6.1.1 An- und Abfahrtswege
  163. 6.1.2 Verteilung der Patienten im MANV
  164. 6.1.3 Materialversorgung für den Rettungsdienst:
  165. 6.1.4 Verlegung von Einheiten des Katastrophenschutzes an die Krankenhäuser
  166. 6.1.5 Dekontamination
  167. 6.1.6 Vorgehen bei einem Massenanfall infizierter Patienten (B-Lage)
  168. 6.1.7 Vorgehen bei Gefahrenlagen innerhalb eines Krankenhauses
  169. 6.1.8 Zusammenfassung
  170. 6.2 Kooperation mit den Hilfsorganisationen
  171. Peer Rechenbach
  172. 6.3 Kooperation mit der Feuerwehr
  173. Peer Rechenbach
  174. 6.4 Kooperation mit der Polizei
  175. Dieter Dersch
  176. 6.4.1 Aufgaben der Polizei
  177. 6.4.2 Einsatzlagen der Polizei
  178. 6.4.3 Größere Einsatzlagen im Krankenhaus
  179. 6.4.4 Führung der Polizei
  180. 6.4.5 Aufgaben der Polizei
  181. 6.4.6 Aufgaben des Krankenhauses aus Sicht der Polizei
  182. 6.4.7 Erwartungen der Polizei an die Krankenhausleitung
  183. 6.5 Kooperation mit der örtlich zuständigen Gefahrenabwehrbehörde
  184. Peer Rechenbach
  185. 6.5.1 Einleitung
  186. 6.5.2 Gemeinde oder Stadt als örtlich zuständige Gefahrenabwehrbehörde
  187. 6.5.3 Kreis oder kreisfreie Stadt als örtlich zuständige Gefahrenabwehrbehörde
  188. 6.5.4 Polizei als örtlich zuständige Gefahrenabwehrbehörde
  189. 6.6 Abstimmung mit benachbarten Krankenhäusern
  190. Peer Rechenbach und Thomas Wurmb
  191. Zusammenfassung
  192. Literatur
  193. 6.7 Kooperation mit dem Öffentlichen Gesundheitsdienst
  194. Martin Dirksen-Fischer
  195. 6.7.1 Gliederung und Aufgaben des Öffentlichen Gesundheitswesens
  196. 6.7.2 Anforderungen des ÖGD an die Kommunikation mit der Klinik
  197. Literatur
  198. 6.8 Aspekte der Anpassung der Planungen an örtliche Bedingungen
  199. Martin Dirksen-Fischer
  200. Literatur
  201. 7 Spezielle Planungssituationen
  202. 7.1 Grundsätze der Evakuierung
  203. Ernst-Peter Doebeling
  204. 7.1.1 Räumung oder Evakuierung
  205. 7.1.2 Die Räumung
  206. 7.1.3 Die Evakuierung
  207. 7.1.4 Ergänzende Maßnahmen
  208. 7.1.5 Evakuierungsgrundsätze
  209. 7.2 Strategische Überlegungen bei der Evakuierung von Intensivpatienten
  210. Jörg Brederlau
  211. 7.2.1 Einleitung
  212. 7.2.2 Beispiele
  213. 7.2.3 Zusammenfassung
  214. Literatur
  215. 7.3 Besonderheiten bei der Evakuierung von psychiatrischen Patienten
  216. 7.3.1 Besonderheiten bei der Evakuierung bei psychiatrischen Patienten aus Sicht der medizinischen Versorgung
  217. Claudia Fuchs-Meyer und Marc Graf
  218. 7.3.2 Besonderheiten der Evakuierung bei psychiatrischen Patienten aus der operativ-taktischen Sicht der Werkfeuerwehr einer psychiatrischen Großklinik
  219. Uli Hofmaier
  220. 7.4 Besonderheiten der Evakuierung von Kinder- und Neonatologischen Stationen
  221. Felix Kolibay
  222. 7.4.1 Kinder und Jugendliche
  223. 7.4.2 Neugeborene und Säuglinge
  224. 7.4.3 Intensivstationen
  225. Zusammenfassung
  226. 8 Aspekte ausgewählter Einsatzsituationen
  227. 8.1 Das konsequenzbasierte Modell
  228. Thomas Wurmb
  229. 8.1.1 Traditionelle Nomenklatur der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung
  230. 8.1.2 Das konsequenzbasierte Modell der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung
  231. Literatur
  232. 8.2 Ereignisse mit primärer Störung der Funktionalität
  233. 8.2.1 »Bedrohliche Lagen« – Bombendrohung
  234. Björn Hossfeld und Matthias Helm
  235. 8.2.2 IT Störungen im Krankenhaus am Beispiel des Lukaskrankenhauses Neuss
  236. Klaus Reinartz
  237. 8.2.3 Erfahrungen aus realen Brandereignissen
  238. Georgios Leledakis
  239. 8.2.4 Ausfall der elektrischen Energieversorgung
  240. Dirk Fähling
  241. 8.3 Ereignisse mit primärer Überlastung der Kapazität
  242. 8.3.1 MANV/MANI und der Stellenwert des Krankenhauses
  243. Peter Sefrin
  244. 8.3.2 Krisenmanagement am Beispiel von EHEC und HUS, Mai/Juni 2011 in Hamburg
  245. Elke Huster-Nowack
  246. Stichwortverzeichnis

Geleitwort

Von Henriette Reker, Oberbürgermeisterin der Stadt Köln

 

Krankenhäuser gehören zu den neun Sektoren, die man der Kritischen Infrastruktur zuordnet. Hiermit sind Institutionen gemeint, die im Rahmen ihrer Daseinsfürsorge für die Bevölkerung von höchster Bedeutung sind. Exemplarisch seien hier die Telekommunikation, der Schienenverkehr, der Rettungsdienst und die Krankenhäuser genannt.

Um dieser herausragenden Anforderung gerecht zu werden, verfügen Krankenhäuser nicht nur über exzellent ausgebildetes Personal, sondern auch über hoch technisierte und komplexe Strukturen, die eine Patientenversorgung an 365 Tagen im Jahr rund um die Uhr ermöglichen.

