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Über dieses Buch:

Nach der schmerzhaften Trennung kehrt Regina mit ihrem kleinen Sohn Peter nach der Trennung von ihrem Ex-Mann zurück nach Liebenau und wohnt wieder bei ihren Eltern. Doch ihr Start ins neue Leben verläuft alles andere als reibungslos: In ihrem kleinen Heimatdorf ist ihre Rückkehr aus der Großstadt München natürlich Gesprächsthema Nummer eins und nicht alle empfangen sie mit offenen Armen. Vor allem Peter hat es schwer, in der Schule als „vaterloses“ Stadtkind akzeptiert zu werden. War es die falsche Entscheidung? Doch dann begegnet Regina ihrer Jugendliebe Kurt wieder. Der Schuster hat sie nicht vergessen und die beiden verlieben sich erneut ineinander. Doch dann taucht Reginas Ex-Mann plötzlich auf …

Die Heimatglück-Romane bei dotbooks: Schicksalhafte und romantische Geschichten vor traumhafter Bergkulisse!

Über die Autorin:

Christa Moosleitner, geboren 1957, schreibt seit 20 Jahren Romane in den unterschiedlichsten Genres. Sie lebt und arbeitet in Hessen. Bei dotbooks erscheinen ihre folgenden Heimatglück-Romane: „In der Stunde der Gefahr“ / „Ein Sommer in den Bergen“ / „Dunkle Wolken über dem Richterhof“ / „Rückkehr nach Liebenau“. Weitere Heimatglück-Romane folgen.

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Neuausgabe März 2014

Dieses Buch erschien bereits 1985 unter dem Titel Als das Glück sie verließ, kehrte sie heim bei Martin Kelter Verlag (GmbH & Co.)

Copyright © der Originalausgabe 1985 Martin Kelter Verlag (GmbH & Co.), Hamburg

Copyright © der Neuausgabe 2014 dotbooks GmbH, München

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlages wiedergegeben werden.

Titelbildgestaltung: init | Kommunikationsdesign, Bad Oeynhausen, unter Verwendung eines Motiv von thinkstockphotos, München

ISBN 978-3-95520-559-1

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Christa Moosleitner

Rückkehr nach Liebenau

Ein Heimatglück-Roman

dotbooks.

Kapitel 1

»Gleich sind wir in Liebenau!« sagte der Mollner Willi und sah dabei kurz in den Rückspiegel. Natürlich galt seine ganze Aufmerksamkeit Peter, der schweigsam auf dem Rücksitz neben seiner Mutti saß und gedankenverloren aus dem Fenster schaute. »Wirst schon sehen – dir gefällt's ganz bestimmt bei uns auf dem. Hof, Bub ...«

Regina wußte zwar, daß ihr Vater es gut mit Peter meinte. Aber je länger sie Peter beobachtete, um so mehr zweifelte sie daran, daß alles weitere so leicht vonstatten gehen würde, wie es ihr Vater sich vorstellte. Sie kannte Peter gut genug, um zu wissen, was für Probleme der Bub wegen der Trennung von seinem Vater hatte. So was konnte man nicht einfach ungeschehen machen. Deshalb mußte sie jetzt ihre ganze Liebe Peter widmen. Damit er schnell darüber hinwegkam und wieder lachen konnte.

»Du bekommst auch ein Zimmer für dich ganz allein«, ergriff nun Peters Großmutter das Wort. »Es ist wirklich schön groß, und du hast bestimmt jede Menge Platz zum Spielen. Daran soll's nun ganz bestimmt net mangeln ...«

»Mit wem soll ich denn spielen?« fragte Peter jetzt. »Alle meine Freunde sind doch in der Stadt. Hier kenn' ich doch gar niemanden ...«

»Oh, das wird sich schneller ändern als du denkst, Peter«, erwiderte Regina anstelle ihrer Mutter. »Schließlich gehst ja schon morgen in die neue Klasse und wirst bestimmt rasch Freundschaft mit den anderen Schülern schließen. In so einem kleinen Dorf wie Liebenau geht das ganz schnell.«