Krankenhäuser sind in unserer hoch technisierten Gesellschaft verwundbar geworden. Es sind viele Risiken, die einen reibungslosen Ablauf stören oder gefährden. Ein Brandereignis, der Ausfall der elektrischen Energieversorgung oder der Informationstechnologie können dramatische Folgen für die Handlungsfähigkeit eines Krankenhauses haben. Naturereignisse können gleichermaßen Krankenhäuser nachhaltig treffen. Genannt seien beispielsweise die Folgen von Starkregen oder Stürmen.

Seit den erneuten Terroranschlägen von Paris, Brüssel, Würzburg und Ansbach wissen wir um die große Bedeutung einer effektiven Gefahrenabwehrplanung in allen Lebensbereichen. Hoch ansteckende und tödliche Infektionskrankheiten, wie Influenza oder gar Ebola erfordern gleichermaßen detaillierte Handlungspläne in den Krankenhäusern. Die Palette der möglichen Schadensereignisse, die den Betrieb von Krankenhäusern in ihrem Alltag beeinträchtigen und sogar zum kompletten Funktionsausfall führen können, erweitert sich zunehmend.

Zielgerichtete Planungen der Krankenhausträger zur Gefahrenabwehr bedingen zunächst eine systematische Identifizierung und Analyse der denkbaren Schäden. Anschließend muss eine Abschätzung und Bewertung des Gefahrenpotenzials erfolgen. Die sich daraus ergebenden Maßnahmen werden in einem Alarm- und Einsatzplan festgelegt und kontinuierlich fortgeschrieben. Eine Kontrolle der Wirksamkeit dieser Planungen muss in regelmäßigen Übungen mit unterschiedlichen Ausgangssituationen erfolgen. Eine effektive Umsetzung dieser Planungs- und Trainingsprozesse trägt in schwierigen Situationen entscheidend zur Sicherstellung der Handlungsfähigkeit von Krankenhäusern bei. Deshalb haben die Bundes- und Landesgesetzgeber Krankenhäuser verpflichtet, geeignete Krankenhausalarm- und Einsatzpläne zu erstellen, sie fortzuschreiben und regelmäßig zu üben.

Geeignete Rahmenempfehlungen durch die Aufsichtsbehörden stehen nur vereinzelt als Arbeitshilfe zur Verfügung. Bedingt durch die wirtschaftlichen Zwänge der Krankenhäuser im Alltag werden die planerischen Verpflichtungen häufig zurückgestellt.

Es gilt nun den Krankenhäusern geeignete Arbeitshilfen an die Hand zu geben. Durch gezielte Planungen kann das Unternehmen Krankenhaus seine Vulnerabilität senken. Ein gut funktionierender Krankenhausalarm- und Einsatzplan, der regelmäßig fortgeschrieben und trainiert wurde, senkt die Vulnerabilität und stärkt die Resilienz. Krankenhäuser können diese notwendige und besondere Leistungsfähigkeit den Menschen der Region bekannt machen, damit diese wissen, dass sie auch bei einer unerwarteten Störung oder einem Schadenereignis gut versorgt werden.

Durch ihre breit aufgestellten Erfahrungen ist es den Herausgebern gelungen, mit diesem Managementbuch ein wichtiges Hilfsmittel den verantwortlichen Akteuren in den Krankenhäusern und Pflegeheimen zur Verfügung zu stellen.

Ich wünsche dem Buch einen großartigen Erfolg, damit die Menschen auch im Krankenhaus immer sicher sind!

Abkürzungsverzeichnis

 

 

ABC

atomar, biologisch, chemisch

AGBF

Arbeitsgemeinschaft der Leiter der Berufsfeuerwehren in der Bundesrepublik Deutschland

AG ETKC der DGU

Arbeitsgruppe Einsatz-, Katastrophen- und Taktische Chirurgie der Deutschen Gesellschaft für Unfallchirurgie

AKNZ

Akademie für Krisenmanagement, Notfallplanung und Zivilschutz

AVEP

Alarm-, Verständigungs- und Evakuierungsplan

BBK

Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe

BdP

Bundesverband deutscher Pressesprecher e.V

BHKG NRW

Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz Nordrhein-Westfalen

BSI

Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik

CBRN

chemisch, biologisch, radionuklear

DAKEP

Deutsche Arbeitsgemeinschaft für Krankenhauseinsatzplanung

FW DV 100

Feuerwehr-Dienstvorschrift 100

ICM

Institute for Crisis Management

IT

Informationstechnik

KAEP

Krankenhausalarm- und Einsatzplan

KEL

Krankenhauseinsatzleitung

KHEP

Krankenhauseinsatzplan

Ko- KlinEL

Koordinierende Klinikeinsatzleitung

LKatSG Ba-Wü

Landeskatastrophenschutzgesetz Baden-Württemberg

LKG Berlin

Landeskrankenhausgesetz Berlin

MANE

Massenanfall von Erkrankten

MANV

Massenanfall von Verletzten

NKHG

Niedersächsisches Krankenhausgesetz

PDCA

Plan, Do, Check, Act

PSNV

Psycho-soziale Notfallversorgung

OP

Operationssaal

SCCT

Situational Crisis Communication Theory

ZSKG

Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (Zivilschutz- und Katastrophenhilfegesetz)

In diesem Buch genannte Gesetze und Verordnungen

 

 

 

Hinweis: Gesetze des Bundes sind fett hervorgehoben, Gesetze in Normalschrift sind Ländergesetze

Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG)

 

Bayerisches Katastrophenschutzgesetz (BayKSG)

Bayerisches Staatsministerium des Innern (2006): Hinweise für das Anlegen von Krankenhausalarm- und Einsatzplänen.

Bremisches Hilfeleistungsgesetz (BremHilfeG)

Bremisches Krankenhausgesetz (BremKrhG)

Bundesdatenschutzgesetz (BDSG)

Gesetz über den Brandschutz, die Hilfeleistung und den Katastrophenschutz des Landes Brandenburg (Brandenburgisches Brand- und Katastrophenschutzgesetz – BbgBKG)

Gesetz über den Katastrophenschutz in Mecklenburg-Vorpommern (Landeskatastrophenschutzgesetz LKatSG M-V)

Gesetz über den Katastrophenschutz in Schleswig-Holstein (Landeskatastrophenschutzgesetz LKatSG)

Grundgesetz (GG)

Hamburgisches Gesundheitsdienstgesetz (HmbGDG)

Hamburgisches Krankenhausgesetz (HmbKHG)

Hessische Bauordnung (HBO)

Hessisches Brand- und Katastrophenschutzgesetzes (HBKG)

Hessisches Rettungsdienstgesetz (HRDG)

Infektionsschutzgesetz IFSG

Katastrophenschutzgesetz, Berlin (KatSG)

KHEP-»Verordnung zur Durchführung des Hessischen Rettungsdienstgesetzes«

Gesetz zur Kontrolle und Transparenz in Unternehmen (KonTraG)

Krankenhausgesetz Hessen (Zweites Gesetz zur Weiterentwicklung des Krankenhauswesens in Hessen – Hessisches Krankenhausgesetz)

Krankenhausgesetz Mecklenburg-Vorpommern (Landeskrankenhausgesetz LKHG M-V)

Krankenhausgestaltungsgesetz des Landes Nordrhein-Westfalen (KHGG NRW)

Krankenhausverordnung, Berlin (KhsVO)

Landesgesetz über den Brandschutz, die allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Brand- und Katastrophenschutzgesetz), Rheinland-Pfalz (LBKG)

Landeskatastrophenschutzgesetz, Baden-Württemberg (LKatSG)

Landeskrankenhausgesetz, Berlin (LKG)

Landeskrankenhausgesetz Baden-Württemberg

Landeskrankenhausgesetz, Rheinland-Pfalz (LKG)

Niedersächsisches Krankenhausgesetz (NKHG) vom 19. Januar 2012

Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG)

Patientenrechteverbesserungsgesetz (PatRVG)

Rettungsgesetzes NRW (RettG NRW).

Richtlinien für das Strafverfahren und Bußgeldverfahren (RiStBV)

Saarländisches Krankenhausgesetz (SKHG)

Sächsisches Gesetz über den Brandschutz, Rettungsdienst und Katastrophenschutz (SächsBRKG)

Sächsisches Krankenhausgesetz (SächsKHG)

Strafgesetzbuch (StGB)

Thüringer Gesetz über den Brandschutz, die Allgemeine Hilfe und den Katastrophenschutz (Thüringer Brand- und Katastrophenschutzgesetz – ThürBKG –)

Thüringer Krankenhausgesetz (ThürKHG)

Trinkwasserverordnung (TrinkWV)

Verordnung zur Alarm- und Einsatzplanung zur Vorsorge bei Notfällen, Notfallereignissen mit einer größeren Anzahl von Verletzten oder Kranken, Großschadenslagen und Katastrophen in saarländischen Krankenhäusern – Krankenhausalarmplanungsverordnung, Saarland (KHAlarmV)

Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG)

Vorwort der Herausgeber

 

 

 

Krankenhaus – Das bedeutet für unsere Patienten ärztliche Behandlung, Pflege, Fürsorge und medizinische Versorgung mit allen dazugehörigen Komponenten. Um diese wichtige und hochstehende Aufgabe erfüllen zu können, benötigen Krankenhäuser gut ausgebildete Ärzte, Pflegekräfte, medizinisches Assistenzpersonal, eine leistungsfähige Geschäftsführung, eine Verwaltung und eine reibungslos funktionierende Infrastruktur aus Technik und Logistik. Wie ein Uhrwerk müssen all diese Menschen und Strukturen ineinandergreifen, um eine sichere und optimale Patientenversorgung und einen störungsfreien Betriebsablauf zu gewährleisten. Man kann sich vorstellen, was für ein Aufwand und welche Technik dahinterstecken.

Durch die vielen menschlichen und technischen Einflüsse werden Krankenhäuser anfällig für Störungen. Die Beseitigung kleinerer Probleme gehört zum Alltag und wirkt sich in der Regel nicht auf die Patientenversorgung aus. Wie aber sieht es mit Ereignissen größeren Ausmaßes aus? Hierzu zählen Brandereignisse, ein Ausfall der Informationstechnologie, ein Versorgungsengpass mit Wasser oder Energie. Auch ein plötzlicher Anstieg der Patientenzahlen, wie der Massenanfall von Verletzten nach einem schweren Unfall oder auch die Versorgung von Terroropfern, stellt eine große Herausforderung für das betroffene Krankenhaus dar und wird einen erheblichen Einfluss auf die Versorgungskapazität und/oder die Funktionalität eines Krankenhauses haben.

Um sich bestmöglich auf solche Ereignisse vorzubereiten und die Auswirkungen auf die Versorgungskapazität und die Funktionalität möglichst gering zu halten, ist eine umfassende Planung und Vorbereitung seitens der Krankenhäuser nötig. Das Ergebnis dieser Vorbereitung und Planung ist der Krankenhausalarm- und Einsatzplan. Seine Erstellung ist ein wichtiger, spannender und herausfordernder Prozess, der von vielen Schultern im Krankenhaus getragen werden muss.

In unserem Buch beleuchten wir die unterschiedlichen Aspekte der Krankenhausalarm- und Einsatzplanung. Hierbei hoffen wir mit den Beiträgen namhafter Experten und Spezialisten, der hohen Komplexität und der Vielseitigkeit des Themas Rechnung zu tragen. Wir hoffen, dass die Lektüre des Buches dazu beiträgt, Krankenhäuser auf außergewöhnliche Ereignisse vorzubereiten, um auch in Extremsituationen eine sichere Patientenversorgung zu ermöglichen. Darum geht es uns in diesem Buch.

Die Autorinnen und Autoren

 

 

Prof. Dr. Peter Berger

Professor für Human Resource Management an der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg, Gründer und Geschäftsführer der professore.de GmbH.

Dr. Matthias Brandstädter

Leiter Unternehmenskommunikation und Pressesprecher des Universitätsklinikums Aachen.

Prof. Dr. Jörg Brederlau

Chefarzt der Klinik für Intensivmedizin, HELIOS Klinikum Berlin-Buch, Berlin.

Dieter Dersch

Bis 2015 Leiter der Direktion Gefahrenabwehr und Einsatz des Landes Nordrhein-Westfalen.