»Warum sind wir net in der Stadt geblieben?« bohrte Peter noch einmal. »Wir hätten doch net weggehen müssen, Mutti und ...«

»Peter, ich hab dir doch schon mal erklärt, warum das net anders gehen konnte«, unterbrach ihn Regina, weil sie sich jetzt über den Dickkopf ihres Sohnes zu ärgern begann. »Vielleicht wirst das mal besser begreifen, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Jetzt mußt das halt so hinnehmen, daß wir bei den Großeltern leben werden. Und deswegen brauchst bestimmt keine Angst zu haben. Die wollen doch nur dein Bestes.«

»Laß den Buben doch, Regina«, sagte die Mollnerin. »Er wird sich schon noch beruhigen, wenn er erst sein Zimmer sieht.« Sie nickte Peter freundlich zu, während der Mollner den Wagen auf die ersten Häuser des kleinen Dorfes zulenkte.

Auch wenn Regina und Peter lange nicht mehr hiergewesen waren, so bemerkte Regina doch sofort, daß sich in Liebenau absolut gar nichts verändert hatte. Es schien fast, als sei hier die Zeit stehengeblieben. Selbst das alte Haus am Ortsrand, das schon immer recht baufällig gewirkt hatte, sah noch so aus wie zu Beginn. In Liebenau ging alles seinen gewohnten Trott, denn die Menschen lebten so fern abseits jeglicher größerer Ansiedlungen, daß sich eine verschworene Gemeinschaft gebildet hatte. Leute, die Fremden gegenüber immer Vorurteile hatten.

Und Regina war im Grunde genommen eine Fremde in Liebenau. Die Jahre mit Horst und das Leben in der Stadt hatten sie geprägt. Auch sie würde lernen müssen, sich wieder umzustellen. Genau wie Peter auch.

Der Mollner bremste den Wagen vor einer Kurve ab und bog dann nach links ab. Am Ende der kleinen Straße befand sich dann der große und schmucke Hof, auf dem Regina aufgewachsen war und etliche schöne Jahre erlebt hatte. Bevor sie Horst begegnet war, ...

Aus den Augenwinkeln sah sie zwei Frauen am Straßenrand stehen, die dem vorbeifahrenden Wagen neugierig hinterhersahen. Täuschte sich Regina, oder war das etwa die Berlinger Theres? Wenn dem so war, dann würde es ganz bestimmt nicht mehr lange dauern, bis das ganze Dorf Bescheid wußte, daß Regina wieder zurück in Liebenau war. Neuigkeiten wie diese verbreiteten sich in Liebenau sehr schnell.

Dann vergaß sie das aber wieder und blickte gespannt auf den heimatlichen Hof. Der Mollner bremste den Wagen direkt vor der Haustür ab, drosselte den Motor und stieg dann aus. Dann öffnete er die Hintertür des Wagens und deutete Regina und Peter an, auszusteigen. Während sie das taten, kümmerte sich der Mollner um die Koffer.

Auch Peter schaute sich jetzt neugierig auf dem Hof um. Es war eine ungewohnte Umgebung für ihn, obwohl er schon einmal hiergewesen war. Aber seitdem war so viel Zeit verstrichen, daß er sich daran schon gar nicht mehr so recht erinnern konnte.

In diesem Augenblick tauchte drüben am Stall eine hagere Gestalt auf, die jetzt einen lauten Freudenschrei ausstieß. Peter zuckte dabei unwillkürlich zusammen und machte einen Schritt zurück, als der hagere Mann mit dem sonnengebräunten Gesicht auf ihn und seine Mutti zukam. Erst dann wurde ihm bewußt, daß der Großvater ja noch einen Kriecht auf dem Hof beschäftigte. Aber an dessen Namen erinnerte er sich nicht mehr. Seine Mutti dafür jedoch um so besser.