Dr. med. Martin Dirksen-Fischer

Arzt für das Öffentliche Gesundheitswesen und Psychiatrie; am Institut für Hygiene und Umwelt, Hamburg tätig.

Prof. Dipl.-Ing. Ernst-Peter Doebeling

Branddirektor, Hochschule Furtwangen, Fachbereich Security & Safety Engineering, Ludwigshafen.

Dipl.-Ing., Dipl.-Wirt.-Ing Dirk Fähling

Seit 2009 Technischer und Kaufmännischer Leiter der medfacilities Energie GmbH und seit 2011 Technischer Leiter der medfacilities Betrieb GmbH.

Claudia Fuchs-Meyer

Diplomierte Qualitätsmanagerin; Qualitätsbeauftragte Forensisch Psychiatrische Klinik, Universitäre Psychiatrische Kliniken, Basel, Schweiz.

Monika Funken

Pressesprecherin, Leiterin Unternehmenskommunikation, Kliniken der Stadt Köln gGmbH.

Rüdiger Giebler

Brandschutzbeauftragter Klinikum Stuttgart.

Prof. Dr. med. Marc Graf

Chefarzt und Klinikdirektor, Forensisch Psychiatrische Klinik, Universitäre Psychiatrische Kliniken, Basel, Schweiz.

Dr. med. Peter Gretenkort

Chefarzt Anästhesie, Allgemeines Krankenhaus Viersen.

Prof. Dr. med. Matthias Helm

Oberstarzt, Beauftragter für Rettungsmedizin, Leiter Sektion Notfallmedizin, Klinik für Anästhesiologie & Intensivmedizin, Bundeswehrkrankenhaus, Ulm.

Dr. Thorsten Helm

Wirtschafsprüfer, Rechtsanwalt und Steuerberater; seit 2010 Partner bei KPMG in den Bereichen Steuern und Recht; hat einen Lehrauftrag für Steuerrecht und öffentliches Wirtschaftsrecht an der Ruprechts-Karls-Universität Heidelberg inne.

Dr. Gesine Hofinger

Partnerin bei Team HF – Hofinger, Künzer & Mähler PartG, Ludwigsburg.

Uli Hofmaier

Leiter Werkfeuerwehr, Zentrum für Psychiatrie (ZFP) Emmendingen.

Dr. med. Björn Hossfeld

Oberfeldarzt, Oberarzt, Klinik für Anästhesiologie & Intensivmedizin, Sektion Notfallmedizin, Bundeswehrkrankenhaus, Ulm.

Dr. Gabriele Hufschmidt

Wissenschaftliche Mitarbeiterin Arbeitsgruppe Prof. Schrott – KaVoMa, Universität Bonn.

Elke Huster-Nowack

Versorgungsplanung, BGV – Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz.

Dr. Felix Kolibay

Facharzt für Anästhesiologie; Ärztlicher Leiter Krisenmanagement an der Uniklinik Köln.

Dr. Barbara Kowalzik, M. Sc.

Referatsleiterin, Referat III.3 Schutz der Gesundheit, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bonn.

Ines Lampe MPM,

Katastrophenschutzreferentin, Behörde für Gesundheit und Verbraucherschutz, Amt für Gesundheit, Fachabteilung Versorgungsplanung, Hamburg

Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Alex Lechleuthner

Ärztlicher Leiter Rettungsdienst der Stadt Köln.

Georgios Leledakis

Klinik für Anästhesiologie, operative Intensivmedizin und Schmerztherapie, HELIOS Klinikum Krefeld.

Dr. Willy Marzi

Wissenschaftlicher Direktor im Bundesministerium des Innern a.D.

Dipl.-Ing. Marcus Mehlkop

Einsatzführungsdienstbeamter und Sachgebietsleiter im Vorbeugenden Brandschutz bei der Berufsfeuerwehr Aachen.

Prof. Dr. Peer Rechenbach (Herausgeber)

Institut für Notfallmedizin, Asklepios Kliniken, Hamburg

Dr. Klaus Reinartz

Leitender Arzt der Zentralambulanz, Städtische Kliniken Neuss – Lukaskrankenhaus.

Michael Schneider

Leiter Patientenservice, Kliniken der Stadt Köln gGmbH

Dr. Katja Scholtes (Herausgeberin)

Zentrale Notaufnahme, Krankenhaus Köln-Merheim, Kliniken der Stadt Köln gGmbH.

Prof. Dr. Peter Sefrin

Vorsitzender, agbn - Arbeitsgemeinschaft der in Bayern tätigen Notärzte e.V., Würzburg.

Dr. Kathrin Stolzenburg

Referat II.4 - Risikomanagement und Schutzkonzepte Kritischer Infrastrukturen/Kulturgutschutz nach Haager Konvention, Abteilung II - Risikomanagement, Internationale Angelegenheiten, Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe, Bonn.

Andreas Tyzak

LL.M., Verwaltungsdirektor Evangelisches Krankenhaus Unna, Holbeinstraße 10, 59423 Unna; Rechtsanwalt in eigener Kanzlei in Gütersloh.

Hartfrid Wolff

Seit 1999 Rechtsanwalt bei KPMG, seit 2007 bei KPMG Rechtsanwaltsgesellschaft mbH. Er nimmt die Aufgabe als »Head of Security« bei KPMG im Öffentlichen Sektor in Deutschland wahr.

Prof. Dr. Thomas Wurmb (Herausgeber)

Sektion Notfall- und Katastrophenmedizin, Klinik und Poliklinik für Anästhesiologie, Universitätsklinikum Würzburg.

1          Basiswissen

 

1.1       Die Kritische Infrastruktur Krankenhaus

Peer Rechenbach

Seit einigen Jahren ist der Begriff »Kritische Infrastrukturen« in der öffentlichen und politischen Diskussion. Doch was ist damit gemeint und inwieweit betrifft es die Krankenhäuser?

Im Kontext mit den nationalen und europäischen Regelungen sind die Kritischen Infrastrukturen wie folgt definiert:

•  Kritische Infrastrukturen sind Organisationen oder Einrichtungen mit wichtiger Bedeutung für das staatliche Gemeinwesen, bei deren Ausfall oder Beeinträchtigung nachhaltig wirkende Versorgungsengpässe, erhebliche Störungen der öffentlichen Sicherheit oder andere dramatische Folgen, insbesondere für Leib und Leben der Menschen eintreten würden.

Die Kritischen Infrastrukturen sind in folgende Gruppen gegliedert:

•  Energie;

•  Transport und Verkehr;

•  Gefahrenstoffe;

•  Information und Kommunikation;

•  Finanz-, Geld- und Versicherungswesen;

•  Versorgung;

•  Behörden, Verwaltung, Justiz, staatliche Einrichtungen und

•  sonstige.

In der Gruppe der »Versorgung« ist die »Gesundheit« als Untergruppe aufgeführt.

Gruppe 6: Versorgung

•  Gesundheit,

•  Katastrophenschutz,

•  Not- und Rettungsfall,

•  Lebensmittel

•  Abfallentsorgung,

•  Mülldeponien und Müllverbrennung sowie

•  Abwasserentsorgung

Weiterhin ist das »öffentliche Gesundheitswesen« in der Gruppe »Behörden, Verwaltung, Justiz sowie staatliche Einrichtungen« gleichermaßen genannt.

Gruppe 7: Behörden, Verwaltung, Justiz sowie staatliche Einrichtungen

•  Öffentliches Gesundheitswesen

•  Personenstandswesen

•  Gerichte

•  Polizei

•  Feuerwehr

•  Rettungsdienst

Dies bedeutet, dass alle Organisationen oder Einrichtungen zur Kritischen Infrastruktur gehören, wenn durch eine Einschränkung der Kapazität oder der Funktionalität ein Versorgungsengpass zu erwarten ist. Dies gilt insbesondere dann, wenn dies Folgen für Leib und Leben der Menschen hat. Daraus folgt, dass die Krankenhäuser grundsätzlich zu den Kritischen Infrastrukturen gehören.

Auf der Basis der Krankenhausgesetze der Länder mit den entsprechenden Krankenhausbedarfsplänen gehören sowohl die staatlichen Krankenhäuser als auch gewerbliche oder gemeinnützige Krankenhäuser zu den Kritischen Infrastrukturen, da sie im Rahmen der Daseinsvorsorge einen Versorgungsauftrag in einer Region erfüllen. Dies gilt insbesondere in den Regionen, wo nur ein einziges Krankenhaus zur medizinischen Grundversorgung der Menschen in kurzer Entfernung zu erreichen ist (bspw. strebt Nordrhein-Westfalen als flächendeckende Zielvorgabe an, dass innerhalb von 20 km ein Krankenhaus zur Grundversorgung verfügbar ist). Sofern in einem Gebiet mit einem maximalen Radius von ca. 20 km mehrere Krankenhäuser für die medizinische Grundversorgung zur Verfügung stehen und die verschiedenen Krankenhäuser bei einem Totalausfall des größten Hauses dies mit einer Kapazitätserweiterung von 10% kompensieren können, dann wäre in der Region eine ausreichende Redundanz gegeben. Dies ist jedoch nur in einigen wenigen Ballungsräumen Deutschlands gegeben.

Die Menschen in einer Region kennen die verschiedenen Krankenhäuser und wissen in der Regel, wie diese schnellstmöglich zu erreichen sind. Insbesondere bei der Not- und Unfallversorgung oder Geburten haben die Menschen die Erwartungshaltung, dass ihnen in jedem Krankenhaus soweit geholfen wird, dass die Vitalfunktionen so stabilisiert bzw. erhalten werden, dass eine Weiterbeförderung in ein besser geeignetes Krankenhaus gewährleistet ist. Aus dieser Erwartungshaltung folgt, dass sich jedes Krankenhaus darauf vorbereiten muss, die Versorgungskapazität kurzfristig zu steigern (z. B. infolge eines Massenanfalls von Patienten) und die Funktionalität auch unter schwierigen oder extremen Rahmenbedingungen zu sichern.

Daraus folgt, dass in jedem Krankenhaus Vorbereitungen zu treffen sind. Dabei ist insbesondere zu gewährleisten, dass bei einer Störung anderer Kritischer Infrastrukturen keine Einschränkung der Kapazität oder Funktionalität eintritt. Beispielhafte Engpässe, wie

•  der Ausfall der elektrischen Energieversorgung über mehrere Tage,

•  eine fehlende Abfallbeseitigung bei Arbeitskämpfen oder

•  die Unpassierbarkeit der Verkehrswege infolge extremer Schneefälle,

dürfen die Versorgungskapazität und Funktionalität des Krankenhauses nicht nachhaltig beeinträchtigen. Dies kann nur gelingen, wenn entsprechende geeignete Vorbereitungen geplant, fortgeschrieben und regelmäßig trainiert werden.

Mit einer detaillierten Risikobewertung kann abgeschätzt werden, welche Effekte die Funktionalität eines Krankenhauses beeinträchtigen, wenn es zu Störungen bei Kritischen Infrastrukturen kommt. Weiterhin ist bei einer Reihe von Störungen zu erwarten, dass die Versorgungskapazität gesteigert werden muss (z. B. bei einem Ausfall der elektrischen Energieversorgung über mehrere Tage werden Patienten aus Pflegeeinrichtungen ohne Ersatzstromanlage in die Krankenhäuser verlegt werden müssen).

Das Ergebnis der detaillierten Risikobewertung zeigt auf, welche Handlungsprozesse vorbereitet, geplant, fortgeschrieben und trainiert werden müssen, um bei unterschiedlichen Störungen der Kritischen Infrastrukturen effektiv handeln zu können. So führten die extremen Schneefälle in Norddeutschland im Winter 1978/79 (Die Schneekatastrophe von Norddeutschland startete am 30. Dez. 1978 und endete am 13. Feb. 1979.) zur Unpassierbarkeit der Straßen und Autobahnen mit erheblichen Einschränkungen des Warenverkehrs und gleichzeitig zu einem großflächigen Ausfall der elektrischen Energieversorgung, der partiell mehrere Tage andauerte.