»Lorenz!« rief sie und eilte überschwenglich auf den Knecht zu, um ihm sofort die Hand zu schütteln. »Daß es dich noch gibt! Bist immer noch eifrig am Stallausmisten wie früher?«

»Gewiß«, meinte der Knecht mit einem breiten Grinsen und erwiderte den festen Händedruck. »Mei, was freu ich mich, daß du endlich wieder da bist, wo du hingehörst, Regina. Ich hab doch, schon immer gesagt, daß ...«

Beinahe wäre ihm etwas über die Lippen gerutscht. Aber Lorenz konnte sich noch im letzten Moment zusammenreißen, weil er den strengen Blick des Bauern bemerkt hatte. Da wußte er, was Sache war und ging sofort auf ein anderes Thema ein. Indem er nämlich Peter seine Aufmerksamkeit schenkte.

»Was bist du gewachsen, Bub!« rief der Knecht und ging einen Schritt auf Peter zu. »Das letzte Mal, als ich dich gesehen hab, hat dich deine Mutti noch im Kinderwagen spazierengefahren. Weißt noch, als ich dich damals mit auf die Alm genommen hab und ...«

»Nein«, sagte Peter mit ausdrucksloser Stimme, und dann merkte auch der Knecht, daß jetzt noch nicht der Moment war, um über die Vergangenheit zu sprechen. Deshalb räusperte er sich kurz und nickte Regina noch einmal zu.

»Ich muß noch im Stall was tun«, sagte er achselzuckend. »Heut abend findet sich ja bestimmt ein Momentchen, um mal ein bissel mit dir zu plaudern. Vorausgesetzt, daß der Bauer nix dagegen hat.«

»Gewiß net«, erwiderte der Angesprochene. »Mach nur erst mal deine Arbeit, Lorenz. Ich komme gleich nachher zu dir und helf dir mit dem Melken.«

Lorenz wandte sich ab und ging wieder zurück in den Stall. Peter wäre gern mitgegangen, um zu sehen, was sich dort alles abspielte. Er verspürte ohnehin keinen großen Hunger und hatte noch viel weniger Lust, sich auf langatmige Unterhaltungen mit seinen Großeltern einzulassen. Und daß dies darauf hinauslief, ahnte der Bub. Trotzdem widersprach er seiner Mutti nicht und ging mit ihr ins Haus.

Kapitel 2

»Da schau her«, murmelte die Berlinger Theres und schaute dem vorbeifahrenden Wagen nach. »Hast das auch gesehen, Hilda?«

Die Körner Hilda nickte eifrig und blickte auf einmal ziemlich aufgeregt drein.

»War das net die Regina?« fragte sie dann die Theres. »Ich müßt mich schon sehr täuschen, wenn sie das net gewesen ist. Der Mollner hat doch gar nix davon gesagt, daß er Besuch von seinem Madl bekommt.«

»Ich hab auch nix gehört, obwohl ich die Katharina erst gestern im Laden vom Höfer getroffen hab. Vielleicht ist das alles ganz überraschend gekommen und ...«

»Ach wo«, winkte die Berlinger Theres ab. »Da steckt irgendwas anderes dahinter, sag ich dir. Vielleicht hat die Regina einen guten Grund, so überraschend nach Liebenau zu kommen. Ihren Bub hat sie doch auch dabei gehabt. Ich hab ihn auch erkannt. Aber Regina hat ihren Mann net mit dabeigehabt, Hilda.«

Nun begriff die Körnerin, auf was Theres hinauswollte. »Du meinst doch net etwa, daß ...?« setzte sie an, wagte diese Vermutung nicht auszusprechen, weil sie so ungeheuerlich anmutete.

»Wer weiß?« stellte Theres die Gegenfrage. »Ich bin doch schon von Anfang an mißtrauisch gewesen, als dieser Bursche aus München das erste Mal hier aufgetaucht ist. Dem hab ich doch gleich an der Nasenspitze angesehen, daß er einer von der Sorte ist, dem man net von hier bis da trauen kann!« Sie machte eine entsprechende Geste, um ihre Worte zu verdeutlichen. Wenn es nämlich darum ging, Klatsch und Tratsch in die Welt zu setzen, dann war die Berlinger Theres einfach unschlagbar. Und das wußte sie selbst am besten.