Mit der Krankenhauskrisenplanung muss geklärt werden, welche Verbrauchsmittel in welchen Mengen für die Grundversorgung zwingend erforderlich sind und wie schnell diese von wo geliefert werden können. Dabei muss berücksichtigt werden, ob und inwieweit bei Störungen der Verkehrsinfrastruktur eine zeitgerechte Lieferung garantiert ist. Vergleichbare Überlegungen sind bezüglich der Instandhaltung, Wartung und Prüfung der Medizingeräte oder anderer technischer Einrichtungen anzustellen. So ist zu klären, wie schnell der Kraftstoffversorgung für die Ersatzstromanlage aufgefüllt werden muss, damit ein Betrieb über mehrere Tage uneingeschränkt garantiert werden kann und wie diese auch bei extremen Rahmenbedingungen vom Prozess her gestaltet werden muss.

Bei Störungen der Kritischen Infrastrukturen ist zu erwarten, dass zusätzliche personelle Ressourcen benötigt werden müssen. Bei einem flächendeckenden Ausfall der Stromversorgung ist zeitgleich der Ausfall der Kommunikationsmittel (Telefon, Mobilfunknetz und dgl.) zu erwarten. Dies bedeutet, dass die üblichen Alarmierungswege zur Aktivierung des Personals nicht funktionieren. Es muss in der Krankenhauskrisenplanung herausgearbeitet und ins Bewusstsein aller Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter transportiert sein, dass alle ohne weitergehende Aufforderung schnellstmöglich ihren Arbeitsplatz aufsuchen. Dort wird dann entschieden, ob ihr Einsatz sofort oder zu vorgegebenen Zeiten erfolgen soll.

Krankenhäuser als Kritische Infrastruktur können auch Opfer von Cyberangriffen oder technischen Störungen sein. Deshalb muss im Rahmen der Krankenhauskrisenplanung ein Handlungskonzept entwickelt werden, das die sach- und fachgerechte Versorgung der Patienten auch dann gewährleistet, wenn die Unterstützung der Kommunikations- und Informationstechnik nicht gegeben ist. Die laufende politische Diskussion, welche Krankenhäuser im Rahmen der Rechtsverordnungen zu den Kritischen Infrastrukturen gehören und welche erweiterten Sicherheitsmaßnahmen geplant, vorbereitet, trainiert und kontinuierlich fortgeschrieben werden müssen, darf nicht zu einem abwartenden Verhalten bezüglich der Vorbereitungen führen. Unabhängig der Tatsache, ob Schwellenwerte (z. B. mehr als 500 Versorgungsbetten, 30 000 Patienten pro Jahr oder Versorgungsgebiet mit mehr als 500 000 Einwohnern) für die Verpflichtung weitergehende Sicherheitsmaßnahmen vorzubereiten sind, muss sich jedes Krankenhaus oder Pflegeeinrichtung darüber im Klaren sein, welcher Imageschaden bei einem Engpass in der Kapazität oder in der Funktionalität, die aufgrund fehlender oder unzureichender Planungen bzw. Vorbereitungen eintritt, folgt. Die lapidare Aussage: » […] dazu waren wir nicht verpflichtet […]«, wird den wirtschaftlichen Schaden nicht aufwiegen. Es ist in der heutigen Kommunikationsgesellschaft mit allen sozialen Medien nicht davon auszugehen, dass eine Beeinträchtigung der Versorgungskapazität oder Funktionalität eines Krankenhauses nicht kommuniziert wird.

1.2       Notwendigkeit einer Planung aus juristischen Aspekten

Thorsten Helm und Hartfrid Wolff

1.2.1     Einleitung

Krankenhäuser müssen hohe medizinische Anforderungen bei der Diagnose und Therapie erfüllen und zugleich den regulatorischen Anforderungen in einem relativ stark kontrollierten Bereich genügen, um ihren Versorgungsauftrag zugunsten der Bevölkerung zu erfüllen (Schmola, 2014). Unter zunehmendem Kostendruck im Gesundheitswesen gestaltet sich dies nicht immer leicht (Schmola/Rapp, V.). Verstoßen Kliniken gegen normierte Anforderungen, drohen Reputationsschäden, Forderungen auf Honorarrückzahlungen und Schadensersatz bis hin zu drohenden Strafzahlungen und dem drohenden Entzug der Zulassung (Schmola/Rapp, 2016). Zudem kann es auch in Deutschland zu Situationen kommen, in denen die Funktion von Krankenhäusern durch externe Faktoren, z. B. durch Terrorakte, Umweltkatastrophen und Pandemien, nachhaltig beeinträchtigt wird, sodass die medizinische Versorgung und somit die körperliche Unversehrtheit und das Leben der Patienten gefährdet und das öffentliche Gesundheitswesen in seinem Beitrag zur Daseinsvorsorge negativ tangiert wird (Unger, 2008). Großschadensereignisse weiten sich im internationalen Kontext oftmals dann zu einer humanitären Katastrophe aus, wenn das Gesundheitssystem zusammenbricht (Unger, 2008). Krankenhäuser und Einrichtungen des Gesundheitssektors zählen laut dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz- und Katastrophenhilfe zu den sogenannten Kritischen Infrastrukturen und hängen wiederum von anderen Kritischen Infrastrukturen ab, z. B. der öffentlichen Wasserversorgung, Telefon- und Internetverbindung, Lebensmittel- und Energieversorgung sowie von Finanzinstituten (BBK, S. 6). Deshalb bedarf es zum einen einer Implementierung eines umfassenden Risikomanagementsystems, das Risiken präventiv erkennt und minimiert, sowie einer umfassenden Vorsorge- und Abwehrplanung im Rahmen eines Krankenhausalarm- und Einsatzplans, der sich an diversen Szenarien orientiert. Des Weiteren ist eine sensibilisierte und transparente Geschäftsführung von Nöten, die dafür Sorge trägt, dass die Prozesse ineinander verzahnt, organisiert, dokumentiert, regelmäßig überprüft und eintrainiert sowie im akuten Katastrophenfall auf allen Ebenen umgesetzt werden.

Ziel des Risiko-und Krisenmanagements im Krankenhaus ist die Sicherstellung eines fortwährenden Betriebs auch mit geringen Mitteln, bei dem so wenige Personen wie möglich Schaden an Leib und Leben nehmen (Vgl. Kern). Hierbei befindet sich die Geschäftsleitung stets im Spannungsfeld zur umfassenden Risikobeurteilung und der Notwendigkeit, entsprechende Reaktionsstrategien zu entwickeln. Diese Verantwortung kann neben der Geschäftsführung auch andere Gesellschaftsorgane, wie z. B. den Aufsichtsrat berühren, zu dem auch ehrenamtliche Mitglieder zählen (Helm/Haaf, 2015). Vorliegend soll der Fokus auf einer juristischen und wirtschaftlichen Betrachtungsweise liegen und auf potenzielle strafrechtliche Sanktionen wird bis auf Einzelheiten, die einen wirtschaftlichen Bezug aufweisen, nicht näher eingegangen.

1.2.2     Die Geschäftsleitung in der Verantwortung

Im Rahmen der Daseinsvorsorge ist der Staat gemäß Art. 25, 28 GG verpflichtet, eine hinreichende Gesundheitsversorgung sicherzustellen. Aufgrund des Umstandes, dass die Krankenhausplanung Ländersache ist, haben die Bundesländer rechtliche Regelungen in den Krankenhausgesetzen oder in den Katastrophenschutzgesetzen erlassen.1 Diesen Regelungen ist zu entnehmen, dass die Träger der Gesundheitseinrichtungen verpflichtet sind, Alarm- und Einsatzpläne zu erstellen. Gemäß den Artikeln 30 und 70 GG liegt die Zuständigkeit für den Katastrophenschutz in Friedenszeiten grundsätzlich bei den Ländern (Deutscher Bundestag, Drucksache 17/ 5672, 27.04.2011). Unter Beachtung der konkurrierenden Gesetzgebung des Bundes zählt auch das Krankenhausrecht zu den Gesetzgebungskompetenzen der Länder (Deutscher Bundestag, Drucksache 17/ 5672, 27.04.2011). Besonders Krankenhäuser, die öffentlich-rechtlich geführt sind, haben aufgrund ihrer Stellung in der Gesellschaft und dem damit einhergehenden öffentlichen Interesse besondere Aufmerksamkeit darauf zu legen, dass die Geschäftsleitung ordnungsgemäß handelt. Grundsätzlich ergibt sich bei Kliniken öffentlich-rechtlicher Träger die Verpflichtung der Geschäftsführung, ein Risiko- und Krisenmanagementsystem zu implementieren, schon aus haushaltsrechtlichen Vorgaben der Länder oder des Bundes (BBK, 2008). Des Weiteren ist die »bedarfsgerechte Versorgung der Bevölkerung mit leistungsfähigen, wirtschaftlich gesicherten und eigenverantwortlich wirtschaftenden Krankenhäusern« in § 1 Abs. 1 LKHG (Landeskrankenhausgesetz) gesetzlich normiert. Es handelt sich bei der bedarfsgerechten Versorgung der Bevölkerung gemäß § 1 Abs. 1 LKHG »um eine Dienstleistung von allgemeinem wirtschaftlichen Interesse.« Vor dem Hintergrund des LKHG BW2 steht die Klinikleitung in Bezug auf das Legalitätsprinzip in der Verantwortung, sich um die Patienten zu kümmern und den Betrieb auch im Krisenfall aufrechtzuerhalten. Gemäß § 3a LKHG BW müssen die Krankenhäuser insbesondere in Notfällen mit anderen Stellen, wie z. B. Ärzten und Sozialstationen, kooperieren, um eine bedarfsgerechte Versorgung sicherzustellen. Mit dem Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich (KonTraG) vom 27. April 1998 wurde § 91 Abs. 2 AktG angefügt, wonach der Vorstand geeignete Maßnahmen zu treffen hat und ein Überwachungs- und Risikomanagementsystem implementieren muss, damit Entwicklungen, die den Fortbestand der Gesellschaft gefährden könnten, rechtzeitig erkannt werden (Herke, 2005, ID 86021). Daraus geht die allgemeine Verantwortung der Geschäftsführung hervor, ein angemessenes Risiko- und Krisenmanagement einzuführen und ein Frühwarnsystem zu implementieren (BBK, 2008). Es betrifft direkt Krankenhäuser, die in Form einer Aktiengesellschaft, oder - aufgrund einer Ausstrahlungswirkung - einer GmbH organisiert sind oder als Tochtergesellschaft einer solchen existieren (BBK, 2008). Des Weiteren normiert § 93 Abs. 1 S. 1 AktG, dass der Vorstand bei der Führung der Geschäfte die Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsleiters anzuwenden hat. Äquivalente Haftungsnormen finden sich auch im GmbHG, mit den §§ 6, 43 GmbHG. Gem. § 111 AktG hat der Aufsichtsrat die Geschäftsführung zu überwachen, sofern ein solcher existiert (Nemmer et al.). Ein Aufsichtsrat kann sowohl aus hauptamtlichen als auch ehrenamtlichen Mitgliedern bestehen, die vergleichbare Verantwortung tragen (Nemmer et al., 2016). Kliniken, die einen karitativen Zweck verfolgen, sind von dieser Mitbestimmungsvorgabe grundsätzlich ausgenommen (Nemmer et al., 2016). Diese bilden oft einen fakultativen Aufsichtsrat (Nemmer et al., 2016). Dieser beruht nicht auf dem Gesetz, sondern auf dem Gesellschaftsvertrag (Nemmer et al., 2016). Des Weiteren kann sich die Verantwortung des Aufsichtsrates und des Geschäftsführers aus der Satzung des Krankenhauses ableiten. Hinsichtlich der Siemens/Neubürger-Entscheidung des LG München (LG München I, 10.12.2013 – 5 HK 0 1387/10) ist heutzutage ersichtlich, dass das Unterlassen der Geschäftsleitung, ein funktionierendes Compliance Management System zu errichten, zu Bußgeldzahlungen führen kann (Kremer/Baldamus/Bayer, S. 184). Eine gesetzliche Verpflichtung zur Compliance wird teilweise aus den §§ 130, 9, 30 OWiG abgeleitet (Moosmayer; Weber et al.). Jedoch handelt es sich vorliegend um eine Bußgeldnorm, womit jedoch keine ersichtliche positiv zivilrechtliche Verpflichtung zur Compliance abgeleitet wird (Weber et al.). Werden Aufsichtspflichten verletzt, so haftet der Verantwortliche mit bis zu einer Million Euro. Gemäß § 130 Abs. 2 S. 1 OWiG betrifft dies auch öffentlich-rechtliche Unternehmen. Nach den §§ 130, 9, 30 OWiG können Ansprüche auf Bußgeldzahlungen in Höhe von bis zu 10 Mio. € im Falle einer Aufsichtspflichtverletzung entstehen (Heckelmann et al., 2016). Gemäß § 14 StGB ist die Führungsebene im Rahmen der Stellvertreterhaftung für vorsätzliches und fahrlässiges Handeln verantwortlich. Eine juristische Grundlage hinsichtlich des Katastrophen- und Risikomanagements findet sich auf Bundesebene im Gesetz über den Zivilschutz und die Katastrophenhilfe des Bundes (ZSKG) (LG München I, 10.12.2013 – 5 HK 0 1387/10). Die Verpflichtung der Krankenhäuser im Katastrophenfall richtet sich schwerpunktmäßig nach den Landeskatastrophenschutzgesetzen, z. B. ist das Landeskatastrophenschutzgesetz Baden-Württemberg (LKatSG) am 1. Juli 1979 in Kraft getreten.