»Vielleicht liegst noch gar net einmal so falsch mit deiner Vermutung«, sinnierte die Körnerin, in der die Theres natürlich ein willkommenes Opfer für ihren Klatsch gefunden hatte. Nur merkte das die Körnerin nicht. »Das Madl muß schon einen gewichtigen Grund haben, um so plötzlich in Liebenau wieder aufzutauchen. Bestimmt hat die Regina Ärger mit ihrem Mann.«

»Ja, ja, wenn jetzt die Eltern net wären«, meinte die Berlinger Theres daraufhin. »Regina kann doch dem lieben Gott danken, daß sie bei ihren Eltern noch ein offenes Ohr hat. Was mich betrifft, ich hätt dem Madl schon von Anfang an klargemacht, auf was es sich da einläßt. Aber auf mich wollt ja keiner hören, obwohl ich das schon längst herbeigeahnt hab, daß es einmal so kommen wird. Ein Hallodri ist das doch gewesen, wie er im Buch gestanden hat!«

Geschickt schaffte es die Theres, die Körnerin so einzuwickeln, daß sie Theres' Worte sofort für bare Münze nahm, ohne sich noch einmal zu vergewissern, inwieweit diese ganzen Äußerungen auch richtig waren. Eine Klatschbase wie die Berlinger Theres urteilte immer nach dem ersten Eindruck. Und das, was sie in diesem kurzen Moment gesehen hatte, reichte aus für sie, um sofort die wildesten Gerüchte in die Welt zu setzen.

Nur konnte die Theres nicht ahnen, daß sie zumindest diesesmal richtig mit ihren Vermutungen lag.

»Das muß ich gleich meiner Base Klara erzählen, Theres«, sagte die Körnerin nach kurzem Überlegen und hatte es auf einmal ziemlich eilig, das Gespräch mit Theres zu beenden. »Ich muß jetzt gehen, Theres.«

»Ich muß mich ja auch wieder auf den Heimweg machen«, nickte die alte Frau und verabschiedete sich dann von der Körnerin. Aber sie wußte jetzt schon, daß ihre Neugier erst dann ruhen würde, sobald sie herausgefunden hatte, was wirklich der Grund für Reginas überraschenden Besuch war. Vielleicht konnte sie ja mal das eine oder andere Wort mit dem Knecht Lorenz reden. Mit dem war sie immer gut ausgekommen. Der würde ihr bestimmt bereitwillig Auskunft geben, wenn sie ihn freundlich darum bat ...

Kapitel 3

»Warum ißt denn net, Bub?« fragte die Mollnerin mit besorgter Stimme und blickte hinüber zu Peter, der nichts angerührt hatte, was auf dem Teller vor ihm lag. »Schmeckt's dir vielleicht net, Peter? Ich kann dir ja auch einen Griesbrei machen, wenn du gern magst und ...«

»Ich hab keinen Hunger«, sagte Peter. »Kann ich jetzt auf mein Zimmer gehen, Mutti?«

Regina seufzte tief, als sie ihren Sohn so reden hörte. Offensichtlich befand sich Peter heute wirklich nicht in bester Laune. Er brauchte eben seine Zeit, bis er sich damit abgefunden hatte, daß die Zeit in München endgültig der Vergangenheit angehörte. Und bis dahin mußten sowohl sie als auch ihre Eltern mit dem Bub viel Geduld haben.

»Na gut«, stimmte sie Peters Bitte zu. »Geh auf dein Zimmer. Aber heut abend wird noch was gegessen, hast mich verstanden? Du wirst auf keinen Fall mit leerem Magen zu Bett gehen.«

Peter nickte und erhob sich vom Tisch. Er hatte es eilig, den Raum zu verlassen, obwohl er genau wußte, wie sehr er damit seine Großeltern kränkte. Schließlich hatten sie sich doch besonders große Mühe gegeben, um ihn und seine Mutti heute hier willkommen zu heißen. Daß dies bei Peter keine Wirkung zeigte, war natürlich bedrückend.