1.2.3     Abgrenzung des Notfallmanagements vom Katastrophenmanagement

Bevor man einen Alarm- und Einsatzplan im Rahmen des Risiko- und Krisenmanagements entwirft, müssen zunächst die Begriffe unter den beteiligten Akteuren definiert werden: Unter Notfallmanagement versteht man die diagnostische und medizinische Erstversorgung von individuellen Notfallpatienten, um das Leben zu retten oder gravierende Gesundheitsschädigungen abzuwenden (Kern, S. 43). Unter Katastrophenmanagement sind Sachverhalte zu subsumieren, bei denen eine Vielzahl von Menschen als Folge einer Naturkatastrophe oder eines anderen Unglücksfalls unter hohem Zeitdruck und ungünstigen Umweltbedingungen medizinische Versorgung benötigt (Kern).

1.2.4     Abgrenzung von Risiken und Krisen

Krisen kennzeichnet, dass sie überraschend und unvorhergesehen eintreffen, dass sie auf einen bestimmten Zeitraum begrenzt sind, leicht eskalieren können, ein großes öffentliches Interesse erzeugen und einzigartig sind, sowie – trotz eines großen Informationsdefizites – zum Handeln zwingen (Vogel/Schmola). Dabei kann es sich beispielsweise um einen Hygieneskandal oder um ärztliches Versagen mit schweren Behandlungsfehlern und mangelnder Qualifikation handeln (Vogel/Schmola). Neben infizierten Blutreserven oder der Häufung an Infektionen kann auch ein Stromausfall in kritischen Bereichen, wie dem OP-Saal oder der Intensivstation, eine Krise darstellen (Jürgensen et al.). Ein Stromausfall kann nicht zuletzt durch externe Faktoren, wie etwa kriminelle, oder terroristische Anschläge auf das Stromnetz, erfolgen und zeigt somit die Notwendigkeit einer umfassenden Planung für den Ernstfall. Unter dem Begriff Risiko versteht man hingegen »die Möglichkeit oder Erwartung, dass ein Ereignis eine bestimmte Auswirkung auf eine Einrichtung hat.« (BBK, 2008) Vor dem Hintergrund des Bevölkerungsschutzes sind mit den Auswirkungen insbesondere Verluste, wie die von Menschenleben, sowie die Beeinträchtigung der Gesundheit gemeint, aber auch die Einschränkung von wirtschaftlichen Aktivitäten und Dienstleistungen sowie Infrastrukturen zählt zu den Auswirkungen der Risiken (BBK, 2008). Krisenmanagement hat die bestmögliche Bewältigung einer Krise in Bezug »auf die zur Verfügung stehenden Ressourcen und Informationen« zum Ziel (BBK, 2008). Effektives Risiko- und Krisenmanagement umfasst alle Verfahren und Maßnahmen, die geeignet sind, planvoll mit Risiken umzugehen (BBK, 2008). Dazu zählt eine offene Risikokommunikationsstruktur, die alle Akteure miteinbezieht. Denn oft liegen Krisen Fehler in der Kommunikation zu Grunde (Wieler/Biedebick, o. J.).

1.2.5     Der Katastrophenbegriff

Interner und externer Katastrophenbegriff

Bei der Erstellung von Alarm- und Einsatzplänen wird traditionell zwischen dem externen und dem internen Katastrophenbegriff unterschieden (Wurmb et al., 2016). Diese Differenzierung hilft dem Krankenhaus aufgrund des vereinheitlichten Sprachgebrauchs zwar dabei, einzuschätzen, ab wann in den Katastrophenbetrieb übergegangen werden muss, jedoch werden bei dieser Betrachtungsweise oft die Gegebenheiten nicht ganzheitlich, sondern nur aus einem Blickwinkel heraus bewertet (Wurmb et al., 2016). Unter einer externen Katastrophe versteht man ein Ereignis, das von außen auf das Krankenhaus einwirkt und dieses an die jeweilige Belastungsgrenze bringt. Hierbei sind Katastrophen zu nennen, die einen Massenanfall von verletzten, vergifteten, oder infizierten Personen zur Folge haben, die schnellstmöglich und gleichzeitig behandelt werden müssen (Wurmb et al., 2016). Dieser Fall der Katastrophe beschränkt sich nicht auf die klassischen Umweltkatastrophen, wie Hochwasser, Erdbeben und Unwetter. Er bezieht sich auch auf solche Fälle des Amoklaufs oder eines Terroranschlags oder auf Einzelfälle, wie die der Massenpanik auf der Love Parade 2010. Vom externen Katastrophenbegriff zu unterscheiden ist der interne Katastrophenbegriff: Hierzu zählen etwa Brände an der Einrichtung, der Ausfall von Versorgungsstrukturen (Wasser, Strom etc.) oder auch der Ausfall der Informationstechnologie (Hoffmann/Thiele, 2010).

Konsequenzbasiertes Modell

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