Er hörte die Stimme seiner Mutti, die jetzt mit den Großeltern redete. Aber was sie mit ihnen zu besprechen hatte, hörte Peter nicht mehr. Er wollte nur allein sein, um erst einmal mit sich ins reine zu kommen. Deshalb war er heilfroh, als er endlich die Zimmertür hinter sich zuschlagen konnte.

In einem hatten die Großeltern nicht zuviel versprochen – Peter hatte wirklich ein großes Zimmer bekommen. Sogar mit Blick auf den Hof und den Stall. Peter blickte unwillkürlich aus dem Fenster und erkannte in diesem Augenblick den hageren Knecht Lorenz, der eine Fuhre Mist aus dem Stall karrte. Peters Augen blieben auf Lorenz haften, schauten ihm hinterher, bis er wieder im Stall verschwunden war.

Plötzlich kam es ihm vor, als falle ihm jeden Moment die Zimmerdecke auf den Kopf. Deshalb überlegte er es sich wieder anders und verließ das Zimmer. Auf leisen Sohlen ging er die Treppe hinunter zur Haustür und öffnete sie, ohne daß jemand in der Küche etwas davon mitbekam.

Sekunden später stand er dann im Freien und ging hinüber zum Stall. Noch bevor er sich dem Eingang genähert hatte, vernahm er bereits das dumpfe Muhen der Kühe, die darauf warteten, gefüttert zu werden. Automatisch ging er einige Schritte nach vorn und versuchte, einen Blick ins Innere des Stalles zu erhaschen.

»Warum kommst denn net rein?« ließ ihn die Stimme des Knechtes plötzlich zusammenzucken. »Oder hast vielleicht Angst vor den Kühen?«

Peter blickte in das grinsende Gesicht des Knechtes, der sich offensichtlich einen Spaß daraus machen wollte, weil Peter so zögerte. Diese Blöße wollte er sich nun wirklich nicht geben und trat deshalb einige Schritte näher.

»Ich hab keine Angst«, verkündete er entschlossen. »Erst recht net vor Kühen. Was können die einem denn Böses tun?«

»Wenn du dich mit ihnen net auskennst, dann kann so was schnell geschehen«, erwiderte der Knecht. »Die Viecher merken ganz genau, ob du mit ihnen umgehen kannst oder net. Besonders beim Füttern und Melken muß man schon tüchtig mit Hand anlegen. Willst es einmal probieren, Peter?« fragte er dann den erstaunten Buben. »Schau mal zu, wie ich das Vieh füttere. Kannst es mir dann ja nachmachen, wenn du Lust hast ...«

Er wartete nicht ab, was Peter daraufhin zu erwidern hatte, sondern holte mit der Gabel frisches Heu herbei und streute es dann direkt vor den Kühen aus. Dann blickte er Peter abwartend an und hielt ihm die Gabel entgegen. Da wußte Peter, daß er nun an der Reihe war.

Er nahm die Gabel, stocherte damit mehr schlecht als recht im Heu herum. Aber dennoch schaffte er es irgendwie, eine Heugabel voll in die Nähe der Kühe zu transportieren. Das ermutigte ihn sosehr, daß er es gleich noch einmal versuchte. Und diesmal war es schon viel leichter.

»Siehst du?« lobte ihn der Knecht und lächelte. »Ich hab doch gleich gewußt, daß aus dir einmal ein guter Bauer werden wird. Je früher man damit anfängt, um so leichter hat man's dann hinterher. Und du willst doch ein guter Bauer werden, oder? Schließlich bleibst doch bei uns ...«

»Ich weiß net«, erwiderte Peter unsicher. »Ich bin doch gern in der Stadt gewesen und hab da meine Freunde gehabt. Aber hier auf dem Dorf ...«

»Zerbrich dir darüber net den Kopf«, tröstete ihn der Knecht, weil er sich gut in die Gedanken des Buben hineinversetzen konnte. »Einen Freund hast nämlich schon gefunden – mich ...«

Das machte Peter ganz sprachlos, weil er damit nicht gerechnet hatte. Zum erstenmal seit einigen Tagen glitt wieder ein winziges Lächeln über seine Lippen. Das stellte Lorenz natürlich sehr zufrieden.